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Nr. 13: Thriller (German Edition)

Nr. 13: Thriller (German Edition)

Titel: Nr. 13: Thriller (German Edition)
Autoren: Laura Wulff
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lächelnd wie immer. Soweit Tom Krohne wusste, hatte Hader keine Familie. Wer mochte wissen, was er in der letzten Nacht getrieben hatte, um so schnell vor Ort zu sein. Nur wenige wussten etwas über die 2. Leidenschaft des Pathologen, die mit dem Zupfen dicker Basssaiten zu tun hatte. Hader spielte abends und nachts in den kleineren Jazzclubs der Metropolregion in verschiedenen Bands. Es gab manche, die behaupteten, noch nie jemanden erlebt zu haben, der seinen Kontrabass mit so viel Zärtlichkeit bearbeitete, und Tom Krohne erlaubte dieses Gerücht, Rückschlüsse darauf zu ziehen, wie Benno Hader mit den Toten umging. Ihm lag eine Frage auf der Zunge, aber nur, weil ihm sonst nichts anderes einfiel.
    Benno Hader kam ihm zuvor. »Ihr wollt wissen, wann ich anfange, ihn zu zerlegen?«
    »Wenn du das so nennen willst.«
    Hader lächelte und unterdrückte ein Gähnen. »Nun, du ahnst es sicher. Ich bin unausgeschlafen und habe noch nichts im Bauch.«
    »Sehen wir aus, als ginge es uns besser?«, fragte Hanna müde. Der Pathologe legte den Kopf schief und blinzelte die Kommissarin an. »Wenn ich es mir recht überlege, hast du noch nie satt und zufrieden ausgesehen.«
    »Such dir aus, ob das ein Kompliment ist, oder eine Unverschämtheit«, murmelte Krohne in ihre Richtung, und diesmal erntete er völlig unerwartet ein angedeutetes Lächeln. Diese Frau sollte öfter lächeln, dachte er.
    »Ich werde jetzt jedenfalls nicht wie ein gieriger Hund auf die Ankunft dieser Leiche warten, auch wenn ich mich wahrlich so fühle.«
    »Wie ein gieriger Hund?«, fragte Hanna.
    »Ganz genau. Und deswegen werde ich meine Gier verlagern auf etwas Leibliches. Ihr wisst ja, wo es in der Stadt die besten Croissants gibt. Danach steht mir jetzt der Sinn, und dieser arme Kerl hier …« Er deutete auf die Leiche, die in diesem Moment behutsam von dem T-Träger gelöst wurde. »… kann warten. Ihr könnt mich gerne begleiten.«
    Tom Krohne sah sich plötzlich zusammen mit Hanna und dem Pathologen an einem der winzigen, eng gestellten Tischchen draußen unter den Jugendstil-Arkaden am Friedrichsplatz sitzen. An seinem Knie Hannas Sommerstrumpfhose. Die Steine am Wasserturm veränderten im höher steigenden Sonnenlicht ihre Farbe. Ja, es war das am meisten fotografierte Motiv in Mannheim, plakatives Cover für nahezu jeden Regionalkrimi, aber es war nun mal einfach der schönste Platz in dieser Stadt, die doch so gerne eine Metropole gewesen wäre. Gut, der Verkehr rings um den Ring konnte einem schon das Gefühl geben, dass in Mannheim ein paar Hunderttausend mehr lebten. Dazu kam aber gleichzeitig die Illusion, am Montmartre zu sitzen, wenn die Bedienung aus dem schummrigen Herz des Cafés Körbe mit Croissants und Tassen voll zitterndem Milchschaum trug. Er sah sich dort sitzen zwischen seinen beiden Kollegen, in diesem geschäftigen Krach und stellte sich vor, dass Benno ihnen etwas über seine Nachtmusik preisgeben würde.
    Die Leiche von Sven Borke sank auf die Bahre, und Tom vertrieb das schöne Bild.
    Dr. Hades zerbiss sein Bonbon. Damit tippte er sich an den Hut, wandte sich um und verschwand zwischen den Foliengespenstern. Immer mehr weiß gekleidete Männer wuselten nun durch den Raum. Die Zwerge tanzen um Schneewittchen herum, dachte Tom, als er das grellrote Etwas in der Mitte ein letztes Mal ansah.
    »Ich will jetzt auch frühstücken«, verkündete Hanna Mantolf, als sie wieder im Freien standen und legte kurz ihre Hand auf Krohnes Rücken. Durch den Stoff spürte er, dass sie schweißnass war.
    Krohne schöpfte schon Hoffnung, dass sie tatsächlich zu dritt in die Innenstadt fahren würden, aber die Hauptkommissarin steuerte den Kiosk auf der anderen Straßenseite an. Sie klopfte sich den Staub von ihrem grauen Wildseidekostüm und schien gar nicht zu bemerken, dass sie auf eine Wand aus zusammengekniffenen Augen und reglos erschlafften Mündern vor »Wolle’s Wurstparadies« zusteuerte.
    ***
    Hanna Mantolf wusste, dass es nicht unbedingt zu ihrer Vintage-Bluse, Pumps und roten Fingernägeln passte, dass sie das Frikadellenbrötchen mit ihren Zähnen niedermachte, als wäre es ihr eigener Schrecken über das eben Gesehene. Sie spürte die neugierigen, irritierten Blicke von den Stehtischen ringsum.
    Eben wurde ein grauer Sarg aus dem Leichenwagen gehoben und in die Lagerhalle getragen, doch Hanna wusste, dass er weitgehend ignoriert wurde. Die Männer lauerten hinter ihren Papptellern und Bierdosen wie Schüler, die
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