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Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Nonnenfürzle: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Boenke
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frierender,
rauchender, lethargischer Berufsschüler bahnte ich mir einen Weg zum Parkplatz.
Dort wartete geduldig zwischen Schneehaufen mein Alter auf mich. Kein digital versauter
fahrender Computer der E-Klasse, sondern ein Mercedes W 110 mit angedeuteter Heckflosse,
Baujahr 1963, in elegantem Weiß-Grau. Der Dieselmotor musste noch vorgeglüht werden,
und als Minuten später zum Zeichen des Erfolges unter dem verchromten Lochdeckelchen
der Anzeigedraht rotglühend aufleuchtete, erweckte ich mit dem Starterzug unter
Rußausstoß und infernalischem Genagele den antiken Dieselmotor zu parkinsonschem
Leben. Einige Schüler, kurzfristig aus scheintotem Zustand erwachend, applaudierten,
da sie diesmal den Selbstzünder nicht anschieben mussten.
    Ich verließ
meine Arbeitsstadt Bad Saulgau in südlicher Richtung hin zu meinem Wohnort. In Bolstern
bog ich nach links zum Golfplatz ab. Zugeschneit ruhte er unter hügeligem Weiß.
Von dort ging es über wenige kleine, typisch oberschwäbische Ortschaften mit herausgeputzten
Kirchen und verwaisten Gastwirtschaften direkt vor Riedhausen durch das winterstarre
Wilhelmsdorfer-Burgweiler Ried. Weil der Ried-Name die Anrainer bedenklich an Lehrerinnen-Doppelnamen
erinnerte, wurde das Feuchtgebiet im Volksmund nur Pfrunger Ried genannt.
    Ich fände
es auch schöner, wenn die Damen Aphrodite Bernadette Zimsmeyer-Schlude, Beatrice
Hundt-Verwahl von Trächtingen und Sibylle Kranenegger-Schäufele-Vrontmeyer Pfrungen
1, Pfrungen 2, Pfrungen 3 genannt würden. Wobei man dem Ried damit Unrecht antun
würde, da es erheblich feuchter, saftiger und humorfähiger ist als das Damen-Dreigestirn.

3
Charcutereskes
     
    Hilf uns
Herr in allen Dingen
     
    Hilf uns,
Herr, in allen Dingen,
    Dass wir
unser Amt und Werk
    Wohl anfangen
und vollbringen,
    Gib uns
Weisheit, Kraft und Stärk;
    Ohne deine
Segenshand
    Ist verloren
Stadt und Land.
    Hilf uns,
Herr, in allen Dingen,
    Und lass
alles wohl gelingen.
     
    Hilf uns,
Herr, auf allen Seiten
    Im Glück
und Unglück kämpfen,
    Streiten
und arbeiten
    Wider Satans
List und Tück,
    Wider Fleisches
Lust und Pracht,
    Wider weltlich
Ehr und Macht.
    Hilf uns,
Herr, in allen Dingen,
    Und lass
alles wohl gelingen.
    Martin Rinckart
(1586 – 1649)
     
    Wenige Kilometer vor meiner oberschwäbischen
Wahlheimat Riedhagen gab ich meinem automobilen Monstrum die Anweisung, einen Umweg
zu fahren. Hatte nicht Cäci angedroht, sie würde kochen? Ein Umweg über Ostrach
wäre da ratsam, auch um den Freuden ländlicher Kommunikation zu frönen und nicht
zuletzt wegen Cäcis Einkaufszettel, der mir just im Augenblick des Erschreckens
über Cäcis Ankündigung einfiel. Und so hielt ich noch rasche Einkehr in der Metzgerei
meines Vertrauens im kleinststädtischen Ostrach.
    Freudig
stellte sich Monika Magen, die wohlgenährte, zartrosawangige Fleischereifachverkäuferin
in Position. Von allen regionalen Fleischereifachverkäuferinnenfräuleins war sie
mir die drallste, die liebste. Vor ihr lag in der blitzeblank sauberen, dezent gekühlten,
mit Gemüse ausgeschmückten Fleischschautheke inmitten eines herrlichen Charcuterie-Arrangements
ein Schweinskopf. Es hätten Geschwister sein können.
    »Ja Griaßgottle,
Herr Benle, au mol wieder do? Des Schwarz-Weiß stoht Ihna ibrigens ganz guat, a
wengale besser als ihre Rockerklamotta mit dena alberne Kauboischtiefl! Obwohls
schon a bissle altbacka aussieht.«
    »Ja danke,
finde ich auch. Das nennt man Retro- oder Oldschool-Look.«
    »S Ibliche?«
    »Ja. Das
Übliche.«
    »An Efcekawe?«
    »Ja, ein
FCKW.«
    »Hoiß?«
    »Ja. Heiß.«
    Mit geschickter
Hand bereitete mir die feiste Fleischereifachverkäuferin Monika meinen Individual-FCKW,
einen Fleischkäswecken mit fein geschnittenen Cornichons zu. Fleisch gewordene Lust,
quasi.
    »Ond sonscht,
wia gohts au emmer?«
    »Gut, und
Ihnen?«
    »Schon recht.
Send Se eigentlich emmer no it verheirotet?«
    »Hmm.«
    Sie drehte
sich vom rötlich schimmernden Fleischkässolarium zu mir um, in ihren Augen blitzte
Hoffnung.
    »Jo ond,
send Se solo zurzeit?«
    »Hmm.«
    »Schad.«
    »Wieder
a Essiggirkle druf?«
    Die Frage
gehörte zu unserem festen Kommunikationsritual. Nun musste ich sagen:
    »Immer ein
Cornichon, Fräulein Monika, sonst wäre es ja kein FCKW.«
    Die folgende
Frage kam jedoch völlig überraschend und verließ das eingefahrene, nach festen Regeln
verlaufende Kommunikationsschema.
    »Oins messet
Se mir aber etzt mol verrota, warom saget Se eigentlich emmr Groschino ond it
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