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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall
Autoren: Bernd Franzinger
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einen Test machen wir?“
    „Frag nicht lang herum, leg einfach mal dein rechtes Bein hier auf die Schreibtischplatte!“
    Tannenberg lachte. „Warum sollte ich denn so was Verrücktes machen?“
    „Frag nicht. Mach’s einfach!“
    „Na gut, von mir aus.“ Grinsend und gleichzeitig kopfschüttelnd kam er der merkwürdigen Aufforderung nach. „So, und jetzt?“
    „Jetzt ziehst du den Socken nach unten und das Hosenbein nach oben, und zwar so weit wie’s geht!“
    Tannenberg tat, wie ihm geheißen.
    „So, und jetzt hebst du vorsichtig das Bein an und stellst es wieder auf die Erde!“
    Nachdem der Kriminalbeamte widerspruchslos die Anweisung befolgt hatte, schob Dr. Rainer Schönthaler seinen alten Freund ein wenig zur Seite, fuhr mit einer vorsichtigen Bewegung mit dem Handballen über die Stelle, auf der das Bein abgelegt gewesen war und hielt anschließend Tannenberg die geöffnete Hand unter die Nase. „Was ist das, was du hier siehst?“
    „Nichts seh ich! Komm, jetzt hör auf zu nerven! Setz dich hin und sag mir endlich, was du bei deinem Leichenpuzzle so alles gefunden hast!“
    „Typisch für fortgeschrittene Alterungsprozesse: selektive Wahrnehmung!“
    „Was? Du sprichst einfach in Rätseln!“
    „Rätsel? Nein, es ist eigentlich ganz banal, Wolf: Du siehst nur, was du sehen willst! Du willst nämlich nicht sehen, was ich hier habe!“
    „Mann, Rainer, ich seh einfach nichts!“
    Triumphierend drückte der Rechtsmediziner Tannenberg die Hand noch ein wenig näher vor dessen Nase. „Dann schau dir eben mal die Sachen genauer an! Diese netten kleinen Dinger hier sind nämlich Hautschuppen, richtig schöne weiße Hautschuppen. Und die sind von deinem Bein gerieselt.“
    „Von meinem Bein gerieselt? Du spinnst doch!“
    „Nein überhaupt nicht! Du willst dich nur nicht der Realität stellen!“
    „Welcher Realität denn?“
    „Der schmerzlichen Realität des kontinuierlichen Verfalls deines Körpers!“
    „Rainer, du nervst wirklich! Was soll der Quatsch?“
    „Das ist kein Quatsch! In deinem Alter fängt das nämlich an: Das Problem mit der trockenen Haut. Ich wollte einfach nur mal überprüfen, ob die biologische Uhr, die deinen körperlichen Verfall steuert, auch richtig tickt. Aber ich sehe schon: alles bestens. Ich hab da übrigens einen heißen Tipp für dich: Cremebäder – am besten täglich!“
    „Cremebäder? Jetzt hör doch mal auf mit diesem Schwachsinn! Sag mir jetzt endlich, was du für mich hast!“
    Der Rechtsmediziner besetzte den Stuhl auf der anderen Seite des Schreibtischs, öffnete in Zeitlupentempo seine braune Ledertasche und entnahm ihr einen Ordner mit den von Mertel am Heiligenbergtunnel aufgenommenen Fotos, die er gleich anschließend zu Tannenberg hinüberschob. „Gut, dann schau dir mal die Bilder hier an!“
    „Nee, nee, lass mal. Darauf verzichte ich gern! Du sagst mir jetzt einfach, was Sache ist. Das reicht mir voll und ganz.“
    „Also gut, altes Weichei: Bei dem Toten handelt es sich um einen Mann, etwa 30 Jahre alt.“ Dr. Schönthaler deutete mit dem Zeigefinger seiner linken Hand auf eine der farbigen Abbildungen. „Wie du diesem Foto entnehmen könntest, wenn du nicht so eine verdammte Memme wärst. – Übrigens war der Mann beschnitten.“
    „Beschnitten?“ Tannenberg krauste die Stirn. Dann schob er, ohne auch nur einen Blick auf die vor ihm liegende Spurenakte zu werfen, die Hand des Rechtsmediziners zur Seite und klappte den Ordner zu. „Und was schließt du daraus?“
    „Na ja, zum Beispiel weiß ich, dass so etwas in unserem Kulturkreis nur recht selten praktiziert wird. Bei Juden und Moslems dagegen sehr häufig.“
    „Ist ja nicht uninteressant. Mach mal weiter!“
    „Also: Der Mann war mittelgroß, ca. 175 cm. Er war ein dunkler Typ: schwarze Haare, starker Bartwuchs usw. Und er scheint einen regelrechten Pflegetick gehabt zu haben …“
    „Inwiefern?“, unterbrach Tannenberg verständnislos.
    „Weil er ein vorbildlich gepflegtes Gebiss hatte: keine einzige Füllung in den Zähnen! Das gibt’s in seinem Alter wirklich nicht so oft.“
    Tannenbergs Interesse steigerte sich. „Dann hast du also seinen Kopf und sein Gesicht.“
    „Nein, leider nicht. Das war alles nur noch Matschpampe. Und das mit den Zähnen war eine richtige Tüftelarbeit. Zuerst hab ich sie …“
    „Schade, das wär schließlich eine Möglichkeit gewesen, mit der wir ihn vielleicht hätten identifizieren könnten“, würgte der Kriminalbeamte den
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