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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20
Autoren: Olaf G. Hilscher
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fürchtest, singt es dir sogar Schlaflieder vor.“ Er
schob seinen Tornister hinein, zog seine Stiefel aus und schlüpfte hinterher.
„Ich überlasse es dir, ob du die Nacht in deinem Territorium im Freien
verbringen willst oder mein Heimrecht respektierst“, erklang seine Stimme
gedämpft aus dem Inneren. „Aber ich finde, du bist mir eine Erklärung
schuldig.“
     
     
    „Guten
Morgen, Ivi“, grüßte Clogger, als Ninive am nächsten Morgen zur Haustür herein
kam. „Willkommen zuhause. Wir schreiben den 20. Mai im Jahr 23.911 des ewigen
Kalenders. Es geht ein leichter Wind aus Nordost, die Temperatur beträgt 15,4
Grad Celsius, und es sind noch elf Tage bis zum kalendarischen Sommeranfang.
Guss hat sich schon Sorgen gemacht, weil du die gesamte Nacht über fort warst.“
    „Was
ist mit deinem Rucksack passiert?“, wunderte sich Luxa.
    „Das
ist nicht der Rucksack.“ Ninive ließ den gefalteten Kollektor zu Boden gleiten
und seufzte erleichtert, als sie von seiner Last befreit war. „Ist Cutter noch
hier?“
    „Wer
ist Cutter?“, fragte Clogger.
    Ninive
verdrehte die Augen. „Niemand, schon gut. Fangfrage. Sag Guss, er soll sich auf
eine Holz-Diät einstellen.“ Sie öffnete die Gewölbetür und begann den Kollektor
die Treppe hinab zu schleppen. „Und bereitet etwas zu Essen zu, ich bin am
Verhungern.“
    An
seiner neuen Wirkungsstätte angekommen, klappte sie Dibbid wieder auseinander
und platzierte ihn in der Mitte eines fensterlosen Tonnengewölbes. Sein
reaktivierter Verstand bereitete ihr dabei keine Sorgen, denn im Gegensatz zum
restlichen Inventar würde es sich erübrigen, ihn mit der neuen Situation
vertraut zu machen. Als Kollektor verfügte er selbst nach langen
Bewusstseinspausen weiterhin über den letzten Informationsstatus.
Wahrscheinlich war es ein Resultat seines Sammel-Unterbewusstseins, das ihm
erlaubte, seine alten Gedanken und Erinnerungen im Langzeitspeicher zu
behalten. So sah Dibbid sich nur mit zunehmender Resignation um, nachdem Ninive
ihn reanimiert hatte.
    „Du
steckst mich in den Kerker?“, fragte er um Fassung ringend.
    „Das
ist der Keller.“
    „Ivi,
ich flehe dich an, lass mich nicht hier unten verrotten.“
    „Es
ist nur für die ersten sechs Wochen“, sagte sie. „Die Brutzeit dauert zwar nur
dreißig Tage, aber solange die Brass-Nymphen noch nicht flügge sind und ihre
Antennen eingerollt haben, benötigen sie Wärme, Dunkelheit und vor allem
Schutz.“
    Dibbid
schwieg so lange, dass Ninive bereits befürchtete, er hätte vor Entsetzen einen
Kurzschluss erlitten. Dann konnte sie jedoch hören, wie es zwischen seinen
Kernrelais und Plasma-Komprimierern summte und knisterte. „Brutzeit?“, fragte
er schließlich. „Was meinst du damit?“
    Ninive
schloss die Tür, um zu vermeiden, dass das neugierige Inventar sie belauschte.
„Ich habe ein Problem mit meinem Kammerjäger“, erklärte sie dem perplexen
Kollektor. „Balthazaar leistet zwar gute Arbeit, kann Ungeziefer aber leider
nicht von Nutzgetier unterscheiden und steckt hier unten alles ins Maul, was
nicht bei drei in den Wänden ist. Um eine Tragödie zu vermeiden, müssen die
Nymphengelege vor ihm geschützt werden.
    Falls
du also, statt Plasma zu sammeln, lieber als Inkubator arbeiten willst, gebe
ich dir die Chance, dich zu bewähren. Solltest du dich gut machen und die Brut
gedeihen, stelle ich dich hoch zu Guss ins Wohnzimmer, wo du die weitere Hege
verantworten wirst. Arbeitest du vorbildlich, werde ich dich mit der Aufzucht
von Windschellern betrauen, und irgendwann vielleicht sogar mit Prismäen.
Bedenke aber, dass dein Entschluss unumkehrbar sein wird. Solltest du dich für
das Brutgeschäft entscheiden, wirst du nie wieder das Hochland sehen. Deine
zukünftigen Wirkungsstätten werden das Haus, der Garten und der Bannwald sein.
Wäre das in deinem Sinne?“
    Dibbid
öffnete seine Ladeklappe, doch kein Ton drang heraus.
    „Du
kannst ein paar Tage lang in Ruhe über mein Angebot nachdenken“, erklärte sie
dem Kollektor. „Wenn ich wiederkomme, erwarte ich eine Entscheidung.“ Damit
verließ sie das Gewölbe, schloss die Tür hinter sich und ließ den
konsternierten Apparat in der Dunkelheit zurück.
     
     
    Copyright © 2012 by Michael
Marrak
     
     
     
     
     
     
     

 

S onnenuntergang.
Der Himmel scheint herrlich durch die Scheiben meines Schlafzimmerfensters;
wogende Schichten von Kumuluswolken glänzen in gebrochenen Orange- und
Rottönen. Wenn nur das Glas nicht wäre,
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