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Öland

Öland

Titel: Öland
Autoren: Johan Theorin
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Julia, was geschehen war.
    Nicht Lennart war getroffen worden, sondern Ljunger. Jetzt
     wusste Julia, welchen Fluchtweg er sich ausgedacht hatte.
     Er lächelte nicht mehr geheimnisvoll und überheblich. Sein
     Körper lag hinter dem Schreibtisch. Unter seinem Kopf hatte
     sich eine Blutlache gebildet, die zunehmend größer wurde.
     Das Blut glänzte im Licht der Lampe.
    Ljunger starrte mit leicht geöffnetem Mund an die Decke.
     Sein Blick war überrascht, als würde er es nicht fassen, dass
     jetzt tatsächlich alles vorbei war.
    Seine rechte Hand umklammerte Lennarts Dienstwaffe.

36
    W ie geht es dir, Lennart?«, fragte Gerlof, der warm zugedeckt in seinem Krankenhausbett lag.
    Lennart zuckte müde mit den Schultern.
    »Es geht so. Ich hätte wachsamer sein müssen«, sagte er
     und seufzte schwer. »Ich hätte sehen müssen, was er vorhatte.«
    »Mach dir nicht zu viele Gedanken, Lennart«, versuchte Julia ihn von der anderen Bettkante aus zu trösten.
    »Er hat mich reingelegt. Er hatte sich hingesetzt, und ich
     war überzeugt, dass wir in Ruhe reden könnten. Aber dann
     hat er sich auf mich gestürzt, ich fiel zu Boden, und er hat
     meine Waffe aus dem Halfter gerissen. Darauf war ich nicht
     gefasst.« Er seufzte und befühlte sein Pflaster auf der Stirn.
     »Ich bin zu alt, reagiere zu langsam. Ich sollte mal …«
    »Hör auf, Lennart«, unterbrach Julia ihn. »Ljunger hat dich
     verletzt, nicht du ihn.«
    Lennart nickte, wirkte aber nicht überzeugt.
    Der erste Schuss, den Gunnar Ljunger abgefeuert hatte,
     war lediglich in die Wand der Polizeiwache eingeschlagen.
     Lennart war jedoch beim Kampf um die Waffe so schwer
     gestürzt und gegen die Schreibtischplatte geprallt, dass die
     Wunde mit mehreren Stichen genäht werden musste.
     Jetzt saß Julia mit ihm im Krankenhaus von Borgholm,
     wohin man Gerlof aus Kalmar überführt hatte. Es war späterNachmittag, und eine dunkelgelbe Herbstsonne senkte sich
     zu einem herrlichen Sonnenuntergang über der Stadt.
    Gerlof hoffte, dass sein Besuch nicht allzu lange bleiben würde, er wollte allein sein und schlafen. Er war noch
     schwach und ans Bett gefesselt.
    Zwar fühlte er sich wieder klar im Kopf, konnte sich an
     die vergangenen Tage jedoch kaum erinnern. Vermutlich
     hätte er das alles nicht überlebt, wenn man ihn nicht umgehend nach Kalmar auf die Intensivstation geflogen hätte.
     Vier Tage später brachte ihn ein Rettungswagen nach Borgholm.
    Dort war er viel ungestörter als in Kalmar und hatte sogar
     ein eigenes Zimmer mit Aussicht auf den Schlosspark und
     die Häuser Borgholms.
    »Wir waren schon ein paar Mal hier, schön, dass du heute
     wach bist, Papa«, sagte Julia sanft.
    Gerlof nickte erschöpft.
    Sein linker Arm war geschient und bandagiert, er hatte
     ihn sich beim Sturz auf den Strand gebrochen. Auch ein Fuß
     war eingegipst.
    Gerlof versuchte sich aufzusetzen, um seinen Besuch besser sehen zu können. Julia sprang auf, um ihm ein zweites
     Kissen in den Rücken zu legen.
    »Danke.«
    Seine Stimme war zwar noch schwach, aber er konnte sprechen.
    »Wie geht es dir, Papa?«, fragte Julia.
    Gerlof hob den Daumen. Er hustete, das Atmen fiel ihm
     noch schwer.
    »Anfangs haben alle befürchtet, ich hätte eine Lungenentzündung«, flüsterte er. »Aber heute früh haben sie mir mitgeteilt, es sei nur eine normale Bronchitis. Und sie haben mir
     versprochen, dass ich beide Füße behalten kann.« Er hielt
     kurz inne. »Das würde ich sehr begrüßen.«
    »Sie sind ein harter Knochen, Gerlof«, sagte Lennart voller
     Bewunderung.
    Gerlof nickte.
    »Gunnar Ljunger hat dasselbe gesagt.«
    Plötzlich meldete sich Lennarts Pieper.
    »Nicht schon wieder …«
    Der Polizist seufzte genervt.
    »Sieht aus, als würde mein Chef mit mir reden wollen. Die
     Fragen nehmen kein Ende«, beklagte er sich. »Ich muss da
     mal eben anrufen. Bin gleich zurück.«
    Lennart und Julia lächelten sich an.
    »Nicht weglaufen, Gerlof.«
    Gerlof grinste, Lennart zog die Tür hinter sich zu.
     Es wurde still im Zimmer, es gab im Moment einfach
     nichts zu sagen. Julia legte ihre Hand auf Gerlofs Decke und
     lehnte sich vor.
    »Ich soll dich ganz lieb von der Familie und deinen Freunden grüßen«, richtete sie ihm aus. »Lena hat gestern Abend
     aus Göteborg angerufen, sie wird bald herkommen. Und
     Astrid wünscht dir gute Besserung. John und Gösta waren
     gestern hier, aber als sie sahen, dass du schläfst, sind sie wieder gegangen. Du siehst, alle, die dich
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