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Norderney-Bunker

Norderney-Bunker

Titel: Norderney-Bunker
Autoren: Manfred Reuter
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sein Blutdruck stieg. Von der Stimme her musste es sich dabei um einen blutjungen Polizeianwärter handeln, der im Rahmen der allgemeinen sommerlichen Verstärkung Dienst auf der Insel versah.
    „Entschuldigen Sie bitte die Störung, Herr Hauptkommissar. Aber ich muss Ihnen mitteilen, dass die Bürgerwehr in einem ehemaligen Luftschutzbunker die beiden flüchtigen Personen gefunden hat.“
    „Sie meinen den Indianer und seinen Komplizen?“
    „Ja.“
    „Und wo sind die jetzt?“
    „Flüchtig. Als die Leute von der Bürgerwehr in den Bunker eindrangen, ist den Tatverdächtigen die Flucht gelungen.“
    Faust spürte, wie plötzlich sein Hemd am Rücken klebte und ihm der Schweiß die Schläfe hinunterrann.
    „Wann haben die Piraten von der Bürgerwehr den Bunker hopsgehen lassen, und warum sind unsere Hundertschaften in den vergangenen Tagen nicht auf die Idee gekommen, dort zu suchen?“
    „Sie sagten, sie sind vor einer guten Stunde eingedrungen. Über die Hundertschaften kann ich Ihnen nichts sagen“, antwortete der junge Polizist, dessen Stimme ein wenig zitterte.
    „Warum erfahre ich erst jetzt davon?“, schrie Faust und schlug sich mit dem Handballen gegen die Stirn, dass es nur so klatschte.
    „Entschuldigen Sie bitte, Herr Hauptkommissar. Ich weiß es nicht. Die Leute von der Bürgerwehr haben uns das erst vor einer Minute mitgeteilt. Sie hätten den Bunker zuerst noch auf Spuren untersucht, haben sie uns erzählt. Wir wussten hier auch nichts davon.“
    Faust blieb die Spucke weg. Erst starrte er gegen die weiße Wand an der Stirnseite des Raums und überlegte, ob er erneut mit aller Kraft dagegentrommeln sollte. Dann entschied er sich anders. Er nahm den Papierkorb ins Visier und trat so fest dagegen, dass er gegen einen der Schreibtische flog und sich der komplette Inhalt dort entleerte. Dann befahl er dem jungen Kollegen, den Bunker sofort absperren und bewachen zu lassen, und zwar von der Polizei. Falls sich jemand von der Bürgerwehr den Anweisungen der Polizei widersetzen würde, sei dieser auf der Stelle vorläufig festzunehmen. Dann knallte er den Hörer auf und rief Visser an.
    „Wenn du aus dem Fenster schaust, dann siehst du uns schon.“ Gent war bester Laune. Im Rahmen der Amtshilfe hatten die Jungs von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ganze Arbeit geleistet. Mit der Bernhard Gruben war die Crew auf die Bitte von Gent Visser hin mit durchschnittlich gut 20 Knoten zum Norddeicher Hafen gebrettert, wo Gent Nicole Philipps an Bord nahm und sie innerhalb von knapp fünfzehn Minuten zur Insel brachte. Einer der Seenotretter begleitete Visser und Nicole bis ins Soko-Büro.
    „Danke, Ali“, sagte Visser zu dem Mann mit der blauen bis tief in die Stirn gezogenen Wollmütze.
    „Das vergesse ich euch nie. Ihr habt einen gut bei mir.“
    Faust nahm Nicole fest in den Blick und zeigte mit einer lässigen Kopfbewegung auf den Besucherstuhl, der vor seinem Schreibtisch stand.
    „Nehmen Sie bitte Platz, Frau Philipps“, sagte er.
    Visser fragte: „Kaffee?“
    Nicole hob die Hände bis zur Brust und zeigte mit einer Kopfbewegung auf ihre Handschellen. Faust nahm sie ihr ab. Gleich darauf schob er ihr seine Zigaretten hin. Visser schloss das Fenster, schenkte Kaffee ein und setzte sich dann auf einen Drehstuhl, der neben der Tür stand. Den Inhalt des Papierkorbs, der vor ein paar Minuten durch den Raum geflogen war, schob er mit dem Fuß zur Seite.
    „Ich habe gehört, Sie möchten uns was sagen“, begann Faust mit der Vernehmung.
    Nicole schwieg. Faust kratzte sich an der Stirn. Die Haut war an der Stelle im Nu gerötet. Dann versuchte er es erneut.
    „Frau Philipps, machen Sie keine Zicken.“
    Dann nahm er ein Stück Papier vom Schreibtisch auf und wedelte damit direkt vor Nicoles Nase.
    „Frau Philipps. Wenn Sie jetzt gleich reden, können Sie sich den Abend hier mit uns verkürzen. Wir haben Zeit. Ganz viel Zeit. Und wir sind überhaupt nicht müde“, sagte nun Visser.
    Faust gähnte und drehte sich zur Seite. Visser starrte auf den Boden.
    „Kann ich bitte ein Taschentuch haben?“, brach Nicole endlich die Stille. Die Fahnder sahen, dass ihre Augen stark gerötet waren und ihr die Tränen liefen. Sie hatte in den vergangenen Tagen sichtbar an Gewicht verloren. Die Wangen waren eingefallen. Die Haare klebten ölig an der Stirn fest. Sie trug einen knielangen, schwarzen Rock, darüber ein rotes Top und einen weißen Bolero aus Tüll, der nur ihre hellhäutigen
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