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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer
Autoren: Mary Alice Monroe
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verlassener Außenposten auf der von den Elementen so arg gebeutelten Düne, nichts weiter als ein kleines Dreieck, markiert mit schon etwas windschiefen Holzstäben, durchhängendem orangefarbenem Trassierband und einem Plastikschild. Doch als Cara näher kam, bemerkte sie eine deutliche Vertiefung oben auf der Brutstelle. Sie blinzelte verwirrt, traute fast ihren Augen nicht, und als sie sich tiefer bückte, da gab es keinen Zweifel mehr. Da regte sich etwas!
    Ihr Herz klopfte laut vor Freude, als sie sich wieder aufrichtete. „Mama, sie schlüpfen!“ rief sie, rannte den Sandpfad hinauf und erreichte völlig außer Atem das Haus.
    „Toy!“ schrie sie und riss die Tür auf. „Toy!“
    „Was ist?“ Mit einem Geschirrtuch in der Hand trat Toy aus der Küche, schlank und mädchenhaft in Shorts und T-Shirt, das Haar hinten zu einem Pferdeschwanz gebunden.
    „Es ist kaum zu glauben! Das Gelege! Lovies Nest! Die Jungen krabbeln raus!“
    Mit einem schrillen Jauchzer drehte sich Toy im Kreis.
    „Ich rufe Flo an! Nein, warte! Brett!“ verkündete Cara.
    „Telefoniere du mit Brett! Ich renne derweil zu Flo. Geht schneller.“
    Mit vor Aufregung zitternden Fingern wählte Cara Bretts Nummer. „Komm schnell rüber! Die Jungen verlassen das Nest!“
    „Tatsächlich? Na, vielleicht kann man dann mildernde Umstände geltend machen, und wir müssen nicht ins Gefängnis!“
    „Sehr witzig! Los, setz dich in Bewegung!“
    Sie legte auf und wollte gerade zum Strand zurückeilen, als ihre innere Stimme sie aufforderte, Palmer zu benachrichtigen. Lovie hatte gesagt, er brauche das Strandhaus. Außerdem wäre es ein weiterer Schritt aufeinander zu. Sie nahm den Hörer wieder ab und rief ihren Bruder an, der auch tatsächlich da war. „Palmer!“ rief sie. „Die Jungen in Mamas Nest schlüpfen gerade!“
    Palmer schwieg erst einmal vor lauter Verblüffung.
    „Bruderherz! Es ist Mamas letztes Gelege! Das sie persönlich gerettet hat! Das will Linnea doch sicherlich sehen! Und Cooper auch! Und vor allem solltest
du
es dir anschauen! Kommst du?“
    „Ja, natürlich! Menschenskinder!“
    Cara spürte, wie sie übers ganze Gesicht strahlte. „Prima! Dann mach dich auf die Socken! Die Dingerchen warten nicht auf dich!“
    Der Mond stand hoch am Himmel. Es war Ebbe, und nasse Streifen am Strand zeigten in Wellenlinien an, bis wohin die Flut das Wasser gespült hatte. Auf den Dünen wiegten sich die goldenen Rispen des Strandhafers in der Brise. Alles hatte sich um die kleine, sich ständig erweiternde Öffnung des Geleges geschart: Cara, Brett, Toy und ihr Baby, Flo, Miranda, Palmer, Julia und die beiden Kinder. In atemloser Spannung beobachteten sie, wie die Sandoberfläche rund um das Loch immer weiter in sich zusammensackte. Der winzige Paddelfuß einer Schildkröte erschien, dann ein Kopf. Der Winzling wand sich zappelnd aus der Sandmasse heraus und flitzte sofort in Richtung Meer.
    „Soll das alles sein?“ Cooper war sichtlich enttäuscht.
    „Das ist erst der Späher“, belehrte ihn seine Schwester altklug. „Und nun sei still!“
    Cara und Brett schauten sich amüsiert an.
    Nur Sekunden später schien sich der Hügel zu wölben, als schiebe eine unsichtbare Kraft von unten nach. Dann spritzten kleine Sandfontänen hoch, und über achtzig Jungschildkröten krabbelten aus ihrer Grube, eine wirbelnde, zappelnde, übereinander purzelnde Masse.
    Das sich auf der Meeresoberfläche spiegelnde Mondlicht und die phosphoreszierenden Gischtkronen der Wellen wiesen den Kleinen den Weg zum Wasser. Wie wahnsinnig wackelten sie los, rannten und fielen den Abhang hinunter, strebten dann fächerförmig auseinander und der See entgegen. Nichts konnte sie aufhalten. Sie überwanden Sträucher und Büsche, liefen um Felsen und Rinnen und durchschwammen lange, schmale Tümpel, von der Flut zurückgelassen. Der ganze silbrig glänzende Strandabschnitt wimmelte nur so von winzigen Meeresschildkröten.
    Cara blieb am Rand des Nests hocken, um die Tierchen zu zählen, während die anderen sie auf dem Marsch zum Meer begleiteten, um sie vor Gefahren zu beschützen. Als einigermaßen sicher schien, dass auch der letzte Schützling im Wasser war, erhob sich Cara, schlang die Arme um die Brust und ließ den Blick über den Strand schweifen.
    Toy schritt behutsam neben einem der Winzlinge her und hielt Little Lovie sicher im Arm. Nicht viel weiter weg wanderten Flo und Miranda, Arm in Arm, und wachten über einige Jungtiere, die ein wenig zu
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