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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond
Autoren: L Heyden
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ihn G e danken machten. Das galt aber nicht für Andrej und Sam, und bei Pierre und Oliver war er auch nicht s i cher. Wenn sie wüssten. Besser nicht. Niemals.
    Er war es ohnehin gewohnt, seine Probleme allein zu lösen.
    Der lange Schlaf des Arkanums, die Zeit des Wandels und Träumens, Gehei m nis ihrer ewigen Existenz. Noch gelang es ihm, es zu bändigen und hinter einem Schutzwall aus Willen, Macht und Erfahrung einzusperren. Aber der Wall br ö ckelte, und jede Anspannung, jeder Konflikt und auch jede Ve r suchung fügte einen Riss hinzu, den er nur dadurch kitten konnte , dass er trank, das Trinken mit noch mehr Durst bezahlte und immer mehr Blut benötigte. Womit er zu einer unmittelbaren Gefahr für die Gemeinschaft wurde .
    Es lag viele Jahre zurück , dass er sich dem Arkanum zuletzt ergeben mus s te. Der Schlaf selbst bedeutete Erholung und Erneuerung , doch d er Gedanke, sich wochenlang zurückzuziehen, versetzte ihn in Panik, denn er spü r te, wusste, dass der Rückzug jetzt, zu diesem Zeitpunkt , falsch wäre . E ine Ahnung riet ihm, zu war ten, und er fragte sich, war um. Norma lerweise konnte er seinen Vo ra h nungen trauen, aber was war schon normal in seinem Z u stand?
    Die Gemeinschaft brauchte ihn, genauso, wie er sie brauchte. W ar es das? Und stimmte es überhaupt? Die nagenden Zweifel an seinen Fähigkeiten, die G emei n schaft zu führen, waren neu, hatte n sich heimlich in sein Denken geschl ichen und hielten ihn unbarmherzig fest. Der Einfluss des Arkanums, b e ruhigte er sich. Und doch war er besorgt wie nie zuvor. Er war nicht der Richtige für diese Aufgabe, nicht meh r, war es vielleicht nie gewesen. Er sollte alles hinwerfen und einen neuen Anfang suchen wie Aaron. Sich einfach aus allem heraushalten wie Pierre. Sich nur noch seiner privaten Rache widmen wie Damian, als hätte er selbst nicht auch allen Grund dazu. Ode r nur noch das Vergnügen suchen wie Max oder Oliver, jeder auf seine Weise. Aber er konnte nichts von alledem, hatte es noch nie gekonnt. Der wütende Neid, der sich unmittelbar und heftig in ihm erhob, erschreckte und beschämte ihn. Die Gemeinschaft war Fluch und Rettung z u gleich und i m mer schon sein Ankerplatz gewesen. In der Leere der Ewigkeit. Den Feuern des Zorns. Und als sein Kummer ihn zu zerbrechen drohte. Dabei ging es der G e meinschaft so gut wie nie zuvor. Für die Menschen war ihre Art nur noc h eine Erinnerung, ein Mythos. Sie nahmen unerkannt und erfolgreich am öffentl i chen Leben teil. Die Nacht-Patrouille machte lukrati ve Gewinne, die Clubs w a ren äußerst er folgreich, und das Hotel Aeternitas stä ndig au s gebucht.
    Doch es hatte auch andere Zeiten gege ben. Zeiten der Angst, in denen sich ständig neue Tore öffneten und Dämonen herausströmten, um Einfluss auf die Me n schen zu nehmen. Als sie sich vor der Morgendämmerung versammelten, Siege und Niederlagen zählten und in der nächsten Nacht weite r machten, obwohl ihre Zahl immer geringer wurde . Schon damals akzeptierte Julian, ein Symbol der Stärke und Entschlossenheit zu sein. Der Preis dafür war hoch, Einsamkeit nicht leicht zu ertragen. Aber Ideale waren kostbar , gerade in der Düsternis bitt e rer Zeiten, und damals hatte er sich trotz aller Gefahren furchtlos und stark g e fühlt. Überhaupt, alles war leichter, als Sebastian noch lebte und sein Stellvertreter war . Der Einzige, den er bedingungslos teilh a ben ließ, dem er e r laubte, ihn im Fluss der Zeit durch die Stromschnellen seiner Gedanken zum sicheren Ufer zu lotsen.
    Was Sebastian wohl dazu gesagt hätte? Vielleicht hätte er gelacht und vorg e schlagen, vor der nächsten Stromschnelle gemeinsam ins Wasser zu pinkeln, weil das Glück bringe. Oder er hätte ihm einen verdammten Arschtritt verpasst. Julian schloss die Augen. Er vermisste ihn noch immer. Jeden ve r dammten Tag. Seine Gedanken verloren sich in einem Irrgarten aus Trauer und Reue. Er wusste, er trug S chuld an Sebastians Tod, auch wenn Sebastian selbst ihn ermutigt hatte , diese eine Patrouille auszulassen. Aber letztendlich war es seine Entsche i dung gewesen, die Nacht mit einer Frau zu vertändeln und ihn im Stich zu lassen. In der Nacht des großen Durchbruchs, die alles verändert e .
    Julian nahm den Blick vom Schreibtisch und lehnte sich zurück. Er musste die Vergangenheit endlich ruhen lassen, sonst würde er zusammen mit seinem ve r fluchten Selbstmitleid in den Gully fließen. Selbstmitleid brachte ihn nicht weiter. Entscheidungen hingegen
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