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Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Titel: Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume
Autoren: Jennifer Benkau
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gefangen. Aber in welchem? Sie versuchte sich aufzurappeln, sie musste sie erreichen.
    „Was machen wir mit ihr?“, fragte einer der Männer. Er wich vor ihr zurück, als hätte sie die Pest. „Wir können sie kaum mitnehmen, nachher randaliert sie im Wagen.“
    „Die Reiniger werden sich darum kümmern und sie vor den Rat bringen“, gab der Hüne ungerührt zurück. Kopfschüttelnd blickte er auf Joana nieder, als wollte er nun geradewegs auf sie spucken.
    „Ich will es nicht glauben.“ Agnes blinzelte heftig und rieb sich mit fahrigen Bewegungen den Nasenrücken und die Stirn. „Wie habe ich mich so in dir täuschen können? Dein Leben lang habe ich dich vor diesen Mächten geschützt. Und wie dankst du es mir? Indem du ihre Vasallin wirst und uns verrätst. Uns herlockst, wo sie auf uns warten. Aber wir waren stärker, Joana. Damit haben diese Monster nicht gerechnet.“
    Ein plötzlicher Weinkrampf schüttelte Joana und nahm ihr die Worte.
    Agnes lächelte bitter, aber auch in ihren Augen glitzerten jetzt Tränen. „Ich habe deinen Verrat in meinem Traum gesehen, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Der Keim der Dunkelheit war bereits in dein Herz gepflanzt. Auch Arnd hat es in dir gesehen. Wir haben ihm nicht geglaubt, sondern deiner Lüge. Du hast uns ausspioniert für diese Ungeheuer.“
    „Nein, Tante Agnes, so war es nicht“, schluchzte Joana. „Begreif doch … ich liebe ihn.“
    Agnes sog scharf Luft ein, als hätte Joana ihr ins Gesicht geschlagen. „Du kannst dem Rat alles erklären“, sagte sie kalt und erhob sich. „Die Reiniger werden in einer guten Stunde hier sein, überlege dir eine gute Ausrede. Ich will nichts mehr von dir hören. Für mich bist du gestorben. Und mit dir das Erbe meines Bruders und der letzte Teil von ihm. Ich hätte es wissen müssen. Du bist eben doch nur die dunkle Brut deiner Mutter. Aber das Gute gewinnt immer, Joana. Wer sich den bösen Mächten anschließt, hat es nicht anders verdient.“ Sie drehte auf dem Absatz herum und eilte zur Tür. „Kommt!“, wies sie ihre Männer scharf an.
    „Agnes, das kannst du nicht machen!“, rief Joana, doch sie wurde ignoriert. Starr vor Entsetzen konnte sie nur zuschauen, wie die Clerica den Raum verließen und die Tür hinter sich schlossen.
    Sie blieb allein zurück. Leere füllte die Mauern aus, wog schwerer als Blei und drohte, sie zu erdrücken.
    Joana kämpfte sich auf die Füße und lehnte das Gesicht gegen Nicholas’ Brust. Er wurde bereits kalt, sein Gesicht wächsern. Die Angst lag noch in seinen Zügen. Was die Reiniger mit seinem Körper anstellen würden, wollte sie nicht wissen.
    Für den Mut, mit dem er sie verteidigt hatte, war er eingesperrt worden. Die Vorstellung war unerträglich. Ihn einzusperren war, als sperrte man die vier Elemente ein, aus denen er geschaffen worden war. Als wollte man Sturm in einer Phiole bannen. Sein freiheitsliebender, leidenschaftlicher Geist in enger Dunkelheit verborgen, wo das Nichts an ihm fressen würde. Unerträglich.
    Gott allein wusste, wie lange er so verharren musste und ob von ihm etwas übrig bleiben würde. Interessierte sich Gott für das Schicksal eines Dämons? Er musste einfach. Und sie musste Nicholas finden, auch wenn sie nicht wusste, wo sie zu suchen beginnen sollte.
    Ihre Eingeweide standen in Flammen. Er hatte solche Angst davor gehabt. Viel mehr noch, als vor dem Sterben.
    Plötzliche Klaustrophobie packte nach ihr und schüttelte sie. Der leere Körper machte ihr Angst, die anderen noch viel mehr. Sie stolperte durch den Raum, fiel fast über irgendeine Leiche und schmiss sich schreiend gegen die Tür. Sie war verschlossen und blieb es auch. Joana trat gegen das Metall, warf sich mit der Schulter dagegen und hämmerte mit den Fäusten an die Wände, bis ihre Fingerknöchel bluteten.
    Irgendwann, unbestimmte Zeit später, gaben ihre Kräfte nach. Sie sank in der hintersten Ecke des Raumes auf den Boden, schlang die Arme um ihre angezogenen Beine und wiegte sich in monotonen Bewegungen vor und zurück. Wie tot heftete ihr Blick auf der bloßen Wand. Da war ein winziger Riss im Beton, kaum so lang wie ein Finger und hauchdünn wie ein Haar. An ihm hielt sie fest, weil sie in diesem Grab keinen anderen Anblick ertrug. Tränen kamen keine mehr. Vielleicht war sie auch längst leer, ihr Geist in einer Flasche eingesperrt, oder einfach gestorben. Ihr Körper hatte es nur noch nicht gemerkt. Er schien nicht mal die Kraft für einen Asthmaanfall übrig zu
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