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Öland

Öland

Titel: Öland
Autoren: Johan Theorin
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kennen, denken an
     dich.«
    »Danke.« Gerlof musste wieder husten. »Und wie geht es
     dir?«, flüsterte er.
    »Ach, mir geht es eigentlich ganz gut«, antwortete Julia
     und schlug die Augen nieder. »Ich habe in den letzten Tagen
     viel Zeit mit Lennart verbracht, oben in seinem Häuschen im
     Wald. Obwohl er dauernd irgendwelche Berichte schreiben
     musste oder in Borgholm war. Ich habe mir Sorgen um dich
     gemacht.«
    »Ich komme schon zurecht«, murmelte Gerlof.
    »Ja, das weiß ich jetzt«, sagte Julia. »Und ich schaffe das
     auch.«
    Er musste erneut husten.
    »Bist du denn stark genug?«
     »Natürlich.« Julia lachte, obwohl sie nicht recht verstand,
     worauf er hinauswollte. »Ich bin auf jeden Fall stärker, als ich
     dachte.«
    Gerlof flüsterte:
    »Ich habe nachgedacht … Ich bin mir nicht ganz sicher,
     aber ich glaube, ich weiß jetzt, was mit Jens passiert ist.«
     »Weißt du es wirklich, Papa? Hat dir Ljunger am Strand
     erzählt, was gewesen ist?«
    »Er hat einiges erzählt. Nicht alles. Den Rest habe ich … erraten. Aber es gibt kein glückliches Ende, Julia. Es ist, wie es
     ist. Willst du es trotzdem wissen?«
    Julia presste die Lippen aufeinander und nickte kurz.
    »Erzähl.«
    »Erinnerst du dich, dass ich bei deiner Ankunft auf Öland
     gesagt habe, der Mörder würde sich von Jens’ Sandale aus
     der Reserve locken lassen und sie unbedingt sehen wollen?«,
     fragte Gerlof.
    Julia nickte.
    »Aber er ist nicht aufgetaucht.«
    Gerlof ließ seinen Blick aus dem Fenster in die untergehende Sonne wandern. Er wünschte sich, wieder klein zu sein
     und in der Stunde der Schatten eine gruselige Geschichte zu
     hören. Er wollte nicht alt sein und selber eine erzählen.
    »Ich glaube, er ist doch aufgetaucht. Jens’ Mörder ist zu uns
     gekommen. Aber wir haben ihn beide nicht erkannt.«

ÖLAND, SEPTEMBER 1972
    S ie können nicht nach Hause, Nils«, wiederholt Gunnar. »Sie
     sind schon tot. Sie liegen kalt und begraben auf dem Friedhof
     von Marnäs.«
    Nils schüttelt den Kopf.
    »Lassen Sie den Spaten fallen«, zischt er.
    In der Alvar ist es mit einem Mal totenstill.
    »Lassen Sie zuerst Ihren Spaten fallen, Nils.«
    Nils schüttelt statt einer Antwort den Kopf. Er wirft einen
     kurzen Blick zu dem anderen Schatzsucher, der nur wenige
     Meter entfernt schwer atmend auf der Erde liegt und sich die
     Hand gegen die Stirn presst. Der ist ausgeschaltet.
    Aber Gunnar ist nach wie vor gefährlich. Er steht breitbeinig vor ihm. Plötzlich hebt er den Kopf und lauscht angestrengt.
    »Okay«, lenkt er plötzlich ein. »Ich lass als Erster fallen.«
    Der Spaten landet mit einem dumpfen Aufprall neben dem
     Opferhügel.
    »Gut.« Nils lässt seinen Spaten sinken, aber nicht fallen.
     »Und jetzt will ich zu meiner …«
    Dann hört auch er ein Geräusch. Es wird lauter. Ein schwaches Rauschen, das schnell zu einem Brummen wird – ein
     Dieselmotor.
    »Ich glaube, wir bekommen Gesellschaft«, sagt Gunnar.
     Ihn scheint das nicht zu überraschen.
    Wenige Augenblicke später taucht ein dunkler Schatten
     im Nebel auf, der auf vier Rädern über das Gras rollt.
    Ein zweiter, brauner Volvo. Er hält neben Gunnars Wagen,
     der Motor wird ausgestellt.
    Die Fahrertür öffnet sich.
    Nils kennt weder das Auto noch den Mann, der aussteigt.
     Er ist wesentlich jünger als Nils und trägt eine schwarze Polizeiuniform, an einem Halfter baumelt seine Dienstwaffe. Er
     schlägt die Wagentür zu, zieht sich die Uniform zurecht und
     kommt auf die Männer zu.
    Wenige Meter vor Nils bleibt er stehen.
    »Wir sind uns nie begegnet, aber ich habe viel an Sie gedacht«, sagt er.
     Nils starrt ihn mit offenem Mund an.
    »Sie haben meinen Vater ermordet«, fährt der Polizist fort.
     Nils versteht kein Wort.
    »Nils, das ist Lennart«, stellt Gunnar den Mann vor. »Lennart Henriksson. Sein Vater war Landpolizeikommissar. Sie
     erinnern sich, als Sie jung waren, vor vielen Jahren, im Zug
     nach Borgholm?«
    Der Sohn des Kommissars!
     Daraufhin begreift Nils die Zusammenhänge und was ihm
     bevorsteht und reagiert sofort. Nils sieht Henriksson noch an
     sein Halfter greifen und rennt los, so schnell er kann.
    »Halt, stehen bleiben!«
    Nils bleibt natürlich nicht stehen, er flieht. Die Falle, die
     man ihm gestellt hat, soll jetzt zuschnappen. Aber er ist ihr
     entkommen.
    Er ist zwar nicht mehr der Jüngste, seine Bewegungen sind
     langsam und schwerfällig geworden, aber die Alvar kennt
     er wie seine
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