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Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Titel: Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume
Autoren: Jennifer Benkau
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gleichermaßen im positiven, wie auch im negativen Sinne in den Wahnsinn trieb. Er genoss es, sie derart scheu zu berühren. Behutsam, um keine Wunde aufzureißen, die noch nicht vollständig verheilt war. Es würde Zeit brauchen. Gleichzeitig machte es ihn verrückt, denn er wollte nicht glauben, sie sei zerbrechlich. Sie sollte stark sein, und er wollte sie hart nehmen.In sie stoßen, bis sie seinen Namen schrie, gleichermaßen aus Schmerz wie Lust seine Haut zerkratzte und nach ihm schlug. Er wollte seine Finger in ihr Fleisch drücken, auf dass die Male jedem anderen unmissverständlich klar machten, dass sie ihm gehörte, so wie er ihr. Und dass er nicht fackelte, sein Eigentum zu zeichnen und zu verteidigen.
    Er wollte sehen, dass sie stark war. Dass er stark war. Stark, denn anderenfalls würden sie untergehen. So schön diese Zeit war, er wusste zu gut, dass sie ein Ende finden würde. Vielleicht schon bald. In jedem Fall zu bald.
    Er hatte den Paymon getötet und das Blut seines Bruders erkannt. Der Luzifer würde den Bruch des unausgesprochenen Schwurs nicht hinnehmen. Manchmal war Nicholas, als spüre er seinen Atem schon im Nacken. Dass der Fürst ihn finden und bestrafen würde, war lediglich eine Frage der Zeit. Er konnte nur hoffen, dass es nicht zu Joanas Zeit geschehen musste.
    23:19. Und sie lag weinend an seiner Brust und rieb ihm mit dem Geschmack ihrer Tränen seine eigene widerliche Schwäche unter die Nase, ohne es zu wollen.
    Er bat sie, ihm endlich von ihren Träumen zu erzählen. Und sie erzählte.
    Ihre Träume handelten nicht von den Anschlägen auf ihr Leben. Nein. Nicht von der Folter, der sie ausgesetzt gewesen war und nicht von der Angst, gejagt zu werden, ob von Clerica oder Dämonen.
    Sie handelten vom Tod ihres Vaters. Von der Karsthöhle, in der er begraben worden war, als der besessene Körper seines Freundes einen Dämon befreit hatte.
    Nicholas kannte diesen Traum. Er hatte es längst vergessen, doch mit jedem ihrer Worte wurden die Erinnerungen klarer, die Bilder schärfer und die Stimmen lauter. Er fühlte sich selbst wieder im Schattenleib unter der Gefangenschaft der herabgestürzten Steine keuchen. Wie lange hatte er dort verharren müssen? Tage, Wochen oder Monate? Er wusste es nicht mehr, für den Schatten hatte Zeit eine andere Bedeutung. Doch er erinnerte sich wieder an die letzten Worte, die der Mann gesagt hatte:
    „Ich werde nicht eher ruhen, bis mein Tod gerächt ist, Dämonenpack!“
    Ihr Vater. Den Nicholas getötet hatte. Und dessen Geist nun seine eigene Tochter heimsuchte. Die er wiederum liebte.
    Ironie? Aber von der bittersten Sorte.
    „Noch einen!“, verlangte Nicholas, ohne aufzusehen. Der Barkeeper gab ein langgezogenes Seufzen von sich und kippte sein Glas ein weiteres Mal voll. Ungehalten vor sich hin murmelnd wandte er sich wieder ab und verschwand hinter einem speckigen Vorhang im Hinterzimmer.
    Wie sollte er ihr je wieder unter die Augen treten? Wie sollte er ihr sein düsteres Wissen vorenthalten? Wie konnte er nur darauf hoffen, dass sie die Wahrheit vielleicht akzeptieren würde?
    Er hatte diesmal nicht ihrem Kumpel ein paar Gefühle genommen. Er hatte ihren Vater getötet. Menschen hingen üblicherweise an ihren Erzeugern. Getötet. Ihren Vater. Er war für ihre Alpträume verantwortlich, er selbst war ihr Alptraum.
    Nicholas fluchte auf das Schicksal mit seinem morbiden Humor.
    Er war bei ihr geblieben, bis sie wieder schlief. Dann hatte er es nicht mehr ausgehalten. Sein Inneres hatte randaliert, als wollte es seine Eingeweide in Stücke reißen. Statt jedoch nach draußen zu gehen und der Menschlichkeit mit all ihren Schwächen für eine Weile im Wind zu entfliehen, war er in die Hotelbar gegangen. Er konnte nicht flüchten, nicht einmal mehr wenige Minuten lang. Sein entfesselter Schatten könnte andere anlocken. Clerica oder Dämonen würden ihn spüren. Seine ganz persönliche Lieblingstodsünde, die achte – levitas, der Leichtsinn – würde im schlimmsten Falle nicht mehr nur ihn teuer zu stehen kommen, sondern vor allem Joana.
    Sich zu betrinken war nicht halb so berauschend wie ein Flug durch die Nacht. Nicht annähernd so tröstend und schon gar nicht befreiend. Aber es war sicherer.
    „Mein Honey“, seufzte der Engländer neben ihm. „Wie konnte sie nur! Sie fehlt mir so.“
    „Ja ja, nicht mehr lange, Heulsuse“, knurrte Nicholas. Er legte dem Mann eine Hand auf den Unterarm und die andere in den Nacken. Er brauchte kaum
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