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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel
Autoren: Robert Silverberg
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an. Dann sind wir Vorst los, und mit Kirby werden wir schon fertig. Davon abgesehen hat das Abkommen auch seine guten Seiten: Weder sie noch wir können ohne die Hilfe der anderen die Sterne erreichen. Deshalb bin ich dafür; einen Versuch ist es mindestens wert.“
    Nicholas Martell deutete auf die Telekineten. „Wir verlieren einige von ihnen dadurch; das dürfen wir nicht vergessen. Man kann keine Raumkapsel durch den Kosmos schieben, ohne die Esper zu überanstrengen.“
    „Vorst hat zugesichert, daß sie in Santa Fe wieder auf die Beine gestellt werden“, sagte Lazarus.
    „Noch ein anderer Punkt“, bemerkte Mondschein. „Nach dem großen Abkommen hätten wir die Möglichkeit, uns in den Vorster-Krankenhäusern behandeln zu lassen. Zugegeben, ein recht eigennütziger Aspekt, aber mir gefällt er. Meiner Meinung nach ist es jetzt an der Zeit, alle Verbohrtheit aufzugeben und uns mit den Vorstern zusammenzuraufen. Vorst will ja verschwinden. Na prima, von uns aus kann er gerne gehen; wir kommen mit Kirby schon klar.“
    Lazarus lächelte. Er hatte nicht zu hoffen gewagt, Mondscheins Zustimmung so schnell und so verhältnismäßig einfach zu gewinnen.
    Aber Mondschein war schon alt, hatte die Neunzig bereits überschritten, und er war ganz wild darauf, endlich von den Vorster-Ärzten behandelt zu werden; auf der wilden Venus konnte er auf eine solche Behandlung lange warten. Mondschein hatte die Hospitäler in Santa Fe mit eigenen Augen gesehen, als er noch ein junger Mann gewesen war; und er wußte, welche Wunder dort möglich gemacht werden konnten. Sicher, kein besonders löbliches Motiv für seine Zustimmung, dachte David Lazarus, aber zumindest war es ein zutiefst menschlicher Beweggrund; und unter seinen Kiemen und unter seiner blauen Haut war Mondschein doch nichts anderes als ein Mensch. Das sind wir ja alle, durchfuhr es Lazarus. Nur die dort sind es nicht mehr.
    Er richtete den Blick auf die Telekineten. Sie waren in der fünften und sechsten Generation auf der Venus geboren worden. Der irdische Samen steckte immer noch in ihnen, aber sie waren weit von der ursprünglichen Erbmasse entfernt. Die Genmanipulationen, die erst die Menschen für das Leben auf der Venus vorbereitet hatten, vererbten sich fort: Diese Jungen waren mittlerweile nicht mehr als Menschen zu bezeichnen. Sie waren ganz in ihre Übungen versunken. Es bereitete ihnen nun kaum noch Mühe, Gegenstände über große Entfernungen zu transportieren. Sie konnten einander von einem Augenblick zum anderen um die ganze Venus herum schicken oder einen Felsen in ein bis zwei Stunden zur Erde befördern. Allerdings reichten ihre Kräfte nicht aus, sich selbst zu bewegen; denn sie benötigten einen Drehpunkt, von dem aus sie ihre Fähigkeiten einsetzen konnten. Doch machte das nicht allzuviel aus. Aus eigenen Kräften konnten sie nicht von einem Ort zum anderen gelangen, aber gegenseitig vermochten sie sich ganz schön herumzuschieben.
    Lazarus beobachtete sie weiter: sie kamen und verschwanden, sie hoben und warfen. Es sind nur Kinder, dachte er, die ihre Kräfte noch nicht völlig unter Kontrolle haben. Über welche Kräfte mochten sie verfügen, wenn sie vollends erwachsen waren?
    Und wie viele von ihnen mußten sterben, um die Menschheit über ihre natürlichen Grenzen hinaus zu befördern?
    Ein Vogel mit sägeartigen Flügeln, der im Mittagsdunst leicht leuchtete, schoß diagonal vom Himmel, direkt über dem Wipfelbaldachin. Ein junger Telekinet sah auf, lächelte, bekam den Vogel in den geistigen Griff und schickte ihn herumwirbelnd fast einen Kilometer weit durch die Wolkendecke. Ein wütendes Krächzen ließ sich trotz der Entfernung vernehmen.
    Lazarus sagte: „Das Abkommen ist geschlossen. Wir helfen Vorst, und er verzieht sich. Abgemacht?“
    „Abgemacht“, beeilte sich Mondschein zu sagen.
    „Abgemacht“, murmelte Martell und trat mit dem Fuß in das gräuliche Gras, das hier überall den Boden bedeckte.
    „Claude?“ fragte Lazarus.
    Emorys Blick verfinsterte sich. Er sah auf einen Jungen mit enormen Gliedmaßen, der gerade von einem Ausflug zu irgendeinem Kontinent zurückkehrte und kaum zwei Meter vor ihnen rematerialisierte. Emorys schmales Gesicht lief vor innerer Spannung dunkel an.
    „Abgemacht“, sagte er.

 
7
     
     
     
    Die Raumkapsel war ein Obelisk aus Berryllium-Stahl. Ihre Höhe betrug fünfzehn Meter; insgesamt wirkte sie wie eine wenig Vertrauen erweckende Arche, die über das Sternenmeer gesandt werden
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