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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit
Autoren: Colin Forbes
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Kongreßausschuß durchleuchtet und damit unbrauchbar gemacht worden war. Offiziell hieß es, er sei mit politischen Fragen beschäftigt - ›dem unbestimmtesten Begriff des Wörterbuchs‹, wie er einmal bemerkte; in Wahrheit befaßte er sich mit Gegenspionage auf höchster Ebene. Und da er sich bemühte, in der Hauptstadt möglichst wenig in Erscheinung zu treten, war sich die Presse seiner Existenz kaum bewußt. Am Nachmittag des Tages nach dem Ausbruch Lasalles über den Sender Europa Nummer Eins saß er in seinem Apartment und las eine Übersetzung der Sendung. Mit ihm am Tisch saßen zwei Männer, die soeben aus Washington nach New York geflogen waren.
     »So wie die Dinge liegen«, bemerkte Nash, »jagt es mir kalte Schauer über den Rücken, daß Florian um ein Haar ermordet worden wäre. Wenn Frankreich gerade in diesem Augenblick in ein Chaos gestürzt würde, dann weiß nur Gott allein, wie die Sowjetunion versuchen könnte, sich die Situation zunutze zu machen. Wir müssen herausfinden, wer hinter diesem Attentatsversuch stand …«
     Andrew MacLeish, Nashs offizieller Vorgesetzter, ein dünner, streng aussehender Fünfziger, unterbrach ihn gereizt. Er haßte New York und buchte jede dort verbrachte Minute als für sein Leben verloren ab.
    »Sie glauben, daß dieser Strohkopf Lasalle weiß, wovon er redet? Für mich steht fest, daß er Florian bis aufs Messer reizen will und daß es ihm einfach nur Spaß macht, nach Belieben zu stänkern. Nach meiner Zählung ist dies die zehnte Anti-Florian-Sendung in sechs Monaten …«
     »Die zehnte«, bestätigte Nash. »Übrigens habe ich seine Einladung angenommen, mich mit ihm zu treffen.«
     »Welche Einladung?« wollte MacLeish wissen.
    »Ich höre jetzt zum erstenmal, daß Sie mit diesem Psychopathen Kontakte gehabt haben…«
    »Selbst Psychopathen wissen gelegentlich das eine oder andere«, bemerkte Nash.
    »Oberst Lasalle hat sich heute vormittag - unserer Zeit - über die Brüsseler Botschaft an mich gewandt. Er sagte, er habe einige höchst wichtige Informationen über das, was wirklich in Paris vorgeht, daß er aber nur mit einem Regierungsvertreter aus Washington sprechen werde - unter vier Augen. Und wir müßten über diese Angelegenheit strikt schweigen …«
    »Ich glaube nicht, daß wir uns mit exilierten Psychopathen einlassen sollten«, wiederholte MacLeish. Er sah aus dem Fenster; durch das Stahlskelett eines neuen Wolkenkratzers konnte er noch einen Teil der Triborough Bridge erkennen. Sie diskutierten noch über eine Stunde über das geplante Treffen, aber am Ende setzte Nash sich durch. In seinen Augen war es Washington, das anfing, psychopathische Züge zu zeigen; da das Militär und der überwiegende Teil der Administration gegen den Rückzug der amerikanischen Truppen aus Europa waren, den der Kongreß ihnen aufgezwungen hatte, wurde es nur noch wichtiger zu wissen, was wirklich in Europa vorging, und die Ex-Alliierten der USA vor möglichen gefährlichen Entwicklungen zu warnen, die sie aufdecken könnten. Am folgenden Tag flog Nash nach Europa, um den Mann zu treffen, den Guy Florian ruiniert hatte.
     Oberst René Baptiste Lasalle, ehemaliger stellvertretender Leiter der militärischen Gegenspionage Frankreichs, war von Guy Florian vor kurzem als ›erloschener Vulkan‹ bezeichnet worden, aber für einen Mann, dessen Karriere abrupt beendet worden war, als es fast gewiß zu sein schien, daß man ihn zum General befördern würde, blieb der Vulkan noch bemerkenswert aktiv. Das Grollen des Obersten Lasalle war in Paris ganz gewiß deutlich zu vernehmen.
     Sechs Monate bevor Lucie Devaud versuchte, Guy Florian in der Rue du Faubourg St. Honoré zu ermorden, hatte Lasalle einen heftigen Streit mit dem Präsidenten gehabt und über Nacht aus Frankreich fliehen müssen; es ging das Gerücht um, man habe ihn wegen Beteiligung an einer gegen den Präsidenten gerichteten Verschwörung verhaften wollen. Lasalle flüchtete mit seinem eigenen Wagen. Um vier Uhr morgens durchbrach er einen Grenzkontrollposten östlich von Metz und bat in der Bundesrepublik um politisches Asyl. Vom ersten Augenblick seiner Ankunft in der Bundesrepublik an begann er mit dem Organisieren einer Gerüchtekampagne, um den Mann zu diskreditieren, der ihn ruiniert hatte. Als Instrument wählte er Europa Nummer Eins, die unabhängige Rundfunkstation, die vom Saarland aus sendet.
     Zu dem Zeitpunkt, als David Nash aus New York abflog, um sich heimlich mit ihm zu
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