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Norderney-Bunker

Norderney-Bunker

Titel: Norderney-Bunker
Autoren: Manfred Reuter
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Häupter

    Winnetou und Lübbert wussten nicht, wie ihnen geschah. Den Abschied von ihrem Bunker hatten sie sich eigentlich anders, nämlich deutlich würdiger vorgestellt. Dass zwei Männer sie verjagen würden, einfach so und ohne Vorwarnung, das passte ihnen gar nicht ins Konzept. Deshalb waren sie zunächst einmal in die Wohnung an der Emsstraße geflohen. Das war praktisch, weil diese gleich um die Ecke lag.
    „Eigentlich macht es keinen Sinn zu fliehen“, sagte Winnetou. Er schob gerade ein paar Aufbackbrötchen in den Herd, als Lübbert vom Duschen kam.
    „Ja, stimmt. Aber wir hatten abgemacht, dass wir uns stellen. Nicht, dass wir uns fangen lassen.“
    „Ja, Lübbert. So sieht es aus. Wenn wir von der Insel gehen, dann erhobenen Hauptes.“
    Nach einem kleinen Imbiss machten sie sich schließlich auf den Weg. Sie wählten die Strecke über die Promenade. Dort hatte es ihnen so gut gefallen, als sie vor ein paar Tagen zum Weinfest unterwegs waren. Auch der heutige Sonnenuntergang hatte es ihnen wieder angetan. Sie saßen auf der Buhne etwa in Höhe der Alten Teestube , als die Sonne am Horizont ins Meer tauchte. Jeder nahm noch einen Schluck vom Sauvignon aus Südafrika, der ihnen am Abend zuvor so gut geschmeckt hatte, dann gingen sie los.
    Im Polizeigebäude an der Knyphausenstraße saß ein junger Mann in schwarzer Uniform. Als er Winnetou und Lübbert sah, zog sich ihm der Hals zusammen. Er rang nach Luft und er merkte, wie ihm die kurzen, schwarzen Haare augenblicklich zu Berge stiegen und ihm die Farbe aus dem Gesicht trat.
    „Sind wir hier richtig bei der Sonderkommission? Wir möchten ein Geständnis ablegen“, sagte Winnetou in einem Ton, der an Sachlichkeit nicht zu überbieten war. Lübbert nahm gleichzeitig auf einem Besucherstuhl Platz.
    Der Polizist hatte einen merkwürdigen Gesichtsausdruck angenommen. Der Kopf war leicht vornüber gebeugt, der lange, schmale Hals schien starr und unbeweglich wie ein Kantholz. Er schaute auf Winnetou, als plane er, ihn mit den Augen in Fesseln zu legen. Gleichzeitig nahm er seinen Kaffeebecher und stellte ihn zitternd auf einen Stapel Papier.
    „Moment“, sagte er dann und griff zum Telefon.
    Nur knapp eine Minute später erschienen zwei ältere Polizeibeamte in reichlich zerknitterter Uniform.
    „Sie sind festgenommen“, sagte der dickere von den beiden. Der andere ließ die Handschellen klicken.
    Der junge Polizist hatte Faust und Visser vorgewarnt.
    „Meine Kollegen von der Wache führen Ihnen in wenigen Minuten zwei Männer vor, bei denen es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um die Doppelmörder von Norderney handelt“, sagte er mit weicher, nahezu gebrochener Stimme, bevor er sich an seinem Arbeitsplatz hastig aufrichtete und er den Inhalt seines Magens in hohem Bogen über den Besuchertresen hinweg gegen die Wand spuckte.
    Faust und Visser blieben auf ihren Stühlen sitzen, als die beiden Uniformierten Winnetou und Lübbert vorführten. Das hier ist absolut unwirklich, dachte Visser, als er sah, wie die Männer auf Geheiß von Faust auf zwei gepolsterten Stühlen Platz nahmen, die er vorher vor die weiße Wand gerückt hatte. Während Faust sich auf seinen Drehstuhl setzte und diesen mit den Hacken vor die Männer rollte, blieb Visser vor Fausts Schreibtisch stehen.
    „Ich habe gehört, Sie möchten ein Geständnis abgelegen“, sagte Visser.
    „Richtig. Wir haben den Hotelier getötet“, sagte Winnetou mit klarer und fester Stimme. Das heißt, wir gehen davon aus.“
    „Wie meinen Sie das“, fragte Faust, der die Weinfahne Winnetous deutlich roch und überlegte, wie ernst er die Sache nehmen sollte.
    „Wir haben dem ein paar Schläge verpasst. In seinem Hotel. Er lag am Boden. Dann sind wir gegangen.“
    Dann meldete sich Lübbert zu Wort: „Ich habe ihn geschlagen. Mein Freund hat nichts damit zu tun.“
    Winnetou schaute ihn an und lächelte.
    „Also noch einmal das Ganze von vorn, und ich warne Sie: Tischen Sie uns bloß kein Märchen auf“, fauchte Faust.
    Winnetou nahm das Band aus dem zurückgebundenen Haar und schüttelte die Mähne. Dann sagte er: „Wir haben den Hotelier besucht. Ich hatte ihn am Abend zuvor in der Spielbank kennengelernt und miterlebt, wie er den Jackpot knackte. Wir wollten das Geld von ihm. Wir dachten: Der hat so viel, wir haben nichts. Doch er blieb stur. Und aufreizend arrogant dazu. Dann haben wir ihm ein paar Schläge versetzt.“
    „Und dann?
    „Dann haben wir gesagt, dass wir am anderen Tag
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