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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer
Autoren: Mary Alice Monroe
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Trassierband markiert, und Lovie höchstpersönlich brachte das orangefarbene Hinweisschild an. Ihr letztes Gelege war fertig.
    Als sie sich wieder aufrichtete, packte sie ein langer Hustenanfall, der ihrem zerbrechlichen Körper so schrecklich zusetzte, dass sie keuchend nach Luft rang. Cara und Brett standen hilflos an ihrer Seite und hielten sie fest.
    Ihre Mutter derart leiden zu sehen, war für Cara schier unerträglich. Sie blickte aufs Meer hinaus, und ihr Herz sandte einen Hilferuf aus, hinaus in die Dünung, wo, das spürte sie einfach, Russell wartete.
Bitte mach, dass sie sich nicht länger quälen muss! Der Sommer ist vorüber. Wenn du sie liebst, dann hol sie zu dir!
    Endlich ließ der Husten nach. Lovie konnte sich kaum noch aufrecht halten. Ihr Atem ging flach, und sie sank gegen Bretts Brust. „Entschuldige … ich glaube, ich schaffe es nicht allein zum Haus zurück!“
    „Ist mir ein Vergnügen, Miss Lovie“, versicherte Brett, und mit elegantem Schwung hob er die alte Dame hoch, als wäre sie ein kleines Kind. „Ach, übrigens, Miss Lovie“, fuhr er fort und lief breit lächelnd los. „Hat Cara Ihnen eigentlich verraten, dass ich sie huckepack durch den Schlick geschleppt habe?“
    Lovies Augen funkelten vor Entzücken. Offenbar bereitete ihr es ein Riesenvergnügen, von einem solch schönen Kavalier auf Händen getragen zu werden. „Nein, hat sie nicht“, erwiderte sie. „Aber Sie werden es mir sicher gleich erzählen.“
    Und das tat Brett dann auch. Bis hinauf zum Strandhaus dauerte sein Bericht. Cara schritt hinter ihm her, den leeren Eimer an der Hand. Das brüchige Lachen ihrer Mutter, das durch die Abendbrise hallte, kam ihr vor wie ein kostbarer Schatz.
    Meeresschildkröten haben nur wenige natürliche Feinde. Gelegentlich werden sie von Haien angegriffen, ihr größter Feind ist jedoch der Mensch. Erschließung und Besiedelung der Küstenregionen und die damit verbundene Erosion der Strände führen zum Verlust von Brutgebieten. Zahlreiche Schildkröten verenden zudem in Fangnetzen oder infolge von Verletzungen durch Schiffsschrauben und im Meer treibenden Unrat.

26. KAPITEL
    N ach dem Sturm strich eine frische Brise über die Isle of Palms. Den ganzen Tag über dröhnten Gehämmer und das Kreischen von Kettensägen durch sämtliche Straßen und Viertel. Die Autos fuhren wieder; Kinderlachen, Vogelgezwitscher und Hundegebell kehrten zurück – Musik in aller Ohren.
    Gegen Abend indes senkte sich Stille über das kleine Eiland. Am Strandhaus flackerten Laternen und Kerzen in der Dämmerung und tauchten es, nach all dem Chaos des Unwetters, in ein heimeliges Licht. Toy war vorübergehend bei Flo untergekommen, deren Obergeschoss die Flut verschont hatte. Alle waren sich einig, dass Mutter und Kind am besten in trockenen Räumlichkeiten schlafen sollten. Brett hatte sich verabschiedet, um seine Boote auf etwaige Beschädigungen zu überprüfen, wollte allerdings am folgenden Morgen mit frischen Nahrungsmitteln zurückkehren. Das süße Mischlingskätzchen, nunmehr der einzige Gast im Strandhaus, lag zusammengerollt auf dem Sitzkissen eines Korbsessels.
    Somit waren Lovie und Cara wieder allein. Stumm saßen sie auf der Veranda in ihren Schaukelstühlen und genossen, wie schon so oft zuvor, den Sonnenuntergang. Worte erübrigten sich. Was sie sich zu sagen hatten, drückten sie aus, indem sie einander bei den Händen hielten.
    Cara schaute ihre Mutter an. Lovie blickte hinaus aufs Meer und zu dem unberührten Stück Strand, das ihr so ans Herz gewachsen war. Cara bemerkte, wie Lovies Augen sich lebhaft bewegten, und sie ahnte, dass die Vergangenheit in Lovies Seele lebendig geworden war und die Gegenwart völlig verblasste. Sie hielt die Hand ihrer Mutter fest umklammert. „Mama, es wird kühl. Möchtest du lieber hineingehen?“
    Lovie schüttelte den Kopf, kaum merklich nur, und drückte ganz sacht Caras Hand. Doch Cara verstand.
    „Dann hole ich dir noch eine Decke. Bin sofort zurück.“
    „Caretta?“ Lovies Stimme glich einem leisen Röcheln.
    „Ja, Mama?“
    „Du bist ein braves Mädchen.“
    Cara kniff die Augen fest zu und atmete tief ein. „Danke, Mama.“
    Sie war nicht lange im Haus, nur so lange, um die Baumwolldecke von Lovies Bett sowie eine Flasche Wasser aus der Küche zu holen und dabei das Radio auszuschalten. Vom Hurrikan hatten sie genug gehört.
    Als Cara wieder auf die Veranda trat, spürte sie instinktiv, dass sich etwas verändert hatte. Sie blieb auf
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