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Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume

Titel: Nybbas Träume - Benkau, J: Nybbas Träume
Autoren: Jennifer Benkau
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haben, der vielleicht zu einer erlösenden Ohnmacht geführt hätte. Joana hielt an den Schmerzen fest, weil ansonsten nichts zurückgeblieben war.

30
    E
in plötzlicher Kälteschauer weckte Joana aus ihrer Agonie. Als die Tür wenig später geöffnet wurde, musste sie erkennen, dass sie neben dem Schmerz durchaus noch Angst empfinden konnte.
    Doch es war keine Gruppe von Reinigern, die den Raum betraten, sondern der dunkelhaarige Clerica, der bei Agnes gewesen war. Der Verletzte. Er kam langsam näher, die leeren Hände zu beiden Seiten ausgestreckt, wie zum Zeichen, dass er unbewaffnet war. Joana kniff die Lippen zusammen und umklammerte ihre Knie mit den Armen. War sein Gesicht eben auch schon so übel zugerichtet gewesen? Sein Hemd war an der Seite völlig zerrissen, darunter klaffte eine große Wunde in seiner Seite.
    „Was willst du von mir?“, wisperte sie. Ihre Stimme war rau und brüchig. „Hau ab!“
    „Ganz ruhig“, sagte er leise. „Ich habe etwas für dich, aber bekomm keinen Schreck, okay? Dir passiert nichts.“
    Unwillkürlich huschte ihr Blick zu den Taschen seiner Hose. Nein, da konnte keines der Tongefäße sein. Er griff dennoch hinein und zog einen kleinen Schlüssel heraus. Joana presste sich eine Faust vor den Mund. Der Schlüssel. Wie konnte dieser Mistkerl ihr jetzt den Schlüssel bringen, da es zu spät war?
    Er wies, wie um Erlaubnis bittend, in Nicholas’ Richtung. Joana kämpfte sich auf die Füße. Der Mann hatte Nicholas vor ihr erreicht und machte sich an den Fesseln zu schaffen. Er musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um das Schloss zu erreichen. Es gelang ihm zunächst nicht, es zu öffnen, wohl weil so großes Gewicht auf dem Metall lastete. Zwischen zusammengebissenen Zähnen murmelte er heftige Flüche. Doch dann sprangen die Handschellen mit einem Klicken auf. Joana versuchte, Nicholas’ Körper zu halten, sodass er nicht wie weggeworfen zu Boden fiel, aber sie wurde von seinem Gewicht mitgerissen. Sein Kopf schlug auf dem PVC auf. Der Clerica zog zischend Luft durch die Zähne. Er griff nach Joanas Arm und zog sie langsam aber unnachgiebig ein Stück zurück.
    „Lass mich los!“ Sie wollte schreien, aber es kam nur noch ein Wimmern. „Warum tust du das?“
    „Ich dachte, du brauchst ihn vielleicht noch.“
    Joanas Augen schossen ungläubig von dem Mann zu dem leeren Körper am Boden und wieder zurück. Der Clerica zog einen Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln hoch. Oh bitte, flehte Joana in Gedanken, bitte keine quälenden Hoffnungen mehr. Doch dieses Lächeln …
    Der Mann ließ sie los und krachte im gleichen Moment zu Boden. Joanas Herz legte eine ausgiebige Kunstpause ein.
    Der Schatten schien so schwach, dass sie ihn gerade noch erkannte. Sie fühlte seine Präsenz nur durch einen Hauch von kühlem Kribbeln in ihren Muskeln. Aber er war da. Er war kaum dunkler als die Luft und nur an der schlierigen Bewegung knapp über dem Boden auszumachen. Doch er kämpfte sich voran und schlängelte sich zaghaft zwischen einem Lederschuh und der schwarzen Jeans an Nicholas’ Haut.
    Und dann durchlief ein Hauch von Zittern den ganzen Körper.
    Joanas nächster Herzschlag jagte einen Stromstoß durch ihren Körper, der sie auf die Knie warf. Sein Brustkorb bebte. Es folgte ein krampfhafter Atemzug.
    „Nicholas?“, wisperte sie und streckte vorsichtig die Hand nach ihm aus. Konnte es wahr sein?
    Er stöhnte. Sie rutschte an ihn heran, berührte zaghaft seine Wange. Noch wagte sie nicht zu glauben, dass er es tatsächlich war. Er fühlte sich kalt an. Seine grotesk angeschwollenen Hände zuckten in ihre Richtung. Sie waren durch das von den Fesseln abgedrückte Blut dunkelblau und knapp oberhalb der Gelenke bis auf die Knochen aufgeschürft. In sein Gesicht schlich sich langsam Bewegung, wenn auch noch keine Farbe. Aber sein Mund und seine Lider zuckten.
    „Nicholas?“
    „Ich bin’s“, brachte er hervor, kaum mehr als ein Flattern seiner Lippen.
    Joana entrang sich ein Laut, irgendwo zwischen einem Schrei, einem Schluchzen und euphorischem Jubel. Sie zerrte mit aller Kraft seine Schultern auf ihre Oberschenkel und seinen Kopf an ihre Brust. Er ächzte unterdrückt. Wohl war sie viel zu grob mit seinem geschundenen Körper, doch das war ihr egal. Ihm offenbar auch, denn sein Keuchen bekam die Melodie eines schwachen Lachens.
    „Z-z-zur Hölle, d-das ist immer so k-kalt“, bibberte er. Er hob unbeholfen eine Hand an, ließ sie jedoch sofort wieder sinken.
    „Das
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