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Norderney-Bunker

Norderney-Bunker

Titel: Norderney-Bunker
Autoren: Manfred Reuter
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Schultern bedeckte.
    „Also, Frau Philipps. Was wissen Sie über den Mord an Onno Aden?“, nahm Faust einen neuen Anlauf und schickte mit fester Stimme hinterher: „Bei Ihrer Antwort sollten Sie berücksichtigen, dass wir wissen, dass Sie und Herr Aden ein Verhältnis hatten.“
    Die junge Frau blieb äußerlich ungerührt. Sie griff nach der Zigarettenpackung und sagte leise, nahezu im Flüsterton:
    „Ich habe mit dem Mord an Onno nichts zu tun. Ich weiß nicht, wie er umgekommen ist. Ich habe da wirklich keine Ahnung.“
    „Ich habe hier das Ergebnis der DNA-Analyse“, warf Faust ein und wedelte erneut mit dem Zettel. Herr Aden hatte eine Bisswunde am Ohr. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Biss stammt von Ihnen.“
    „Das mag ja alles sein“, antwortete Nicole. Sie schnäuzte sich erneut die Nase. „Onno und ich waren am späten Nachmittag noch zusammen. Die Chefin war nicht da.“
    „Sie hatten Sex“, sagte Faust.
    „Ja.“
    „Leidenschaftlich.“
    „Ja, verdammt“, schrie Nicole.
    „Und dabei ist es zum Biss gekommen.“
    „Ja. Und danach ist er gegangen. Das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe.“
    Nicole brach in Tränen aus. Doch sie schrie mehr als sie weinte, griff sich an den Kopf und riss sich ein Büschel Haare aus. Dann schlug sie mit dem Kopf auf die Schreibtischplatte. Faust und Visser sprangen auf. Visser packte sie unter den Armen und zog sie vom Schreibtisch weg.
    „Sollen wir einen Arzt rufen?“, fragte Visser in Richtung Faust.
    Der winkte ab. „Warte erst mal ab. Wahrscheinlich wird sie sich auch so beruhigen.“
    Fünf Minuten später konnte die Vernehmung tatsächlich fortgesetzt werden. Visser hatte Nicole zur Toilette begleitet. Er wartete draußen, wo er deutlich hörte, wie Nicole sich am Waschbecken die Hände und Gesicht wusch. Faust hatte ihr ein Glas mit Mineralwasser auf den Tisch gestellt, das sie in einem Zug leerte. Dann hob sie den Kopf, blickte erst Faust, dann Visser entschlossen in die Augen und sagte: „Ich habe mit dem Mord an Onno nichts zu tun. Aber er war der Auslöser für das, was danach passierte. Als ich in der Zeitung las, wie die Mayer-Lübbecke in Onnos Vergangenheit herumstocherte und nichts anderes im Sinn hatte, als ihn an den Pranger zu stellen, sind die Nerven mit mir durchgegangen.“
    Faust hielt den Atem an. Mit großen Augen schaute er rüber zu Visser, der an einer Zigarette zog, sich prompt am Qualm verschluckte und deshalb heftig husten musste.
    „Und dann?“, fragte Faust kaum hörbar.
    „Da habe ich sie zum Leuchtturm bestellt. Ich sagte, ich hätte bezüglich der Mordsache an Onno eine tolle Story für sie. Als wir am Leuchtturm standen, sahen wir, dass die Tür geöffnet war. Vermutlich hatte der Leuchtturmwärter vergessen, sie abzuschließen.“
    „Und dann sind Sie beide ganz nach oben gegangen?“
    „Ja. Es klingt total lächerlich, ist es auch. Aber ich traute mich zunächst nicht ihr zu sagen, was ich von ihr hielt. Ich wollte sie ja auch nicht töten.“
    „Erzählen Sie weiter.“
    „Das war wie in Trance. Auf einmal standen wir oben. Ich weiß nur noch, dass sie etwa in der Mitte sagte, dass sie wieder runter möchte. Sie sagte, ich sei wohl verrückt. Dann aber sagte ich, dass sie die Info nicht kriegt, wenn sie nicht ganz bis nach oben mitkommt.“
    Visser schüttete Nicole Wasser nach. Faust blickte sie fragend und mit zur Hälfte zugekniffenen Augen an. Dann sprach sie weiter: „Also. Ganz ehrlich. Ich wollte ihr nur sagen, was sie für eine blöde Kuh ist, dass ich sie abgrundtief hasse, weil sie Onno so durch den Dreck zieht. Als sie dann sagte, ich sei sicher auch eins von seinen Pferdchen, brannten bei mir alle Sicherungen durch.“
    „Was war dann? Frau Philipps. Was haben sie dann getan?“
    Nicole hatte längst keine Farbe mehr im Gesicht. Sie schob die Unterlippe weit nach vorn, schloss die Augen und ließ das Kinn auf die Brust sinken.
    „Dann zog ich das Messer und stach zu. Wissen Sie, ich habe mein Kellnermesser immer bei mir und plötzlich war es in meiner Hand. Irgendwann später wachte ich im Bett meiner Wohnung auf. Ich brauchte ein paar Tage, um zu realisieren, was ich da getan hatte.“
    Was dann kam, war Schweigen. Auch Faust und Visser ließen das Gesagte zunächst einmal wirken. Faust öffnete das Fenster zum Lüften, Visser schenkte Kaffee ein. Dann rief Faust einen Kollegen an, der Nicole wenige Minuten später wieder in Handschellen legte und abführte.
     

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