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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel
Autoren: Robert Silverberg
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geschaukelt, bis der Schockzustand vorüber war.
    „Sie wollen mitfahren?“ platzte es aus Kirby heraus. „Nein und nochmals nein. Das ist nicht mehr nachzuvollziehen, Noel. Das ist der blanke Wahnsinn.“
    „Ich habe mich aber fest dazu entschlossen. Meine Arbeit auf der Erde ist getan. Ich habe die Bruderschaft jetzt ein Jahrhundert lang angeführt, und das ist lange genug. Ich habe miterlebt, wie sie die Erde erobert hat, und auf gewisse Weise liegt jetzt auch die Venus in meiner Hand; und vom Mars erhalte ich, wenn schon keine direkte Unterstützung, so doch Zusammenarbeit. Ich habe alles erreicht, was ich mir hier vorgenommen hatte. Mit der ersten interstellaren Expedition habe ich das erfüllt, was ich so frei sein möchte, meine eigentliche Mission auf der Erde zu nennen. Es ist an der Zeit, sich weiterzubewegen. Ich fange in einem neuen Sonnensystem wieder an.“
    „Wir lassen Sie nicht ziehen“, sagte Kirby und war von seinen eigenen Worten verblüfft. „Sie können nicht gehen! In Ihrem Alter noch in ein Sternenschiff steigen zu wollen …“
    „Wenn ich nicht gehe“, sagte Vorst, „dann gibt es auch kein Sternenschiff.“
    „Jetzt kommen Sie mir nicht so, Noel. Sie hören sich an wie ein kleines Kind, das die ganze Party platzen lassen will, wenn nicht alles nach seinem Willen verläuft. Es gibt auch noch andere, die ihr ganzes Leben der Bruderschaft gewidmet haben.“
    Zu Kirbys großer Überraschung schien sich Vorst über seine harten Worte schlicht zu amüsieren.
    „Ich fürchte, Sie mißinterpretieren mich“, sagte der Gründer. „Ich habe keinesfalls sagen wollen, daß ich, wenn ich nicht mitfahren darf, das ganze Projekt platzen lasse. Ich meinte damit vielmehr, daß meine Abreise der Preis für den Einsatz von Lazarus’ Espern war. Wenn ich nicht mit der Kapsel fliege, borgt er uns keine Telekineten aus.“
    Zum zweiten Mal innerhalb von zehn Minuten hieb es Kirby fast vom Sessel. Dieses Mal verspürte er wirklich Schmerz, und zwar im Innern. Denn er begriff, daß hier eine schmutzige Sache abgelaufen war.
    „Ist das jenes Abkommen, das Sie abgeschlossen haben, Noel?“
    „Das ist ein fairer Preis. Ein Machtwechsel ist schon seit langem überfällig. Ich steige aus der hiesigen Geschichte aus. Lazarus wird das Oberhaupt der geeinten Bewegung. Sie können sein Stellvertreter auf der Erde sein. Und wir bekommen dadurch die Esper. Wir öffnen den Himmel. Die Sache bringt eigentlich für alle betroffenen Seiten Vorteile.“
    „Nein, Noel.“
    „Ich habe es satt, hier zu sein. Ich will fort von hier. Lazarus möchte auch, daß ich gehe. Ich bin zu übermächtig. Gegen mich kommt die gesamte vereinigte Bewegung nicht an. Es wird Zeit, daß gewöhnliche Sterbliche an meine Stelle treten. Sie und Lazarus teilen sich die Macht. Er ist dann zwar das geistige Oberhaupt, aber Sie regieren eigentlich die Erde. Sie beide arbeiten einen Modus vivendi für die Bruderschaft und die Harmonisten aus. Das dürfte nicht allzu schwer sein, die Riten sind sich ja ähnlich genug. Nach zehn Jahren wird wohl auch das letzte bißchen Unwohlsein über die Vereinigung vergangen sein. Und zu diesem Zeitpunkt bin ich etliche Lichtjahre weit weg, störe Ihre Kreise nicht mehr, kann Ihnen nicht mehr ins Handwerk pfuschen und habe mich ins Privatleben zurückgezogen; ich weide dann auf den Wiesen der Welt X im Sternensystem Y. Nun?“
    „Ich kann das alles nicht glauben, Noel. Daß Sie nach einem Jahrhundert alles niederlegen, daß Sie mit einem Haufen Pioniere irgendwohin ins Nichts abrauschen, daß Sie auf einem unbekannten Planeten im Alter von nahezu einhundertfünfzig Jahren in einer Blockhütte leben wollen, daß Sie alle Zügel aus der Hand geben wollen …“
    „Dann machen Sie sich mal lieber mit der Vorstellung vertraut“, sagte der Gründer. Zum ersten Mal in dieser Unterhaltung kehrte der peitschenartige Befehlston in Vorsts Stimme zurück. „Ich gehe; das ist unumstößlich. In gewisser Weise bin ich schon gegangen.“
    „Was soll das denn heißen?“
    „Sie wissen, daß ich ein schwacher Zeitschwimmer bin. Und Sie wissen, daß ich meine Politik festlege, nachdem ich mich von anderen Schwimmern habe mitnehmen lassen.“
    „Ja.“
    „Ich habe gesehen, wie alles ausgeht. Ich weiß, wie es war, und ich weiß, wie es sein wird. Deshalb gehe ich. Ich bin dem Plan bis zu diesem Moment gefolgt – ich bin ihm gefolgt und habe ihn ausgeführt; alles zur gleichen Zeit, auch wenn ich manchmal Hals
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