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Ohne Beweis (German Edition)

Ohne Beweis (German Edition)

Titel: Ohne Beweis (German Edition)
Autoren: Petra Mehnert
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zu bringen.  
    „Nein, Nora. Ich glaube nicht, dass wir damit heute noch anfangen können. Die Regale sind nur locker aufgebaut. Sie müssen unbedingt fester verschraubt werden und jemand vom Bauhof wollte auch noch kommen und die Regale mit Ketten an der Decke befestigen. Das alles sollten wir heute noch erledigen und dann sehen wir weiter“, erklärte Carolin seufzend, denn eigentlich wäre es an diesem herrlichen Abend schöner gewesen, im Garten zu sitzen und das heraufziehende Gewitter zu beobachten. Carolin liebte Gewitter und schaute immer mal wieder hinauf zum Hohenstaufen, über den gerade eine große dunkelgraue Wolke heranzog, begleitet von noch leisem Donnergrollen.  
    „Das ist doch nicht mehr viel. Vielleicht fragen wir Kamil, ob er uns hilft. Die haben doch heute nix mehr zu tun, zumal es bald losgehen dürfte mit dem Gewitter“, meinte Nora und bevor Carolin etwas dazu sagen konnte, hörten die beiden eine Stimme von draußen. 
    „Gute Idee, Nora! Die hatte ich auch schon und … tada! Hier ist unsere starke Hilfe!“ Damit schubste sie den verlegen dreinblickenden Kamil vor sich her.  
    „Guten Abend“, brachte Kamil dennoch in bestem Deutsch hervor, und Nora und auch Carolin begrüßten ihn freundlich.  
    Mit Kamils Hilfe waren die Regale auch wirklich rasch aufgebaut, sodass Carolin nicht umhin kam, ihre Helfer auf ein Glas Wein einzuladen. Doch erst nach einiger Überredungskunst und der Nachfrage bei seinem Chef war Kamil bereit, mitzugehen. Carmen war hin- und hergerissen. Einerseits wollte auch sie sich für seine Hilfe erkenntlich zeigen, andererseits wollte sie heute doch nicht so nah mit ihm zusammen sein. Wo sollte das hinführen? Was wollte sie von diesem, zugegeben sehr attraktiven Mann und was konnte er schon an einer grauhaarigen Büchertante finden? Schon seit Tagen war sie ziemlich aufgewühlt und durcheinander … nicht erst seit dem gemeinsamen Abend mit Kamil im Buchs und seinen Enthüllungen, warum er wirklich hier war.  
    Dennoch konnte sie die Einladung von Carolin nicht in Frage stellen und so ging sie zunächst mit. Kurz vor der gemeinsamen Haustüre erfand sie allerdings eine fadenscheinige Ausrede, noch dringend etwas erledigen zu müssen. Dass Kamil sehr enttäuscht darüber war, konnte er vor Nora und Carolin trotz eifriger Bemühungen nicht verbergen. Der arme Mann! Obwohl Carolin mit dieser Beziehung nicht so ganz klar kam, tat ihr der freundliche Pole nun doch leid. Ihre Schwester benahm sich aber auch wirklich manchmal unmöglich in letzter Zeit. Was war nur mit ihr los? Sie war doch sonst nicht so launisch und mürrisch. Ob das mit den beginnenden Wechseljahren zusammenhing? 
     
    Carolin hätte sich an diesem Abend sicher nicht gewundert, wenn sie gewusst hätte, dass ihre Schwester mal wieder den Weg zur Grotte in Kitzen eingeschlagen hatte. Das tat sie nämlich immer, wenn sie nachdenken musste. Diese kleine abgelegene Heiligenstätte strahlte so viel Ruhe und Frieden aus und war für Carmen der beste Ort, um nachzudenken. Wie immer zündete sie zuerst eine kleine Kerze an, setzte sich dann vor den winzigen Altar und überließ sich anschließend ganz ihren Gedanken. Sie hielt dabei nicht etwa Zwiesprache mit Gott, denn an den glaubte sie nicht, vielmehr war sie der festen Überzeugung, dass sie mit ihrem Unterbewusstsein und somit einfach mit sich selbst ins Gespräch kam. Hier konnte sie ihre Gedanken sortieren, ihre Probleme von allen Seiten beleuchten und fast immer fand sie eine Lösung oder wenigstens ihre innere Ruhe wieder. Doch heute wartete sie darauf vergeblich. 


     
    „Carmen! Wo steckst du?“, rief Nora Angerer, die gerade von ihrer Arbeit in der elterlichen Messermanufaktur kam und ihren neuen Freundinnen Carolin und Carmen wieder beim Einräumen der Bücher helfen wollte. Doch auf ihren Ruf hin kam nur Carolin hinter einem Regal hervor und sah sie mit sorgenvollem Blick an.  
    „Carmen ist weg“, sagte Carolin nur und hielt Nora einen Computerausdruck entgegen. Schweigend und mit einem verständnislosen Blick nahm Nora den Brief und las ihn leise durch.  
     
    Liebe Familie, 
    mir geht es zurzeit nicht so gut. Die Wechseljahre machen mir sehr zu schaffen, vor allem meine Stimmungsschwankungen und die schlaflosen Nächte. Bevor sich das alles noch zu einer Depression ausweitet, brauche ich einfach eine Auszeit und bin ein paar Tage weg. Macht euch keine Sorgen, ich melde mich bald wieder.  
    In Liebe,
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