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Notizen aus Homs (German Edition)

Notizen aus Homs (German Edition)

Titel: Notizen aus Homs (German Edition)
Autoren: Jonathan Littell
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zusammenzuarbeiten, positiv auf. In den folgenden Tagen war es mir unmöglich, ihn zu treffen oder auch nur telefonisch zu erreichen. Wir haben später erfahren, dass er sofort vom Informationsbüro eingesammelt worden war, zu dem wir nicht die besten Beziehungen unterhielten. Nach meiner Abreise, als die systematische Bombardierung von Baba Amr losging, ist Danny mehrmals täglich auf YouTube aufgetaucht und hat auf Englisch die von den Aktivisten gefilmten Grausamkeiten angeprangert und zu internationaler Hilfe aufgerufen. Am 13. Februar, als die Bombardierungen immer intensiver wurden, hat er Baba Amr verlassen und ist in den Libanon geflohen. Seitdem hat er englischen Fernsehsendern mehrere Interviews zu dem Grauen gegeben, dessen Zeuge er geworden war.
     
    13 Uhr. Wir treffen uns mit Imad vor Hassans Kommandozentrale, er wirkt gehetzt, ich weiß nicht, ob unseretwegen oder wegen etwas anderem. Keine Spur von Ibn Pedro. »Die Straße ist nicht frei«, sagt Imad müde. Ich gehe zurück in die Wohnung, da ist es zumindest warm.
     
    Das Gefühl des Eingesperrtseins wird stärker. Seit fünf Tagen versuche ich rauszukommen, die Typen weichen aus, äußern sich nicht klar, es wird bombardiert, Raed ist von allem genervt, von mir, von der Situation, von seinem Computer, der immer abstürzt, das Netz ist sehr schlecht, und wir haben wenig Kommunikationsmöglichkeiten, so etwas nennt man eine Scheißsituation, denke ich. Und es gibt absolut nichts zu tun.
     
    Besuch in Imads Klinik, auf der Suche nach Abu Salim. Er ist nicht da. Vor der Klinik Aufkleber vom arabisch-syrischen Roten Halbmond, lächerlicher Schutz. Im Operationssaal wird gebaut. Kurzer Besuch von Abderrazzaq Tlass, der vorbeikommt, um zu schauen, wie die Bauarbeiten vorangehen. Mehrere Verwundete: einer mit schweren Verbrennungen von einer Gasexplosion, die am Montag von einer Mörsergranate ausgelöst wurde, ein Mann, der am Sonntag an einer Straßensperre in Inschaat von einem Maschinengewehr angeschossen wurde, ein junger Mann mit Verbrennungen im Gesicht, der vor fünf Tagen durch die Fenster seiner Wohnung die Rückstoßflamme eines Mörsers, der vor seinem Gebäude niedergegangen war, abbekommen hat. Es geht ihm schon wieder besser, er erzählt uns das alles mit seinem mit Creme bedeckten Gesicht und zeigt uns ein Foto von sich, das vor einigen Tagen gemacht wurde und auf dem sein Kopf vollständig mit Verbänden umwickelt ist. Der mit der Schussverletzung ist ein Taxifahrer, der mit einem Fahrgast aus Damaskus kam und um 4 Uhr morgens von einer Straßensperre beschossen wurde.
    Ankunft von Dr. Ali, dem lebenden Märtyrer. »Gestern war ein Blutbad.« 17 Verwundete. Natürlich hat uns niemand was gesagt oder gezeigt.
     
    Gegen 16 Uhr Ankunft von Abu Hanin vom Informationsbüro, dem maktab al-iilami . Er pöbelt mich sogleich auf Englisch an. » I don’t even know you «, antworte ich. – » Yes, but I spoke with him last week «, sagt er und zeigt auf Raed. » He said he’d be back in ten minutes, and you guys disappeared.« 60 Die Irin fährt in einer halben Stunde ab. Kann ich nicht mit ihr fahren? » No, you can’t. You guys say you are on your own, fine, you say you can manage, fine, now manage with your people.« 61 Das gerät gerade etwas außer Kontrolle. Raed schaltet sich ein, und es geht los, halb auf Englisch, halb auf Arabisch.
    Abu Hanin: » You see, we are Arabs. This is how it is with Arabs. « 62 – Raed: »Das hat überhaupt nichts mit Arabern zu tun. Ich bin auch Araber.« Der Typ ist grotesk, aggressiv, unlogisch. Man merkt, dass er stinksauer ist, dass wir sie übergangen haben. Schließlich dreht er sich zu mir: » Why do you say to him you cannot go because we have a problem? I never said that. You have fresh material, of course it is in our interest that you publish it. If we can help you go out, we will. But we can’t. You can’t go with the woman .« 63 Ich versuche die Wogen zu glätten, endlich gibt er eine überzeugende Erklärung: »Sie fährt in einem Lkw, verschleiert, als Syrerin verkleidet, mit syrischen Papieren. Glaubst du, dass du so fahren kannst? Glaubst du das?« Ich tue mein Bestes, um ihn zu beruhigen, das Missverständnis abzumildern, aber er ist aufgebracht. Schließlich kommen wir überein, dass er mir helfen wird, wenn er kann.
     
    Zur Wohnung. Tee, Lektüre. Ein paar Männer schlafen oder ruhen sich aus. Gegen 17.30 Uhr eine Serie von Mörsern, nicht weit weg, Richtung Friedhof. Hassan kommt
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