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Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Verwandlung (German Edition)
Autoren: Tricia Rayburn
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fortbrachte. Je weiter wir schwammen, desto klarer wurde die Sicht, und ich erkannte, wer den Angriffsschrei ausgestoßen hatte.
    Ist das da hinten … Das kann doch nicht wirklich … Ich irre mich, oder?
    Aber ich irrte mich nicht. Paige hatte Zara die Salzwassermaske entrissen und schwamm von ihr fort. Sie selbst trug ebenfalls einen Tank an der Hüfte.
    Paige wollte nur helfen , antwortete Charlotte. Klingt das vielleicht bekannt?
    Darauf fiel mir nichts ein. Paige hatte sich verwandelt. Irgendwie war es ihr gelungen, ebenfalls eine Sirene zu werden. Ich fühlte so viele Dinge auf einmal – Schock, Furcht, Enttäuschung, Wut, Liebe –, dass sich in meinem Kopf alles drehte und ich keine Ahnung hatte, was ich sagen sollte.
    Inzwischen waren wir bei einem kaputten, gesunkenen Kanu angekommen, das Charlotte ein Stück anhob, um mich darunterzuschieben. Vanessa, ich habe siebzehn Jahre lang versucht, dich aus der Ferne zu beschützen. Das ist vermutlich schwer zu verstehen, und ich verspreche, dass ich dir später alles erklären werde, aber bitte, lass mich nun das Nötige tun, um dich in Sicherheit zu wissen.
    Hastig band sie meine Hand- und Fußgelenke los. Dabei kam ihr Gesicht meinem bis auf Zentimeter nahe, und ich sah deutlich die glatte Haut, den faltenlosen Hals und die silbernen Augen. Sie erinnerte an zwei Frauen zugleich: eine jüngere Version der Willa, die ich in den letzten Wochen kennengelernt hatte, und eine ältere Version der Charlotte, die ich auf einem Foto in Bettys Zimmer gesehen hatte. Diese Frau vor mir schien beide in sich zu vereinen und befand sich auch altersmäßig in der Mitte.
    Erinnerst du dich, was mit der Wasserflasche passiert ist, als du auf einer Bank am Harvard Square gesessen und deine Gedanken ausgesandt hast? , fragte sie.
    Ich nickte und sah das brodelnde, sprudelnde Wasser vor mir.
    Kannst du dich auch erinnern, was du tun musstest, damit das geschieht?
    Ich glaube schon.
    Wenn du nachher meine Stimme hörst, will ich, dass du genau dasselbe wieder tust.
    Hier unten? Mit dem gesamten …
    Ich hatte fragen wollen, ob ich tatsächlich den gesamten See zum Kochen bringen sollte, aber da war sie schon verschwunden.
    Was ist mit Simon? , rief ich ihr hinterher. Was ist mit Paige?
    Ich bekam keine Antwort.
    Also blieb ich in meinem Versteck liegen, atmete Salzwasser und versuchte, meine ungezügelten Gedanken unter Kontrolle zu bringen. In der Ferne hörte ich, wie das Wasser aufgepeitscht wurde, dann Sirenenschreie, keuchende Geräusche und verzweifeltes Weinen. Am Ende ertönte ein einzelner glasklarer Ton, der seinen Anfang in meinem Kopf zu haben schien und sich ausbreitete, bis das ganze Kanu vibrierte.
    Ich richtete die Augen auf einen glatten Stein und starrte ihn an, bis mein Blick verschwamm. Dann stellte ich mir andere Bilder vor: Zara, Raina, Paige, Charlotte. Ich konzentrierte mich so stark darauf, nur zu sehen, anstatt zu denken oder zu fühlen, dass ich gar nicht bemerkte, wie sich das Wasser um mich herum mit Bläschen füllte, als sei es kurz vorm Siedepunkt. Im Geiste sah ich Justine vor mir, vertiefte mich in jedes Detail – ihre Grübchen, wenn sie lächelte, und das strahlende Blau ihrer Augen. Die Blasen wuchsen und zerplatzten, sprudelten in immer größeren Mengen um mich herum.
    Ich sah Simon. Er spielte für mich den Fremdenführer auf dem Bates Campus, hielt mich auf dem Heuwagen in den Armen, wachte in einem Krankenhauszimmer über mich, war beim Wandern im Wald schützend an meiner Seite, reichte mir beim DVD-Abend mit Caleb und Justine zuerst das Popcorn.
    Ich sah Parker. Er lehnte lässig neben meinem Spind, verarztete mein Bein im Parkpavillon, sprang kopfüber von seiner Yacht, griff nach meiner Hand.
    Das Wasser wirbelte brausend um meinen Körper. Das Geräusch glich peitschenden Wogen an einem stürmischen Strand. Dann wurde das Kanu vom Sand gehoben und mitgerissen. Mich packte der Strudel als Nächstes. Die Gewalt des Wassers riss mir die Atemmaske vom Gesicht und den Tank vom Gurt. Ich versuchte dagegen anzukämpfen, doch ich war zu erschöpft, so dass mein Körper mir nicht gehorchte.
    Dann war plötzlich jemand hinter mir, presste sich an mich, schlang die Arme schützend um meinen Bauch und meine Schultern. Ein Gesicht drückte sich an meinen Hals, und ich erkannte das vertraute Profil sofort.
    Er war gekommen. Irgendwie war es ihm gelungen – vielleicht mit Hilfe von Charlotte oder Paige –, mich in diesem riesengroßen Whirlpool zu
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