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Nordseefluch: Kriminalroman

Nordseefluch: Kriminalroman

Titel: Nordseefluch: Kriminalroman
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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helfen. Wach auf!«, sagte Assistent Ekinger mit einer unerschütterlichen Ruhe und schüttelte meinen Schüler durch.
    Manfred wandte mir sein vom Alkohol gezeichnetes Gesicht zu. Seine Augen wurden groß.
    »Herr Oberstudienrat«, lallte er, »es freut mich, dass Sie da sind. Ich habe Sie vermisst, als ich allein und alles umsonst war, was Sie mir erzählt haben.« Sein Gesicht verzerrte sich, wurde hässlich und abstoßend, als er fortfuhr: »Pauker, warum hast du mich nicht verstanden?«
    Dann lachte er wieder und kicherte. Ich war überzeugt, dass sich Manfred Kuhnert im Säuferwahn befinden musste.
    »Manfred, ruhig! Alle, die hier sind, wollen dir helfen«, sagte Kriminalassistent Ekinger.
    »Helfen, mir helfen?«, stöhnte Manfred, warf die kleine Handtasche auf den Boden und blickte sich um.
    »Ist es so weit?«, fragte er.
    Kommissar Pietsch antwortete: »Für was, Manfred?«
    »Noch ein Engel«, lallte Manfred. »Am Abend war keiner da, der Prost sagte! Manfred, der Eisverkäufer! Kinderfreund! Aber die Abrechnung! Eltern keine! Oder doch? Ja! Sankt Nikolaus! Der Mann mit dem großen Sack! Hahaha! Ja! Sankt Nikolaus! Auch ich habe einen großen Sack! Geerbt von ihm! Ich darf ihn aber nicht zeigen!«
    Manfred rülpste und sackte zusammen.
    Kriminalassistent Ekinger verließ das Bett. Er blickte uns fragend an, während Manfred Kuhnert wieder eingeschlafen war.
    »Der steht voll unter Sprit«, sagte Kommissar Pietsch.
    Wir hörten Schritte. Polizeimeister Fisser betrat das Zimmer.
    Er blickte unsicher um sich.
    »Eine zweite Leiche«, sagte Ekinger, »aber eine Alkoholleiche.«
    Fisser stierte auf die Plüschhandtasche, bückte sich nach ihr und ließ sich den MP3-Player anreichen.
    »Das sind die Sachen der Deern«, sagte er. »Sie müssen sich zum Zeitpunkt der Suche im Strandkorb der betroffenen Familie befunden haben. Das sagten jedenfalls die Eltern. Das Kind wollte sie holen.«
    Ich atmete auf. Seine Angaben bestätigten meinen impulsiven Verdacht. Manfred Kuhnert hob seinen Oberkörper an.
    »Goldfasan!«, rief er und weinte in sich hinein.
    »Da gibt es keinen Zweifel«, sagte Polizeimeister Fisser.
    »Herr Kollege, Sie führen eine Dienstpistole mit sich«, sagte Pietsch. »Bleiben Sie bei ihm, wir müssen zum Strandschlösschen. Ich besorge einen Haftbefehl.«
    Mir tat der Mann leid, der ohne psychologische Ausbildung den Jungen, der im betrunkenen Zustand unberechenbar war, auf unbestimmte Zeit bewachen musste.
    Ich schritt müde und zerschlagen neben den Kriminalbeamten her.
    Der Weg über die Dünen kam mir elendig lang vor. Mir gelang es nicht, einfach abzuschalten, und die Grundregeln des autogenen Trainings anzuwenden, die heute in meinem Beruf zum Überleben notwendig sind.
    Im Gegenteil, meine Nerven waren so gereizt, dass sie das Rauschen der klatschenden Wellen als Schmerzen empfanden. Kommissar Pietsch suchte mit seinem Assistenten die berufliche Logik.
    »Fisser hat die Sachen des Mädchens wiedererkannt«, sagte er. »Ein besoffener erwachsener junger Mann hält eine Jungmädchen-Handtasche in der Faust, versteckt hinter seinem Bett ihren MP3-Player und redet von Goldfasan«, antwortete Assistent Ekinger.
    »Das tote Mädchen hatte blonde Haare, sagen wir goldene. Der Fall ist klar«, meinte Pietsch.
    Ich spürte den Schlag auf meiner Schulter. Kriminalassistent Ekinger hatte mich in seiner Begeisterung zum Helden adeln wollen, als er sagte: »Herr Färber, großartig, Ihre Kombination und Ihr Blick für das Detail! Sie wären einer der Großen im Kriminalamt geworden. Ihrer Hilfe verdanken wir die schnelle Lösung.«
    Ich sah ihn nicht an, hielt meinen Blick auf die sich nähernden Lichter des Strandschlösschens gerichtet, von dem ich mir irgendeine Erlösung erhoffte. Der Gedanke, dass mein Vetter Hannes Wort halten würde und mit seiner Trinkfestigkeit einen leeren Barhocker für mich frei hielt, gab mir neue Kraft. An meine Frau, die mich vielleicht mit vorwurfsvollen Blicken und dem Hinweis auf unsere Kinder abfangen könnte, wollte ich nicht denken.
    »Das Leben steckt voller Zufälle«, sagte ich müde.
    »Die armen Eltern werden sich schwertun, wenn ich sie danach frage, wieso sie ihre Tochter allein zum Strand gehen ließen«, murmelte Kommissar Pietsch und fuhr fort: »Ich denke an meine eigene Tochter, die nun erwachsen ist. Wie leicht hätte ihr damals in der Großstadt etwas zustoßen können.«
    »Gott schuf das Gute und das Böse. Aber er verlangt von uns, das Böse zu
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