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Nordseefluch: Kriminalroman

Nordseefluch: Kriminalroman

Titel: Nordseefluch: Kriminalroman
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Wellen, die sich donnernd auf den Strand ergossen.
    Meine Frau lehnte Sekt ab, wünschte sich Sprudel wie die Söhne, und ich bestellte mir Kaffee. Mein Vetter, der darauf achtete, dass das Futter seiner Reit- und Rennpferde an Kalorientabellen gemessen wurde, bestellte sich einen halben Liter Bier und für seine schöne Braut Wein und blickte mich missmutig an, als er »Prost« sagte.
    »Die Alte zu Hause weiß noch nichts«, sagte er und küsste seine hübsche Braut Evi.
    Kellnerinnen und Kellner fuhren auf. Es war ein herrliches Essen, das fern meines Gehaltsgefüges lag.
    Irgendwie störte mich die ungewohnte Umgebung und die Selbstverständlichkeit, mit der Vetter Hannes und Braut Evi die Speisen genossen.
    Am Horizont tauchte die tiefrote Sonne ins Meer. »Gleich müssen wir noch einen trinken«, sagte mein Vetter, während er genussvoll schmatzte.
    Ich sah den heimlichen Blick meiner Frau, den sie auf eine antike Uhr des Nobelrestaurants richtete und dabei ihr Essbesteck ablegte. Sie wäre lieber mit mir über die Dünen gewandert, dachte ich, den Blick auf das Meer gerichtet, um zu genießen, was den Kopf klar hielt.
    Ich bemerkte irritiert die Unruhe, die die Bedienung ergriff. Kellner und Serviererinnen fanden sich am Tresen zusammen, tuschelten und vergaßen ihre Bestellungen. Ein Ober warf in Hast seine schwarze Bedienungsjacke über einen Stuhl und verließ das Restaurant. Vom Nachbartisch erhob sich ein Gast, eilte zum Tresen und verschwand ebenfalls eilig nach draußen.
    »Da ist etwas passiert«, sagte ich.
    Die Sirene, die, wie ich wusste, auf dem Dach der Kirche angebracht war, rief zum Feueralarm. Mein Vetter, zu Hause spendabler Feuerwehrmann, horchte auf.
    »Das geht mich zwar nichts an, aber ich möchte wissen, was hier los ist«, sagte er und stand auf.
    Die Hiobsbotschaft erreichte uns. Eine wohlhabende Familie aus Oldenburg, die hier im Haus eine der teuersten Wohnungen gemietet hatte, vermisste ihre Tochter Marion. Sie war zwölf Jahre alt und nicht wie gewohnt nach Hause gekommen.
    Der Geschäftsführer stand sprachlos vor den Gästen.
    »Entführung?«, fragte eine ältere Dame.
    Die Insel Juist, Idylle, Kleinod, Bastion gegen Stress, verspürte zum ersten Mal seit ihrem Bestehen als Kurort den Bazillus des Verbrechens.
    Vor dem Tresen wurde laut diskutiert.
    Das romantische Bild der rot untergehenden Sonne vor den schäumend auslaufenden Wellen und stürzenden und segelnden Möwen fand keine Betrachter mehr. Die Nachricht hatte die Wirkung einer Bombenexplosion. Auch wir waren besorgt, schoben die Teller zusammen und hofften auf eine glückliche Lösung, wie auch immer.
    »Bei euch hier oben?«, fragte mein Vetter vorwurfsvoll, und seine Braut meinte: »Das passt nicht in den Frieden dieser Landschaft.«
    Ich schaute auf die Uhr. Es war kurz vor zwanzig Uhr.
    Der Geschäftsführer betrat das Restaurant, schlich mit hochrotem Kopf und gefalteten Händen über die echten Perserteppiche und gab sich einen Ruck, als er die Mitte des Raumes erreicht hatte.
    »Bis jetzt suchen die Eltern mit ihren Bekannten erfolglos nach dem vermissten Mädchen. Soeben haben sich die freiwillige Feuerwehr und das DRK mit technischem Gerät eingeschaltet. Die Polizei bemüht sich um Verstärkung vom Festland. Das ist der Stand der Dinge.«
    Die so überraschend inszenierte Verlobungsfeier erstarb in den trüben Gedanken, die uns befielen. Mein Vetter bestellte Getränke, die wir zwischen ernsten Gesprächen zu uns nahmen. Schließlich erhielt der Geschäftsführer neue Informationen. Als er in unserer Nähe stand, fragte mein Vetter: »Wie stark ist Ihre Feuerwehr?«
    »Zurzeit sind es etwa zwanzig Mann, die nach dem Mädchen suchen, aber sie haben Großalarm gegeben. Jetzt werden weitere zwanzig Mann zu ihnen stoßen. Wir erwarten Polizeiverstärkung vom Festland. Sie wird eingeflogen«, antwortete der Mann, der unter dem Geschehen sehr zu leiden schien, denn schließlich besuchte die Familie seit Jahren an sonnigen Wochenenden das Nobelhaus.
    Die frisch verlobte Evi räusperte sich. »Vielleicht können wir uns an der Suche beteiligen?«, fragte sie und blickte uns an.
    Der Geschäftsführer nickte.
    »Der Bürgermeister möchte die Insel von Wasserkante zu Wasserkante durchkämmen lassen. Dazu benötigt er viele Leute.«
    »Das Essen und die Getränke setzen Sie bitte auf meine Rechnung«, sagte mein Vetter.
    »Ich bleibe mit den Kindern auf den Zimmern«, sagte meine Frau.
    Als wir das Restaurant
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