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Nur für Schokolade

Nur für Schokolade

Titel: Nur für Schokolade
Autoren: Jaques Buval
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Dorfdeppen in die Schuhe, weil ihr den 33
    wahren Täter nicht finden könnt.«
    Selbst der Bäuerin glaubt man nicht so recht – ob sie ihn auch wirklich in dieser dunklen Nacht erkannt hat? Die meisten Dorfbewohner glauben, daß sie sich irrt und ein Fremder sie vergewaltigt hat. Als Leszek noch in Polizeigewahrsam ist, werden selbst die Nonnen des nahegelegenen Klosters beim Staatsanwalt vorstellig und bitten: »Laßt ihn frei! Der Lesio (Niedlichkeitsform für Leszek) war immer ein lieber und braver Junge.« Und: »Gebt ihm die Freiheit, er hat bestimmt nichts getan, wir kennen ihn!«
    Diese Freiheit, die so vehement gefordert wird, bekommt Leszek Pekalski mit der Auflage, sich zur Erstellung eines Gutachtens über seinen Geisteszustand in der einzigen Klinik Nordpolens für psychisch gestörte Kriminelle in Gdansk untersuchen zu lassen.
    Die Psychiater des Krankenhauses nehmen sich Zeit für diesen Leszek Pekalski, obwohl ihm »nur« eine Vergewaltigung vorgeworfen wird. Drei volle Monate, von März bis Juni 1991, versucht man, die Hintergründe seiner Tat zu
    analysieren. Ein Gutachten wird erstellt und erst nach vielen Monaten an die Staatsanwaltschaft übersandt. Man war
    »überlastet«, so die spätere, lapidare Erklärung für diese Verzögerung.
    Dieses Gutachten sagt aus, daß sein intellektuelles Niveau im Grenzgebiet zur geistigen Behinderung liege. Im Moment der Vergewaltigung war seine Zurechnungsfähigkeit jedoch nicht eingegrenzt.
    Die Ärzte stellen fest, daß es sich bei ihm nicht um eine primitive Persönlichkeit handelt, vielmehr sei er sehr berechnend. Er könne als äußerst brutal angesehen werden, da er seine Triebe wohl nicht immer zügeln könne. Man glaubt zu erkennen, daß Leszek noch zu weit schwereren Verbrechen fähig ist. Man ist der Überzeugung, daß diese Tat keine Einzeltat war oder bleiben wird und geht davon aus, daß ihm 34
    ein solches Verbrechen jederzeit wieder zuzutrauen wäre.
    Während des Aufenthaltes in der Klinik lernt Leszek eine sehr viel ältere Frau kennen. Renata, die am Down-Syndrom leidet, merkt, daß dieser Mann sehr nett zu ihr ist, und sie verbringt jede freie Minute mit ihm. Er fragt sie immer wieder, ob sie ihn heiraten würde, und das gefällt Renata. Allmählich fällt auch dem Personal das Geplänkel der beiden auf, und sie melden es den Ärzten, die für Leszek zuständig sind. Niemand versteht, wie die beiden zusammenkommen konnten, und doch weiß jeder in der Klinik, daß zwischen der Frauen- und Männerabteilung nicht einmal eine Tür ist. Man legt Leszek nahe, jeden Kontakt mit dieser Frau zu unterlassen, versorgt Renata jedoch mit Antibabypillen.
    Wieder einmal treffen sich die beiden später heimlich in einer größeren Kammer für Reinigungsmittel. Leszek ist am Ziel seiner Wünsche. Daß sie seinen Vorstellungen ohne Widerwillen entgegenkommt, gefällt ihm und er fragt sie:
    »Willst du mich heiraten?«
    Diesmal erhält er auch sofort Antwort. Leszek ist verblüfft, zum erstenmal in seinem Leben vernimmt er: »Ja, sofort!«
    Leszek fühlt sich wie im Himmel, endlich hat er eine Frau gefunden, die ihn heiraten möchte. Endlich, scheint ihm, ist die Zeit der Einsamkeit vorbei. Freudestrahlend vertraut er sich einem Arzt der Klinik an. Immer wieder will er ihm
    klarmachen, wie sich nun sein Leben verändern wird. Doch der Arzt reißt ihn aus allen Träumen. »Leszek. ihre Freundin Renata ist geistig gestört, und deshalb ist es nicht leicht, sie zu heiraten.«
    Da unterbricht ihn Leszek: »Das macht mir nichts aus. Ich will sie und sie mich auch. Also lassen Sie uns heiraten!«
    »Nein, Renata kann nicht heiraten, da muß ihr Vormund einwilligen, und das ist nicht so einfach, wie Sie glauben.«
    Der Arzt verweist Leszek an die Caritas, die ein Büro in der Klinik hat, um zu überprüfen, ob eine solche Ehe möglich ist.

    35
    Im August wird Leszek entlassen und erfährt durch die Caritas, daß eine Hochzeit zwischen ihm und Renata niemals
    genehmigt werden wird und jeglicher Kontakt mit ihr
    unterbunden werden muß. Leszek ist verärgert. Er geht niemals mehr in diese Klinik.
    Die Freundlichkeit seinen Mitmenschen gegenüber indes wird immer ausgeprägter. Er versteht es, mit seiner Höflichkeit gerade ältere Menschen für sich zu gewinnen. Was soll dieser nette und einfältige Mensch anderen auch antun, ist er doch selbst ein so »armes Schwein«. Wie sehr er alle mit seiner Art blendet, sollte sich erst sehr viel später herausstellen.
    So
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