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Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)

Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)

Titel: Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Autoren: Subina Giuletti
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S ein Herz raste. Es zog sich spürbar zusammen. Es tat weh. Er hatte Angst.
    Alles hatte sich anders entwickelt, als geplant. Er hatte kein Funktelefon. Keine Verbindung. Er war allein. Seine Tür war zu. Und er wusste nicht, was dahinter vor sich ging. Wer sie öffnen würde. Was sie tun würden. Was ihn erwartete.
    Schweigende Unruhe war zu spüren. Ungute Spannung. Das einzige Geräusch, das er wahrnahm, war sein Herz, das bis an den Rand des Gaumens klopfte, so hart, dass es schmerzte. Unwillkürlich schluckte er, als könne er damit diese schreckliche Panik nach unten verbannen, sein Herz beruhigen.
    Bis zum Schluss hatte er gedacht, gehofft, er würde aus der Sache rauskommen. Irgendwie. Es würde alles gut werden.
    Es gab Pläne. Seinen, den der anderen...und es gab Gott. An den er immer geglaubt hatte...der letztlich immer da gewesen war. Wo war er nun? Näher, als vermutet? Anders nah als sonst? Wo, verdammt noch mal, war Jake?
    Wie immer, wenn seine Gedanken rotierten, zwang er sich, an sein Mantra zu denken. Er rezitierte es, wieder und wieder, um den Gedankenstrom in seinem Kopf auf einen einzigen Satz zu reduzieren. Ruhig, ruhig. Er musste ruhig bleiben. Luft flatterte abgehackt durch seine Kehle, als er versuchte die Beklemmung durch einen tiefen Atemzug zu lösen. Doch mit Lichtgeschwindigkeit schob sich erneut Panik in sein Bewusstsein und sein Herz sackte wie ein abstürzender Fahrstuhl nach unten. Er fühlte sich blutleer, hirntot, eine undefinierbare Masse in seinem Hirn, unfähig, zu reagieren.
    Zitternd lag er auf dem Bett.
    Wie oft hatte er sich diesen Moment vorgestellt. An alles hatte er gedacht, nur nicht daran, dass die Angst letztendlich so mächtig, so unkontrollierbar sein würde. Zeitweise hatte er sogar beim Nachdenken über diesen Moment angesichts seiner Situation und seiner kärglichen Aussichten etwas wie Erleichterung verspürt. Endlich würde dieses Elend vorbei sein! Er wäre erlöst. Gott, erlöst! Endlich Frieden, keine Angst, kein Herzweh - Emotionen, so oft gespürt, so oft von ihnen gequält...oh, mein Gott, es wäre endlich einfach still. Und dann...in diese Stille einsinken zu können...für immer... für immer geschützt, für immer geliebt...für immer frei. Es gab Momente in seinem Leben, in denen die Sehnsucht nach diesem Zustand alles überwältigte.
    Und nun...nun war es soweit. Doch das, was so unmittelbar davor in ihm hochkam, war pures Grauen. Ein Aufwall an Entsetzen, die lähmende Gewissheit, dass in wenigen Minuten alles zu Ende sein könnte.
    Heiß überfiel ihn der Gedanke an seine Kinder. Wie würde es ihnen ergehen? Sein Herz brach, wenn er an sie dachte. Nein, er konnte sie nicht schützen. Nicht mehr. Hatte er es jemals gekonnt? Die schrecklichste Erkenntnis, die er in den letzten Monaten gewonnen hatte, war, dass die größte Gefahr für seine Kinder er selbst war. Dass es besser für sie war, wenn er ging. Er konnte ihnen die Dinge nicht erklären. Aber er wusste um ihre Feinsinnigkeit. Es machte keinen Sinn, sich zu verstellen – sie wussten immer, wie es in ihm aussah. Und sie wussten, er litt, es ging ihm schlecht und immer schlechter. Sie wussten, er war unglücklich. In den Augen seiner Tochter hatte er selbstloses Einverständnis gesehen. Das Einverständnis, zu gehen, wenn er es wollte. Sie liebte ihn so sehr, dass sie bereit war, auf ihn zu verzichten, wenn es ihm damit besser gehen sollte. Oh, und er wollte leben! Richtig leben!
    Sein Herz zog sich erneut zusammen, aus Liebe, aus Schmerz, aus dieser ewigen, nicht enden wollenden Pein, die ihn schon so lange verfolgte, die an ihm klebte, wie festgebranntes Pech.
    Angst – da war sie - wie immer. Der schwarze Drachenhund, der Wächter am Eingang des Tores zur erlösenden Seligkeit.
    Und doch: In der kalten Asche dieser Angst glühte ein winziger Funke, ein Tröpfchen Hoffnung, ein Glühwürmchen an Wahnwitz, das ihn davon abhielt, sich dem Schicksal vollends hinzugeben.
    Geräusche an der Tür. Sein Kopf wandte sich seitwärts. Die Augen fokussierten wie in Zeitlupe von nah auf fern. Sein Blick fiel auf die Uhr am Nachttisch. Fünf Uhr morgens.
    25.06. 2009.
    Wie durch Watte nahm er wahr, wie die Klinke herunter gedrückt wurde, leise, fast behutsam.
    Mit Tränen in den Augen starrte er auf den nach unten gesenkten Türgriff. Wer immer da draußen stand, zögerte, herein zu kommen. Er hörte den anderen atmen, zaudern, fühlte das Metall des Griffes, die schweißfeuchte Hand, als wäre es
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