Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
stand.
    „Er fährt also tatsächlich“, sagte Magnus.
    „Ja, bald schon; daran kann es keinen Zweifel mehr geben.“
    „Haben Sie heute morgen noch mit ihm gesprochen?“
    „Kurz“, sagte Kirby. „Er machte einen sehr gelassenen Eindruck.“
    „Er wirkte auch gelassen, als er uns letzte Nacht den Segen gab“, sagte Magnus. „Sogar richtig fröhlich.“
    „Er legt eine große Last von seinen Schultern. Sie wären auch guter Dinge, wenn man Sie in den Kosmos schießen würde und Sie alle Verantwortung ablegen könnten.“
    Magnus sagte: „Ich wünschte, wir könnten das hier verhindern.“
    Kirby drehte sich zu ihm um und sah dem kleinen Mann unverblümt ins Gesicht. „Diese Angelegenheit ist unabdingbar“, sagte er. „Sie muß stattfinden, oder die Bewegung geht an ihrem eigenen Erfolg zugrunde.“
    „Ich habe wohl Ihre Rede vor der Ratsversammlung gehört, aber …“
    „Wir haben die erste Phase unserer Entwicklung abgeschlossen“, sagte Kirby. „Nun müssen wir darangehen, unsere Mythologie auszubauen. Symbolisch gesehen, ist Vorsts Abreise von unschätzbarem Wert für uns. Er fährt auf in den Himmel und läßt uns hier zurück, damit wir seine Arbeit fortsetzen und uns neuen Aufgaben zuwenden. Wenn er bliebe, würden wir auf der Stelle treten. Jetzt aber können wir uns sein glorreiches Beispiel vor Augen halten und uns davon inspirieren lassen. Mit Vorst als Führer zu neuen Welten können wir, die wir zurückgeblieben sind, auf den Fundamenten aufbauen, die er uns vermacht hat.“
    „Sie hören sich wirklich so an, als glaubten Sie daran.“
    „Das tue ich auch“, sagte Kirby, „obwohl ich es anfangs nicht tat. Aber Vorst hatte recht. Er sagte mir, daß ich schließlich seinen Fortgang verstehen würde; und so ist es mir auch widerfahren. Mit dieser Tat ist er für die Bewegung zehnmal wertvoller geworden, als wenn er geblieben wäre.“
    Magnus murmelte: „Es reicht ihm nicht, Christus und Mohammed zu sein. Er muß auch noch Moses und Elias *
    „Ich hätte nie gedacht, daß Sie so respektlos von ihm reden könnten“, sagte Kirby.
    „Das habe ich auch vorher nie getan“, antwortete Magnus. „Verdammt noch mal, ich will doch nicht, daß er geht!“
    Kirby stellte überrascht fest, daß Tränen in Magnus’ blassen Augen glänzten.
    „Und das ist genau der Grund, warum er uns verläßt“, sagte Kirby, woraufhin beide Männer schwiegen.
    Capodimonte näherte sich ihnen. „Alles ist bereit“, kündigte er an. „Lazarus hat mir Bescheid gegeben, daß seine Telekineten nur noch auf das Startzeichen warten.“
    „Und wie steht es mit unseren Steuerespern?“ fragte Kirby.
    „Die sind schon seit einer Stunde bereit.“
    Kirby sah auf die strahlende Raumkapsel. „Dann können wir genausogut jetzt beginnen.“
    „Ja“, sagte Capodimonte. „Genausogut jetzt.“
    Kirby wußte, daß Lazarus nur auf sein Signal wartete. Und von jetzt an würden alle Signale von ihm, Kirby, kommen; zumindest auf der Erde. Aber diese Vorstellung hatte jetzt ihre Schrecken für ihn verloren. Er hatte sich auf die neue Lage eingestellt. Er war jetzt der Chef.
    Symbolische Zeichen waren überall in der Ebene angebracht worden – harmonistische Ikonen und ein großer Kobalt-Reaktor: das religiöse Zubehör beider Kulte, die sich nun vereinigten. Kirby gab einem Altardiener das Zeichen. Die Sperrschienen wurden zurückgezogen, und der Reaktor erwachte summend zum Leben.
    Das Blaue Feiler tanzte hoch über dem Reaktor. Sein Glühen verfärbte die Außenhülle der Kapsel. Kaltes Licht – die Zerenkowsche Strahlung, das Symbol der Vorster – funkelte auf dem Startplatz. Und aus der Zuschauermenge erhoben sich die Klänge der Verehrung, wurden die Litaneien geflüstert, wurden die Stationen des Spektrums gemurmelt. Währenddessen saß der Mann, der diese Worte geschaffen hatte, verborgen hinter den Metallwänden der tränenförmigen Raumkapsel, direkt im Zentrum der Versammlung.
    Das Aufglühen des Blauen Feuers war das Signal für die Venusier im nahe gelegenen Kuppelgebäude. Jetzt war der Augenblick gekommen, wo sie ihre Kräfte zusammenfassen und die Kapsel in den Himmel treiben sollten, damit von Menschenhand zwischen den Sternen eine neue Welt errichtet werden konnte.
    „Worauf warten die denn noch?“ nörgelte Magnus.
    „Vielleicht geht es ja gar nicht los“, sagte Capodimonte.
    Kirby sagte nichts. Und dann ging es los.

 
9
     
     
     
    Kirby hatte eigentlich keine richtige Vorstellung von dem,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher