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Notizen aus Homs (German Edition)

Notizen aus Homs (German Edition)

Titel: Notizen aus Homs (German Edition)
Autoren: Jonathan Littell
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Für ihn verbietet der Koran die Rache an Dritten. Aber die Beduinen sind nicht unter Kontrolle zu halten. Konflikt auch zwischen ihnen und den Schiiten, und selbst mit den Iranern (weil eines der Mädchen erzählt hat, es habe Persisch sprechen gehört).
     
    Marcel: Als die Beduinen sich der FSA angeschlossen haben, hatten sie schon seit langer Zeit Waffen; sie sind sehr aktiv im Kampf, haben viele Märtyrer gehabt. Sie fangen Soldaten der Armee, die Urlaub haben, und stellen sie vor die Wahl: sich der FSA anzuschließen oder zu sterben.
    Er erzählt von einem anderen Fall aus Bajada, der Rache ausgelöst hat: In der ersten Dezemberwoche hat sich eine Beduinenfrau, im siebten Monat schwanger, aus ihrer Tür gelehnt und von einem Scharfschützen eine Kugel in den Kopf bekommen. Ihre Familie hat sich grausam an den Alawiten gerächt.
    Marcel ist überzeugt, dass das Regime einen Bürgerkrieg will und alles tut, um ihn heraufzubeschwören.

 
    Dienstag, 31. Januar
    Khaldije – Baba Amr
     
     
    Frühes Aufwachen, Frühstück, dann Durchquerung der Stadt in einem lahmen Taxi mit beschlagenen Scheiben, in Gesellschaft von Marcel, der beschlossen hat, mit uns zu kommen. Wir fahren direkt an einem Polizei-Checkpoint vorbei, Regierungsgebäude mit Gruppen von Offiziellen davor, dann das Hotel Safir. Verkrampfter Magen, aber keine Probleme. Baba Amr grau und leer. Rückkehr zu Hassans Wohnung, wo wir Alaa und Ahmad aufwecken. Sie erzählen uns von den Kämpfen der letzten Tage: Sie haben gestern zwei Panzer zerstört, vorgestern drei, Soldaten der Armee verwundet und getötet. Auf ihrer Seite keine Verluste. Es ist 9.30 Uhr, Ibn Pedro verspricht, in einer Stunde da zu sein.
     
    11.30 Uhr. Ibn Pedro ist immer noch nicht da. Abu Jazan trifft ein. Seinem Kumpel, der am Montag, dem 23., verwundet wurde, geht es gut, alhamdulillah . Ihm zufolge sind gegenüber noch zehn Panzer übrig. Drei sind geflüchtet.
     
    13 Uhr. Immer noch keiner da. Es zieht sich in die Länge. Ich lese den Sulla von Plutarch und warte, Raed arbeitet an seinen Fotos, und Marcel ist mit den Männern in die Gebäude an der Front gefahren.
    Wenig später trifft Ibn Pedro ein, ignoriert mich aber komplett. Marcel kommt zurück. Gegen 13.30 Uhr Schüsse und Detonationen, die Männer, die hier warten, greifen sich ihre Waffen und begeben sich zur Front, um zu antworten, Marcel und Raed im Schlepptau.
    Abu Jazan und ein Freund kommen zurück, um Handgranaten zu holen. Offenbar hat es Scharfschützenschüsse gegeben, einer der Männer wurde an der Wade verwundet.
    Kommen und Gehen. Ein Mann kommt und sucht eine RPG, er nimmt den Lauf, findet aber die Raketen nicht. Abu Dschafar kommt mit Vorratskisten. Es fallen sporadische Schüsse. Ibn Pedro ist natürlich verschwunden.
     
    14.30 Uhr. Die FSA-Männer gehen zum Gegenangriff über, es wird intensiv geschossen. Wir laufen zu Hassans Kommandozentrale. Gerade als wir ankommen, kommt Ibn Pedro heraus und läuft in die entgegengesetzte Richtung, zur Wohnung. Raed und ich drehen um und folgen ihm. Kurzer Wortwechsel im Flur, wo wir ihn treffen, als er mit einem Maschinengewehr gerade wieder rausgehen will: » Bukra as-sobh inschaallah. « 57 Er wirkt labil, ausweichend, kurz vorm Explodieren, wir bohren nicht weiter nach. Raed geht mit ihm zur Kommandozentrale, in die Zone, in der immer noch geschossen wird. Ich bin erledigt und ein bisschen fiebrig, habe nicht die Kraft, heute Krieg zu spielen, ich bleibe allein in der Wohnung und lese Plutarch, was immer noch besser ist, als mich ständig zu fragen, wann ich endlich diese verdammte Stadt verlassen kann.
     
    15.30 Uhr. Im Osten, in Richtung Kfar Aaja, brennt ein Gebäude, das offenbar von der Armee bombardiert wurde. Gigantische schwarze Rauchfahnen am grauen Himmel über Baba Amr. Die Schüsse gehen noch heftiger wieder los.
    Der Kater erklärt: Sie haben ein Gebäude voller Soldaten der Armee eingekreist. Es müssen 40 Mann drin sein, es ist das Rohbau-Hochhaus neben dem blauen Hochhaus. Die FSA wird einen Lautsprecher holen und versuchen, sie zum Überlaufen zu überreden. Wir würden gern hingehen und uns das anschauen, aber sie schießen Mörser ab.
     
    16 Uhr. Wir gehen raus und laufen zur Kommandozentrale von Hassan, den wir drinnen auf seinem Sofa finden, in Lederjacke und Turnschuhen. Die Mörser gehen weiter entfernt nieder, aber sie haben von sympathisierenden Offizieren der Armee die Information erhalten, dass Grad-Raketenwerfer 58 aus Damaskus am
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