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Oben ohne

Oben ohne

Titel: Oben ohne
Autoren: Evelyn Heeg
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es zu zeigen?«
    »Nein, im Gegenteil.«
    Ich kämpfe kurz mit meinen diversen Kleidungsschichten. Dann kriegt Oma als Erstes meine supersexy Kompressionshose gezeigt, und wir lachen herzlich. Ich zeige ihr meine diversen Narben und schließlich den neuen Busen. Sie schaut ihn sich aufmerksam an.
    »Ja, Evelyn, es ist schön geworden.«
    Ich bin erleichtert. Das war jetzt gut. Ich rücke alles wieder an Ort und Stelle. Dann machen wir uns auf den Weg nach unten.

ICH BIN WIEDER DA
    Juni 2006

    Der Ultra-Bike-Marathon in Kirchzarten ist sozusagen ein Muss für alle Mountainbiker in Freiburg. Kirchzarten liegt nur wenige Kilometer entfernt im Osten, das Dreisamtal hinauf. Oft ist das Wetter zu diesem Event richtig gut, und wenn sich morgens rund 4000 Biker auf die Strecke machen, herrschen größtenteils perfekte Bedingungen für das Rennen.
    Dieses Jahr habe ich mir lange überlegt, ob ich mich anmelden soll. Und wenn ja, für welche Strecke sollte ich mich entscheiden? Eigentlich bin ich ein Fan der Ultradistanz, 116 Kilometer mit etwa 3600 Höhenmetern. Die bin ich schon ein paar Mal gefahren. Lange Distanzen sind auch meine besondere Stärke. Aber dieses Mal, nur ein halbes Jahr nach den Operationen? Auf der anderen Seite habe ich mich bestens erholt von den Eingriffen. Und ich habe nicht den Eindruck, dass die dreimonatige Sportpause über den Winter meiner Form geschadet hat. Im Gegenteil: Ich fühle mich dieses Jahr sogar richtig schnell – ich kann befreit losradeln.
    Da es gewissermaßen ein Heimspiel ist, und an mehreren Stellen ein einfacher Ausstieg aus dem Rennen möglich ist, habe ich mich am Ende für die Ultradistanz entschieden. Jetzt stehe ich hier im Startblock, es ist kurz nach sieben Uhr am Morgen, um mich herum eine bunte Schar von nervösen Mitstreitern, die alle mit den letzten Vorbereitungen für das Rennen beschäftigt sind. Immer wieder läuft ein bekanntes Gesicht vorbei, und man tauscht sich kurz aus – welche Strecke, was macht die Form, wie schnell willst du fahren? – und wünscht sich alles Gute für das Rennen. Dazwischen steht man da, hat dieses unnachahmliche Kribbeln in der Magengegend und die übliche Frage im Kopf: Warum zum Teufel tue ich mir das wieder an – sechseinhalb Stunden über staubige Pisten, steile Anstiege und ebenso steile Abfahrten durch den Schwarzwald jagen? Aber diese Frage stellt sich wohl fast jeder Sportler direkt vor dem Wettkampf. Es ist mein Wetter, so viel steht fest. Wolkenloser Himmel, schon jetzt ziemlich warm. Es gibt eine Hitzeschlacht, Jan-Ullrich-Wetter, und auch genau das Richtige für mich. Sobald die Quecksilbersäule unter die 20-Grad-Marke fällt, arbeitet meine Muskulatur nur noch suboptimal. Aber heute scheint alles perfekt zu sein. Stahlblauer Himmel, kein Gewitterrisiko, einfach nur geniales Frühsommerwetter.
    Tino steht einen Startblock hinter mir. In diesem Jahr dürfen die schnellen Frauen alle in Startblock zwei stehen, direkt hinter den Profis. Tino ist zwar meistens ein paar Minuten schneller als ich, aber er ist eben nur Hobbyfahrer und auch nicht gut genug für diesen Startblock hier. Ich schaue mich um: Hier sind fast nur extrem ehrgeizige Hobbyradler, deren Trainingspensum locker an das von Leistungssportlern heranreicht. Ganz wohl fühle ich mich nicht, und ich meine, so manchen abschätzigen Blick zu ernten. Was will die denn hier, geht sicherlich einigen durch den Kopf. Im Startblock zwei starten zu dürfen, ist für ambitionierte Biker eine Art Ritterschlag, und entsprechend eifersüchtig reagieren manche, wenn dieses hart erkämpfte Privileg plötzlich einigen möglicherweise deutlich schwächeren Frauen zugestanden wird. So ist das eben: Hier vorne geht es schließlich nicht um den olympischen Gedanken, sondern darum, möglichst ein paar Minuten schneller zu sein als im vergangenen Jahr. Dabei finde ich die Idee der Veranstalter durchaus intelligent: Ich mag das Gedrängel in der Startphase nicht und fahre deshalb auf den ersten Kilometern sehr defensiv. Sonst falle ich damit in Regionen des Fahrerfeldes zurück, in die ich leistungsmäßig nicht hingehöre. Ich muss mich dann erst wieder mühsam nach vorne kämpfen, werde durch die langsameren und technisch schlechteren Fahrer behindert und manchmal sogar gefährdet. Vielleicht geht es anderen Frauen auch so. Also schon schlau, uns da vorne zu platzieren.
    Im Kopf gehe ich zum x-ten Mal die Vorbereitung durch. Mir fehlen natürlich ein paar Trainingseinheiten über den
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