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Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder

Titel: Odo und Lupus 05 - Pilger und Mörder
Autoren: Robert Gordian
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darüber hinaus nichts zusteht, bekommt er von euch schon lange nichts mehr. Er wundert sich ein bißchen darüber, aber wir können ihn jetzt aufklären. Wir werden ihm sagen, daß seine Justiz ein fleißiger Esel ist, der Goldstücke scheißt … wenn auch nicht gerade in seine Truhe. Genug! Nun, habe ich nicht zu euerm Ruhm schöne Worte gefunden? Das hat mich wahrhaftig erschöpft, mir ist davon ganz übel geworden. Ihr erlaubt wohl, daß ich mich mit einem Trunk stärke!“
    Und Odo füllte sich selbst einen Becher mit Wein, nahm erst einen kleinen Schluck, den er kennerisch schmeckte, und goß dann den ganzen Rest die Kehle hinab.
    Fast alle im Saal waren aufgesprungen. Während der Rede meines Amtsgefährten waren sie vor Verblüffung stumm geblieben, mit empört geöffneten Mündern, als hätten sie einen Krampf der Kinnbacken, was man auch Maulsperre nennt. Jetzt aber wurden wütende Rufe laut.
    „Wer ist dieser Unverschämte?“
    „Wo kommt er her? Wer hat ihn gerufen?“
    „Was redet er da vom König?“
    „Werft den Ehrabschneider hinaus!“
    „Nein! Erst soll er tanzen … zur Musik meiner Klinge!“
    Vergebens suchten einige, die sich wohl an unseren früheren Besuch erinnerten, die Hitzköpfe zu beruhigen. Mehrere zogen die Schwerter. Der junge Mann, den Odo angesprochen hatte, ein Lockenkopf mit einem hübschen, doch blöden Gesicht, zerschmetterte mit einem Schlag seiner Klinge den Krug, aus dem mein Freund sich gerade nachschenken wollte. Der Wein schwappte über den Tisch und bildete auf dem Fußboden eine Pfütze.
    „Das nenne ich Dummheit und Verschwendung!“ rief Odo und stieß einen Seufzer aus. „Viel Arbeit für uns. Wo beginnen? Am besten bei diesem Grünling, dem man das Sparen beibringen muß!“
    Er zog blitzschnell das Schwert, und ehe der junge Fant in Stellung gehen konnte, war ihm das seinige aus der Hand geschlagen. Es flog hoch bis fast an die Decke. Als es herabkam, die Spitze voraus, blieb es zitternd im Holz des Tisches stecken. Der junge Mann aber, der vor Schreck zurückfuhr, rutschte aus und setzte sich in die Weinpfütze.
    Wieder erhob sich empörtes Geschrei. Immer mehr Schwerter wurden aus den Scheiden gerissen. Ich wollte vortreten, um zu sprechen und zu verhindern, daß Odos gewagte Begrüßungsattacke nicht wiedergutzumachende Ausmaße annahm. Heiko jedoch hielt mich am Arm fest. Er bedeutete mir mit einem Blick, daß es besser sei, nicht einzugreifen. Odo mußte die Meute jetzt selber bändigen. Unsere Männer hatten die Hand am Schwertgriff, doch keiner zog blank.
    „Meine Herren“, sagte Odo und ließ seinen Blick über die Schwertspitzen gleiten, die ihm entgegenstarrten, „ich sehe mit Genugtuung, daß sich hier einige schlagen wollen. Das übertrifft meine Erwartungen, denn im allgemeinen sind Leute, die betrügen und das Recht beugen, die die Unschuld verfolgen und sich am fremden Gut bereichern, erbärmliche Feiglinge. Um so besser! Mein Schwert ist geschärft, und mein Arm ist bereit. Nur leider hat unser Herr König, der mich hierhergesandt hat – gemeinsam mit dem Diakon Lupus, den ihr dort an der Tür seht, einem berühmten Rechtsgelehrten –, mir ausdrücklich nahegelegt, nicht gleich zu viele von euch totzuschlagen. Denn er hat Hoffnung, daß ihr noch einmal vernünftig werdet, was ich selber freilich bezweifle. Nur einen von euch darf ich auf meine Klinge spießen, den Schlimmsten und Frechsten … das hat mir der König ausdrücklich zugestanden. Und so schwer es mir fällt, ich werde mich darauf beschränken. Das Bürschlein dort, das den Wein mit dem Hintern schlürft, zählen wir nicht. Es mache sich also ein anderer bereit! Wie gesagt, es muß einer sein, der einem Königsboten und damit dem König selbst von ganzem Herzen die Pest an den Hals wünscht! Ihn darf ich unbedenklich wie eine Wurst behandeln, in Scheiben schneiden und den Hunden zum Fraß geben. Nun? Wer tritt vor? Wer ist der Schlimmste, Gemeinste und Schamloseste von euch Betrügern und Rechtsbrechern? Kein Freiwilliger? Jetzt enttäuscht ihr mich …“
    Nach und nach waren die Schwerter unter den Mänteln verschwunden. Die Schultern, die Arme und, wie mir schien, selbst die Schnurrbärte hingen auf einmal ergeben herab. Keiner wollte ein Gegner des Königs sein und sich mit seinem Vertreter schlagen. Odo lachte und fügte hinzu:
    „Nun, ich warte! Ihr könnt ja losen. Inzwischen wird wohl der edle Magnulf noch Wein kommen lassen … als Willkommenstrunk für meine
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