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Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel
Autoren: Robert Silverberg
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über Kopf vorangekommen bin. Alles, was ich getan habe, war schon irgendwie vorgezeichnet: angefangen von der Gründung der Bruderschaft bis zu eben diesem Augenblick hier. Damit steht fest, daß ich gehe.“
    Kirby schloß die Augen. Er drohte, aus dem Gleichgewicht zu geraten.
    Vorst sagte: „Blicken Sie zurück auf dem Weg, den ich gegangen bin. Hat es irgendwo einen Fehltritt gegeben? Die Bruderschaft hat nie aufgehört zu gedeihen. Ich habe die Erde erobert. Und sobald wir stark genug waren, ein Schisma zu verkraften, habe ich die harmonistische Häresie angeregt.“
    „Sie haben was …“
    „Ich erkannte in Lazarus den richtigen Mann und gab ihm die richtigen Ideen ein. Damals war er nur ein unbedeutender Altardiener, war Wachs in meinen Händen. Deshalb haben Sie ihn auch damals nie kennengelernt. Aber es gab ihn. Ich habe ihn genommen und geformt. Und ich bewirkte, daß seine Bewegung in Opposition zu unserer ging.“
    „Warum, Noel?“
    „Es hätte uns nichts genützt, monolithisch und ohne Spaltung zu bleiben. Ich konnte meine Vorstellungen kanalisieren. Der Bruderschaft war es vorbestimmt, die Erde zu gewinnen, und das hat sie auch geschafft. Aber der gleiche Kult konnte auf der Venus nicht ankommen – und er ist es ja auch nicht. Daher gründete ich einen zweiten Kult. Ich schneiderte ihn auf die Venus zu und versah ihn mit Lazarus. Später versah ich ihn auch mit Mondschein. Können Sie sich noch an das Jahr 2095 erinnern? Er war damals noch ein gieriger, kleiner Altardiener; und ich habe ihm so lange kleine Rippenstöße versetzt, weil ich die Kraft in ihm erkannte, bis er sich selbst plötzlich als Umgewandelter auf der Venus wiederfand. Ich habe die ganze zweite Bewegung aufgebaut.“
    „Und wußten Sie denn, daß bei ihnen Telekineten auftreten würden?“ fragte Kirby ungläubig.
    „Ich wußte es nicht, aber ich hoffte es. Mir war nur klar, daß das Aufziehen der Harmonisten eine gute Idee war, denn ich sah, daß es eine gute Idee gewesen war. Verstehen Sie? Aus dem gleichen Grund habe ich auch Lazarus von der Bildfläche genommen und ihn sechzig Jahre lang in seiner Krypta versteckt.
    Damals wußte ich noch nicht, wozu das gut sein sollte. Aber ich dachte mir, es könnte sich als ganz nützlich erweisen, den Harmonistenmärtyrer noch eine Weile im Ärmel zu behalten, um ihn zu einer späteren Zeit als Trumpf auszuspielen. Vor zwölf Jahren habe ich diese Karte ausgespielt, und seit dieser Zeit sind dieHarmonisten in meiner Hand. Heute habe ich den letzten Trumpf gezogen: mich selbst. Ich muß einfach gehen; und meine Arbeit hier ist ja ohnehin getan. Es langweilt mich, noch länger die Fäden zu ziehen. Hundert Jahre lang habe ich mit allem herumjongliert, habe meine eigene Opposition aufgebaut, habe Konflikte geschaffen, die nur dazu bestimmt waren, zur endgültigen Synthese zu führen. Jetzt ist die Synthese da, und ich gehe.“
    Nach einer langen Schweigepause sagte Kirby: „Sie demütigen mich, Noel. Sie verlangen von mir, eine Entscheidung gutzuheißen, die bereits so unumstößlich ist wie der Ablauf der Gezeiten oder der allmorgendliche Sonnenaufgang.“
    „Es steht Ihnen frei, sich im Rat gegen meine Entscheidung zu stellen.“
    „Aber Sie gehen dann trotzdem fort?“
    „Natürlich. Aber ich würde mir Ihr Einverständnis wünschen. Am unumstößlichen Ausgang kann Ihr Verhalten sicher nichts ändern, aber ich wüßte Sie trotzdem lieber auf meiner Seite als gegen mich. Ich bilde mir gerne ein, daß Sie von allen anderen am ehesten verstehen können, was ich in all den Jahren angestrebt und getan habe. Glauben Sie denn, es gäbe auch noch einen einzigen Grund, der mich auf der Erde festhalten könnte?“
    „Wir brauchen Sie, Noel. Das ist der Hauptgrund.“
    „Jetzt stellen Sie sich aber kindisch an. Sie brauchen mich nämlich nicht. Der große Plan ist erfüllt. Es ist wirklich an der Zeit, zu verschwinden und anderen den Job zu überlassen. Sie machen sich von mir zu abhängig, Ron. Sie können sich wohl nicht an die Vorstellung gewöhnen, daß ich von nun an nicht mehr an den Fäden ziehe.“
    „Vielleicht ist das gerade der Punkt“, lenkte Kirby ein. „Aber wessen Schuld ist das wohl? Sie haben sich doch nur mit Jasagern umgeben. Sie haben sich unentbehrlich gemacht. Sie sitzen hier im Herzen der Bewegung wie eine heilige Flamme, und niemand von uns kann nahe genug an Sie herankommen, um von ihr erleuchtet zu werden. Und jetzt wollen Sie uns das Feuer
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