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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder
Autoren: Robert Gordian
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Verurteilten eingezogen. Dieser habe, sobald seine Schuld gesühnt sei, mit seinem Anhang die Stadt und das Comitat zu verlassen.
    „So nimmt die Gerechtigkeit ihren Lauf“, schloß der Comes. „Ich danke Gott, weil er mir geholfen hat, die Wahrheit zu finden. Geht jetzt nach Hause, Leute!“
    „Na, also“, sagte Odo und strich sich genüßlich den Schnurrbart. „Jetzt haben wir ihn!“

2
    N ach den letzten Worten des Magnulf erhob sich Lärm, und ein heftiges Schieben und Stoßen begann. Die Versammlung löste sich auf. Alle hatten es plötzlich eilig, und jeder strebte in eine andere Richtung.
    Um den Comes scharte sich gleich ein Kreis Getreuer. Man wechselte, wie es schien, Scherzworte, denn jeden Augenblick brach ein Gelächter los. Niemand hörte auf das Jammergeschrei des Juden, der immer wieder seine Unschuld beteuerte. Ruiniert sei er, heulte Tobias, an den Bettelstab gebracht. Er rief einen Mann in der Menge mit Namen, wohl einen Schiffsherrn, und flehte, er möge noch eine Woche mit dem Auslaufen warten. Der Mann gab eine grobe Antwort und wandte den Rücken. Schließlich wurde der Jude, protestierend und hoffnungslos Widerstand leistend, von zwei Bewaffneten fortgeschleppt.
    Wir kehrten zurück zu unseren Leuten, die am Eingang des Alten Forums gewartet hatten. Ein Haufen Neugieriger, in der Mehrzahl Knechte und Bettler, begaffte uns, unsere Tiere und unsere Ausrüstung aus sicherem Abstand. Man hielt uns wohl für Verwandte des Pappolus, denn einer schrie, wir sollten vom Erbe etwas den Armen geben, die der Bischof immer vergessen habe. Der Pöbel johlte Beifall dazu. Odo befahl aufzusitzen, und wir ritten über den nun fast menschenleeren Platz zum Amtsgebäude des Comes. Magnulf und seine Edlen hatten sich mittlerweile nach drinnen begeben. Hinter einer der weitgeöffneten hohen Türen ertönte ihr fröhliches Stimmengewirr.
    Wir ließen Rouhfaz an den Stufen der Kolonnade als Wache zurück. Zu sechst traten wir in die Halle ein – zuerst Odo und ich, dann hinter uns Heiko, Fulk und die Recken.
    Die Gesellschaft hatte schon Platz genommen, und die Becher wurden geschwungen. Bei unserem Eintritt ahmte gerade einer mit fistelnder Stimme das Wehgeschrei des verurteilten Juden nach. Er wunderte sich, daß er keinen Lacherfolg hatte, und als er merkte, daß alle sich nach der Tür wandten, blickte er sich empört zu uns um.
    „Heil!“ sagte Odo. „Hoffentlich stören wir nicht. Ohne Zweifel feiern die Herren den Sieg der Gerechtigkeit!“
    Die Stille, die jetzt eintrat, war sofort feindselig. Selbst die unempfindlichsten Ohren konnten den schneidend spöttischen Ton, in dem mein Amtsgefährte gesprochen hatte, nicht überhört haben.
    Odo durchmaß mit großen Schritten die Halle und trat in die Mitte der Männer, die sich nach und nach von ihren Bänken erhoben.
    „Ein wahres Glück, wenn ein Bischof ermordet wird“, fuhr er fort, „und eine Quelle des reinsten Entzückens, wenn sich ein Mörder wie dieser findet. Wieviel wart Ihr ihm schuldig, mein würdiger Herr? Fünfzig Solidi? Hundert? Zweihundert? Und du, mein hoffnungsvoller junger Held? Hast du vielleicht den juwelenverzierten Dolch, der da in deinem Gürtel steckt, noch nicht bezahlt? Oder das silberbeschlagene Zaumzeug deines Pferdes, die brokatene Satteldecke? Hat der Jude etwa auch dich belästigt, indem er vor dir auf Knien rutschte und nach seinem Geld schrie? Gepriesen sei Gott in seiner Allmacht und Güte! Er nahm euch zwar euern geliebten Seelenhirten, doch sorgte er väterlich für Trost, indem er euch gleichzeitig eure Schulden nahm. Und dabei könnt ihr euch noch eurer Schlauheit rühmen! Denn indem ihr den Kerl nicht bezahlt habt, setzt ihr ihn außerstand, das Wergeld zu hinterlegen – mit der Folge, daß ihr ihn eines Tages wie einen Hund davonjagen könnt. Was kann ein Hund noch von euch fordern? Alle Gaukler und Verwandlungskünstler der Welt würden vor Neid erblassen, wenn sie erführen, wie hier aus Gläubigern Schuldner werden. Eintausendzweihundert Solidi! Euer Comes, der edle Magnulf, hat gleich dreihundert mehr verlangt, als ihm nach dem Gesetz der Franken für einen getöteten Bischof zusteht. Ein kühnes Urteil! Ganz abgesehen von den sechzig Solidi Verzugszins pro Woche, wovon man nirgendwo etwas in den Gesetzbüchern oder Kapitularien findet. Triumph der Weisheit! Denn was nicht gesetzlich erhoben ist, muß man auch nicht dem König geben – der nimmt nur gesetzlich erhobenes Bußgeld. Und weil ihm
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