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Nur ein Kuss von dir

Nur ein Kuss von dir

Titel: Nur ein Kuss von dir
Autoren: S. C. Ransom
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seine federleichte Berührung nicht spüren. In meinem ganzen Leben hatte ich mich noch nie so einsam gefühlt wie in der Zeit, als ich das Amulett nicht mehr hatte.
    Als mir Catherine alle meine Erinnerungen gestohlen hatte, um ihrem Leben als Versunkene zu entkommen, war Callum in der Lage gewesen, von diesen Erinnerungen eine Kopie zu machen und mein Leben zu retten, indem er sie mir zurückgab. Und jetzt, mit dem Amulett am Handgelenk, war ich fähig, die Gefühle in den Gedanken der Menschen zu erkennen. Wenn die Leute glücklich waren oder gute Erinnerungen hatten, war ihre Aura gelblich und helle Glücksfunken flatterten über ihren Köpfen wie Glühwürmchen. Zornige Gedanken zeigten sich als rote Wolken, während unglückliche, trübsinnige Menschen einen violetten Nebel um den Kopf hatten. Ich schaute auf eine Gruppe von Reisenden, deren Flug sich verspätet hatte, und sah hauptsächlich rote Wolken über den Erwachsenen und ab und zu gelbe Funken um die Köpfe der Kinder tanzen.
    Irgendetwas bei der Übertragung meiner Erinnerungen zurück in meinen Kopf hatte mir diese Fähigkeit vermittelt, und ich mochte sie. Ich wusste es, wenn meine Freundinnen niedergeschlagen waren und Aufheiterung brauchten oder wenn meine Mutter wegen irgendetwas sauer war. Vielleicht hatte mir das Amulett auch die Fähigkeit verliehen, diese geheimnisvolle Inschrift zu lesen.
    »Außer in der Zeit, als es gestohlen war, habe ich das Amulett immer am Arm getragen und konnte deshalb nicht auf die Innenseite blicken«, überlegte ich. »Doch es kann gut sein, dass ich auch dieses Talent von dir bekommen hab.« In der schwachen Spiegelung des riesigen Glasfensters konnte ich ihn hinter mir erkennen. Er blickte auf die beiden Amuletts an unseren übereinandergelegten Handgelenken. Der eigenartige opalähnliche Stein funkelte im hellen Licht, und die goldenen Flecken blitzten auf, wenn ich ihn bewegte.
    »Ich frage mich, was sich sonst noch alles zeigen wird«, murmelte er. »Welche anderen seltsamen Fähigkeiten wirst du noch an dir entdecken?«
    »Wer weiß?«, meinte ich möglichst locker, denn ich wollte diese Möglichkeiten nicht diskutieren. Nicht mitten im Flughafengebäude und nicht, bevor ich einige Nachforschungen angestellt hatte. »Wegen der Gravur frage ich Josh, er hatte eine Weile Latein an der Schule. Oder ich google sie, wenn ich im Hotel bin.«
    »Guck mal, deine Mutter winkt dir. Ich glaube, ihr sollt jetzt alle zum Ausgang. Willst du jetzt Auf Wiedersehen sagen oder lieber am Flieger?«
    »Wenn du doch nur mitkommen könntest«, brummte ich.
    »Ich weiß. Das klingt so toll. Zwei Wochen nur essen, schlafen und surfen – was willst du mehr?«
    »Dich, du Dummkopf. Dich will ich. Und tu nicht so, als wüsstest du das nicht.«
    »Wenn du zurückkommst, bin ich hier, das verspreche ich.«
    »Ich liebe dich, Callum, mehr als alles in der Welt.«
    »Ich dich auch. Hör mal, deine Mutter kommt her, du gehst jetzt besser. Ich sehe dich ja schon ziemlich bald wieder.« Ich spürte, wie seine Lippen mit der sanftesten aller Berührungen über meinen Hals strichen.
    »Tschüss.« Ich seufzte. »Ich würde dich so gerne umarmen und mich richtig von dir verabschieden.«
    »Mach’s gut, du Schöne. Ich liebe dich.« Seine sanfte Stimme klang noch in meinem Kopf nach, und dann war das Prickeln abrupt weg.
     
    Die Reise zu unserem Lieblingsferienziel verlief ereignislos und dauerte lang, was mir aber Zeit gab, über meinen Plan nachzudenken. Ich wusste, dass ich dafür verantwortlich war, dass einer der Versunkenen, Lucas, seinem elenden Leben entkommen konnte. Ich wusste allerdings immer noch nicht, was mit ihm passiert war. Wenn er, was ich hoffte, irgendwo lebte, würde das bedeuten, dass ich auch Callum retten konnte. Doch wenn ich es ihm ermöglicht hatte zu sterben … Ich musste es herausfinden, um sicher zu sein.
    In den letzten Wochen hatte ich immer wieder das Internet nach Informationen abgesucht, doch ich konnte nichts darüber finden, dass Lucas wie Catherine im Fluss gefunden wurde. Und so blieb mein Plan, mit Callum in der wirklichen Welt vereint zu sein, in der Schwebe. So lange, bis ich wusste, dass er hier in Sicherheit war. Und dann konnte ich auch sicher sein, nie wieder mit Catherine sprechen zu müssen. Sie schien zu wissen, wie man die Versunkenen erlösen konnte, und dachte, ich würde sie brauchen.
    Es tat mir richtig gut zu wissen, dass das nicht der Fall war. Während des restlichen Fluges dachte ich
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