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Öland

Öland

Titel: Öland
Autoren: Johan Theorin
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beizubringen. Aber das
     würde viel zu lange dauern.
    »Komm!«
    Axel macht einen ersten, unsicheren Schritt ins Wasser,
     tastet vorsichtig mit den Füßen über die Steine und rudert
     mit den Armen, als würde er an einem Abgrund balancieren.
     Nils beobachtet schweigend die wackelige Wanderung seines
     kleinen Bruders durch das Wasser.
    Nach vier Schritten steht Axel das Wasser bis zum Oberschenkel, und er sieht Nils mit ängstlichem Blick an.
    »Traust du dich?«, fragt Nils.
    Ein Streich, er will seinem Bruder einen Streich spielen.
     Axel schüttelt den Kopf. Nils taucht ins Wasser und
     schwimmt ihm entgegen.
    »Da passiert nichts«, sagt er. »Du kannst fast die ganze Zeit
     stehen.«
    Axel fuchtelt mit seinen Armen nach Nils, lehnt sich vor.
     Nils weicht zurück, und sein kleiner Bruder macht unfreiwillig einen Schritt nach vorn.
    »Sehr gut«, sagt Nils. Das Wasser reicht ihnen jetzt bis zum
     Bauchnabel. »Noch einen Schritt.«
    Axel tut, was er sagt, macht noch einen Schritt und sieht
     Nils mit einem nervösen Lächeln an. Nils lächelt auch und
     nickt, und Axel macht noch einen Schritt.
    Nils lässt sich langsam mit ausgestreckten Armen ins Wasser zurückfallen, um zu zeigen, wie weich es ist.
    »Alle können schwimmen, Axel«, sagt er. »Ich habe es mir
     selbst beigebracht.«
    Er strampelt langsam Richtung Springstein. Axel geht weiter. Das Wasser reicht ihm jetzt bis zur Brust.
    Nils zieht sich auf den Felsbrocken hoch.
    »Noch drei Schritte!«, ruft er.
    Das stimmt nicht, es sind sieben oder acht. Aber Axel
     macht einen, dann den zweiten und den dritten Schritt, er
     muss seinen Hals strecken, damit sein Mund über Wasser
     bleibt, doch es sind noch immer drei Meter bis zum Stein.
    »Du musst atmen«, ermuntert ihn Nils.
    Axel holt keuchend und schnaufend Luft. Nils setzt sich
     auf den Stein und streckt ihm die Hände entgegen.
    Und sein kleiner Bruder wirft sich nach vorn. Aber es sieht
     aus, als würde er es sofort bereuen, denn er holt Luft und atmet dabei Wasser ein, hustet und schlägt mit den Armen um
     sich und starrt Nils verzweifelt an. Der Stein ist unerreichbar
     weit weg.
    Nils beobachtet Axels Kampf im Wasser eine Weile, dann
     streckt er sich nach vorne und zieht seinen Bruder auf den
     Stein.
    Axel klammert sich an ihm fest, hustet und keucht. Nils
     stellt sich neben ihn auf den Stein und sagt, was ihm die
     ganze Zeit durch den Kopf gegangen ist:
    »Der Strand gehört mir.«
    Dann springt er kerzengerade ins Wasser, taucht mehrere
     Meter entfernt auf und schwimmt mit großen, sicheren Zügen, bis seine Hände gegen die Steine am Ufer stoßen. Axel ist
     auf seinen Streich hereingefallen. Jetzt kann er das genießen.
     Er schüttelt den Kopf, um das Wasser aus den Ohren zu bekommen, geht zu dem Stein, auf dem Axel sein Stofftuch ausgebreitet hat.
    Die kleine kurze Hose, die Axel ausgezogen hat, liegt daneben. Nils hebt sie hoch, meint einen Floh am Saum krabbeln
     zu sehen und wirft sie ans Ufer.
    Dann beugt er sich über das Tuch. Da liegen die Karamellbonbons auf einem Haufen, sie glänzen in der Sonne,
     und Nils nimmt sich einen und steckt ihn langsam in den
     Mund.
    Er hört einen wütenden Schrei vom Springstein, kümmert
     sich aber nicht darum. Er lutscht und kaut gewissenhaft,
     schluckt herab und nimmt noch einen Bonbon.
    Dann platscht es laut. Nils blickt auf; sein Bruder hat sich
     vom Springstein ins Wasser fallen lassen.
    Nils’ Haut ist in der Sonne bereits getrocknet, und er überwindet seinen ersten Impuls, zu Axel hinauszuschwimmen.
     Stattdessen nimmt er einen dritten Bonbon.
    Axel kommt mit den Füßen nicht auf den Meeresboden,
     versucht verzweifelt, wieder auf den Stein zu klettern, rutscht
     aber immer wieder ab.
    Nils kaut auf dem Bonbon herum. Man muss Schwung haben, um auf den Stein zu kommen.
    Aber Axel hat keinen Schwung, dreht sich um und will
     zum Strand schwimmen. Er fuchtelt wild mit den Armen, das
     Wasser schäumt, aber er kommt nicht voran. Er schaut mit
     aufgerissenen Augen zu Nils, der regungslos an Land steht.
    Nils erwidert seinen Blick, schluckt den Bonbon runter
     und nimmt sich einen neuen.
    Das Platschen wird schwächer, sein Bruder schreit, aber
     Nils kann nicht hören, was. Dann schließen sich die Wellen
     über Axels Kopf.
    Erst jetzt geht Nils zum Wasser.
    Axels Kopf taucht noch einmal auf, aber nicht mehr so
     hoch wie vorher. Nils sieht eigentlich nur seine nassen Haare.
     Dann versinkt er wieder unter Wasser. Luftblasen
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