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Nord gegen Süd

Nord gegen Süd

Titel: Nord gegen Süd
Autoren: Jules Verne
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aufgerichtetem Felle und glühenden Augen schickte das Thier sich an, mitten unter die an der Wasserfläche wimmelnden Reptilien hineinzuspringen.
    In diesem Augenblicke zeigte sich aber auch ein Mann am Rande des Wassers – der auf der Insel zurückgebliebene Bruder Texar’s.
    Durch das Gebell des Hundes aufmerksam gemacht, wollte er diesem zu Hilfe eilen.
    Man würde sich nur schwer eine Vorstellung machen können von der in ihm auflodernden Wuth, als er Dy und Zermah auf dem dahintreibenden Baumstamm erblickte. Sie unmittelbar zu verfolgen, vermochte er ja nicht, da sich die Pirogue am anderen Ufer befand – nur ein Mittel blieb ihm übrig, Zermah zu tödten, auf die Gefahr hin, auch das Kind dem Tode zu weihen.
    Texar, der ein Gewehr bei sich trug, legte an und zielte auf die Mestizin, die das Kind mit dem eigenen Körper zu decken sachte.
    Plötzlich stürzte sich der völlig wuthtolle Hund in den Canal. Texar glaubte, ihn vorher gewähren lassen zu sollen.
    Doch schneller als man es ausdenken kann, hatten die Schlangen das Thier umstrickt, das, nachdem es sich kurze Zeit mit seinen furchtbaren Fangzähnen gegen deren giftige Bisse gewehrt, unter dem Wasser verschwand.
    Texar hatte den Tod des Hundes mit angesehen, ohne Zeit zu gewinnen, ihm Hilfe zu bringen. Jetzt drohte Zermah ihm zu entgehen…
    »So stirb Du!« rief er und gab auf sie Feuer.
    Der Stamm hatte jetzt aber schon das andere Ufer fast erreicht und die Kugel streifte nur unbedeutend die Schulter der Mestizin.
    Wenige Augenblicke darauf stieß der rettende Baumstamm an’s Land. Das Kind in den Armen tragend, sprang Zermah an’s Ufer, verschwand inmitten des Röhrichts, wo ein zweiter Schuß sie kaum hätte treffen können, und eilte bald unter den ersten Bäumen des Cypressenwaldes hin.
    Wenn die Mestizin jetzt auch nichts mehr von dem auf der Insel zurückgehaltenen Texar zu befürchten hatte, so konnte sie doch noch in die Hände des Bruders desselben fallen.
    Ihr eifrigstes Streben ging also zunächst darauf hin, so schnell und so weit wie möglich von der Insel Carneral wegzukommen. Mit einbrechender Nacht wollte sie dann versuchen, nach dem Washington-See hin zu flüchten. Unter Aufwendung allen Vorrathes körperlicher Kraft und geistiger Energie lief sie denn, mehr als daß sie ging, auf gut Glück weiter, immer das Kind im Arme, das ihr, ohne eine Verzögerung herbeizuführen, nicht hätte folgen können.
     

    Die Pirogue lag am anderen Ufer. (S. 396.)
     
    Die kleinen Füßchen Dys hätten es dieser versagt, auf dem sehr unebenen Boden, durch das Gestrüpp, das sich wie von einem Jäger gestellte Fallen auf-und niederbog, und zwischen den großen zutage liegenden Wurzeln hin, deren Verschlingungen für sie ebensoviele unübersteigliche Hindernisse gebildet hätten, Dienste zu thun.
    Zermah trug also unablässig die ihr so theure Last, deren Gewicht sie gar nicht zu empfinden schien. Zuweilen blieb sie stehen – weniger um Athem zu schöpfen, als um auf ein etwaiges Geräusch im Walde zu lauschen. Manchmal glaubte sie ein Gebell zu vernehmen, das dann also von dem anderen, von Texar mitgenommenen Spürhunde herkommen mußte, und dann wieder einzelne Gewehrschüsse zu hören, die in der Ferne verhallten. Da legte sie sich die Frage vor, ob die südstaatlichen Parteigänger doch nicht etwa mit einer föderirten Abtheilung in’s Handgemenge gekommen sein möchten. Als sie bald darauf aber erkannte, daß alle jene Laute nur von dem Geschrei eines dieselben nachäffenden Vogels oder von einem dürren Zweige herrührten, dessen Fasern unter der, durch die warme Luft erzeugten Spannung gleich einem Pistolenschusse zerbarsten, nahm sie den einen Augenblick unterbrochenen Weg wieder auf. Von erneuerter Hoffnung voll, wollte sie die Gefahren nicht mehr sehen, die sie bis zur Erreichung der Quellen des Saint-John noch so vielfach bedrohten.
    Während einer Stunde entfernte sie sich so in schräger Richtung von dem Okee-cho-bee-See, um der Küste des Atlantischen Oceans näher zu kommen. Sie sagte sich mit Recht, daß einzelne Schiffe des Bundesgeschwaders nahe dem Uferlande Floridas kreuzen würden, um die unter Führung des Capitän Howick ausgesendete Abtheilung zu erwarten. Dann war es ja leicht möglich, daß einige Schaluppen zur Beobachtung längs des Strandes vertheilt lagen.
     

    Schnell hatten die Schlangen das Thier umstrickt. (S. 399.)
     
    Plötzlich hielt Zermah an. Diesmal konnte sie sich nicht täuschen. Ein wüthendes Gebell
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