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Die Saga vom Dunkelelf 5 - In Acht und Bann

Die Saga vom Dunkelelf 5 - In Acht und Bann

Titel: Die Saga vom Dunkelelf 5 - In Acht und Bann
Autoren: R. A. Salvatore
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Einleitung
    Der Dunkelelf saß auf einem kahlen Berghang und beobachtete besorgt, wie sich die rote Linie über dem östlichen Horizont ausbreitete. Heute erlebte er vielleicht zum hundertsten Mal einen Sonnenaufgang, und er wusste ganz genau, welche Pein das glühende Licht seinen lavendelfarbenen Augen bereiten würde – den Augen, die seit mehr als vier Jahrzehnten nur die Dunkelheit des Unterreichs gekannt hatten.
    Der Drow wandte sich jedoch nicht ab, als der obere Rand der strahlenden Sonne hinter dem Horizont aufstieg. Er verstand das Licht als sein Höllenfeuer, als einen erforderlichen Schmerz, wenn er sein selbstgewähltes Ziel verfolgen und ein Lebewesen werden wollte, das sein Zuhause auf dieser Welt hatte.
    Grauer Rauch stieg dem dunkelhäutigen Drow ins Gesicht. Er wusste ohne hinunterzusehen, was das zu bedeuten hatte. Sein Piwafwi, der Zauberumhang der Dunkelelfen, der ihn im Unterreich oftmals vor dem suchenden Blick seiner Feinde beschützt hatte, löste sich im Sonnenlicht langsam auf. Der Zauber des Umhangs wurde schon seit Wochen schwächer, und der Stoff schmolz einfach dahin. Große Löcher breiteten sich aus, das Gewebe zerfiel immer mehr, und der Dunkelelf umschlang den Stoff mit den Armen, um soviel wie möglich davon zu retten.
    Doch er wusste, dass das keinen Unterschied machte; der Umhang war dazu verdammt, in dieser Welt, die so anders war als die, in der er gefertigt worden war, zu zerfallen. Voller Verzweiflung klammerte sich der Drow an den Stoff, denn er hatte irgendwie das Gefühl, dass das Schicksal des Umhangs seinem eigenen entsprechen könnte.
    Die Sonne stieg höher, und aus den zusammengekniffenen Augen des Dunkelelfs rollten Tränen. Den Rauch konnte er nicht mehr sehen, sondern nur noch den grellen Schein dieses grausamen Feuerballs, der ihn blendete.
    Um zu überleben, musste er sich anpassen.
    Mit dem Zeh stieß er voller Wucht gegen eine Steinkante, um sich so von der Benommenheit abzulenken, die ihn zu überwältigen drohte. Er dachte daran, wie dünn seine fein gewobenen Schuhe geworden waren, und wusste, dass auch sie sich bald in Nichts auflösen würden.
    Dann vielleicht seine Krummsäbel? Würden diese ausgezeichneten Drow-Waffen, die ihn bei so vielen Prüfungen unterstützt hatten, sich auch als vergänglich erweisen? Und welches Schicksal erwartete Guenhwyvar, seinen Zauberpanther, der ihm ein so guter Kamerad war? Unbewußt steckte der Drow die Hand in seine Tasche und betastete die fabelhafte Statuette. Jedes Detail der Figur, mit deren Hilfe er die Katze rief, war perfekt. Die solide Statuette beruhigte ihn in diesem Moment der Verzweiflung, obwohl auch sie von den Dunkelelfen gemacht und mit dem Zauber ausgestattet worden war, der in ihrer Welt so hilfreich war. Würde sich Guenhwyvar auch in Nichts auflösen?
    »Als was für eine bemitleidenswerte Kreatur werde ich wohl enden?« lamentierte der Drow in seiner Muttersprache.
    Er fragte sich – und zwar nicht zum ersten Mal und mit Sicherheit auch nicht zum letzten Mal -, ob es klug gewesen war, das Unterreich zu verlassen und der Welt seines bösen Volkes zu entsagen.
    Sein Kopf pochte, Schweiß tropfte in seine Augen, die jetzt um so mehr brannten. Die Sonne bewegte sich auf ihrer Bahn, aber der Dunkelelf konnte es nicht länger ertragen. Er stand auf und drehte sich zu der kleinen Höhle um, in der er sein Lager aufgeschlagen hatte. Wieder hatte er abwesend die Hand auf die Pantherstatuette gelegt.
    Sein Piwafwi – nur noch Fetzen – hing über seinen Schultern und bot nur geringen Schutz gegen den beißenden Wind in den Bergen. Im Unterreich gab es keinen Wind, abgesehen von den leichten Luftströmen, die aus den Magmatümpeln aufstiegen, und es gab eigentlich auch keinen Frost, außer der eisigen Berührung eines untoten Monsters. Diese Welt an der Oberfläche, die der Drow jetzt seit ein paar Monaten kannte, konfrontierte ihn mit vielen Unterschieden und unzähligen Gegensätzen – oftmals glaubte er, dass es zu viele waren.
    Drizzt Do'Urden würde nicht aufgeben. Das Unterreich war die Welt seiner Verwandten, seiner Familie, und in dieser Dunkelheit würde er keine Ruhe finden. Er war den Anforderungen seiner Prinzipien gefolgt und hatte Lloth, die Spinnenkönigin, angegriffen, die böse Göttin, die von seinem Volk mehr als das Leben verehrt wurde. Die Dunkelelfen, Drizzts Familie, würden ihm seine Blasphemie nicht verzeihen, und im Unterreich gab es keine Löcher, die tief genug waren, um ihrem
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