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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel
Autoren: Robert Silverberg
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wegnehmen.“
    „Ich transferiere es“, sagte Vorst. „Passen Sie auf, ich habe einen Job für Sie. Der Rat tritt in sechs Stunden zusammen. Dann kündige ich meinen Schritt an, und ich kann mir denken, daß jedermann davon genauso schockiert sein wird wie Sie. Gehen Sie in den nächsten sechs Stunden in sich und denken Sie über alles nach, was ich eben gesagt habe. Versöhnen Sie sich mit der Vorstellung. Mehr noch, akzeptieren Sie sie nicht nur, sondern heißen Sie sie gut. Und bei der Ratsversammlung stehen Sie auf und erklären nicht bloß, warum es in Ordnung ist, wenn ich gehe, sondern auch, warum es notwendig und das Beste für die Zukunft der Bruderschaft ist.“
    „Sie meinen …“
    „Sagen Sie jetzt nichts mehr. Sie sperren sich immer noch dagegen. Das wird nicht mehr so sein, wenn Sie die ganze Tragweite des Vorhabens begriffen haben. Und bis dahin öffnen Sie Ihren Mund nicht mehr.“
    Kirby lächelte. „Sie ziehen immer noch an den Fäden, nicht wahr?“
    „Nun, es ist ja doch nur noch eine alte Gewohnheit. Aber dieses Mal soll es das letzte Mal sein. Und ich verspreche Ihnen, daß Ihr Verstand die Sache begreift. In nur ein bis zwei Stunden verstehen Sie meinen Standpunkt ganz und gar. Und sobald die Nacht hereinbricht, wollen Sie mich höchstpersönlich in die Raumkapsel stecken. Ich weiß, daß Sie das tun wollen. Ich kenne Sie.“

 
6
     
     
     
    Auf einer belaubten Venuslichtung gingen die Telekineten ihrer Lieblingsbeschäftigung nach.
    Eine Allee mit riesigen Bäumen erstreckte sich bis zum perlenweißen Horizont. Deren gezackte Blätter trafen sich über der Lichtung und formten einen dichten Baldachin. Unten, auf dem schmutzigen, pilzübersäten Boden, führten ein Dutzend venusischer Jungen mit blauer Hautfarbe in grünen Roben ihre Fähigkeiten vor. In einiger Entfernung wurden sie von einer Reihe größerer Personen beobachtet. David Lazarus stand im Zentrum dieser Gruppe. Um ihn herum befanden sich die Führer der Harmonisten: Christopher Mondschein, Nicholas Martell und Claude Emory.
    Lazarus hatte es in der Vergangenheit mit diesen Männern nicht immer einfach gehabt. Für sie war er zunächst nur ein Name in einer Märtyrerlegende gewesen, eine verehrungswürdige, gleichwohl aber auch metaphysische Gestalt, auf deren abwesender Macht ihr Glaube gegründet war. Sie hatten sich mit seiner Rückkehr abfinden müssen, und das war eben gar nicht so leicht gewesen.
    Es hatte dann eine Zeit gegeben, wo Lazarus glaubte, sie wollten ihn töten. Diese Zeit war nun vorbei, und sie kamen gerne seinen Wünschen nach. Aber da er so lange geschlafen hatte, fand er sich nun als Junge unter älteren Stellvertretern wieder; und genau das kam ihm manchmal bei der vollen Entfaltung seiner Autorität in die Quere.
    Lazarus sagte: „Es ist soweit: Vorst geht, und das Schisma findet sein Ende. Ich arbeite nun zusammen mit Kirby.“
    „Das ist eine Falle“, sagte Emory düster. „Halten Sie sich davon fern, David. Vorst darf man nicht trauen.“
    „Vorst hat mich ins Leben zurückgerufen.“
    „Vorst war es auch, der Sie in die Kammer gesperrt hat“, beharrte Emory. „Das haben Sie selbst gesagt.“
    „Wir können uns darin nie völlig sicher sein“, antwortete Lazarus, obwohl es der Wahrheit entsprach, daß Vorst selbst diese Tat bei ihrem letzten Gespräch vor ihm zugegeben hatte.
    „Wir können in dieser Sache nur raten. Und es gibt keinen Beweis, daß …“
    Mondschein fiel ein: „Wir haben keine Veranlassung, Vorst in irgendeiner Weise zu trauen, Claude. Aber wenn er wirklich und nachprüfbar in diese Raumkapsel steigt – was haben wir da schon zu verlieren, wenn wir ihn telekinetisch zum Beteigeuze oder zum Prokyon schicken? Wir sind ihn dann los und müssen uns nur noch mit Kirby abgeben. Kirby ist ein vernünftiger Mann. Er hat nichts mit diesen verdammten Bescheißereien und Tricks am Hut.“
    „Das ist mir alles zu glatt“, ließ Emory nicht locker. „Warum sollte ein Mann, der soviel Macht hat wie Vorst, freiwillig alles abgeben wollen?“
    „Vielleicht langweilt er sich“, sagte Lazarus. „Die absolute Macht hat etwas an sich, das nur von dem verstanden werden kann, der sie besitzt. Macht stumpft ab. Es macht einem vielleicht zwanzig oder dreißig Jahre lang Spaß, die Welt zu bewegen und durchzuschütteln, vielleicht auch fünfzig – aber Vorst sitzt seit hundert Jahren an der Spitze. Er möchte wohl mal etwas anderes machen. Ich würde meinen, wir nehmen das Angebot
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