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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut
Autoren: Merle Robert
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wohlhabend und hat meinem Samson das Leben gerettet, als sie ihn abhielt, sich auf der Suche nach seinem Bruder in das Pariser Gemetzel zu stürzen. Und ich für mein Teil sehe nicht ungern, wie ihr Blondschopf unsere alten Mauern erheitert. Ich bin ihr gut.«
    »Mehr ihrer Zofe«, versetzte Sauveterre trocken.
    Hierauf schwieg mein Vater mit einer Miene, als habe er nichts gehört. So pflegte er anzuzeigen, daß er das Gesagte nicht zu debattieren wünsche. Ha, schöne Zara, dachte ich, weit gehst du für die Interessen deiner Herrin! Und weil mich dieser Gedanke belustigte, warf ich François einen einverständigen Blick samt einem Lächeln zu. Aber François erwiderte mein Lächeln nicht, sein langes, rechtschaffenes Gesicht blieb ungerührt, womit er mir bedeuten wollte – heuchlerisch, wie er von jeher war! –, daß er den Mantel des Noah über die Schwächen unseres Vaters breite, der sich, nicht wie Noah an Wein, an Weiblichkeit berauschte. Die gute Franchou genügte ihm also nicht, wenn ich Onkel Sauveterre glaubte.
    Ich sage »Onkel« Sauveterre, der Leser wird sich aber gewiß erinnern, daß Siorac und Sauveterre keine gebürtigen Brüder waren, vielmehr hatten sie im Verlauf ihrer Dienstjahre bei der Normannischen Legion so enge Freundschaft geschlossen, daß sie sich zu Rouen vorm Notar »verbrüderten«, was damals der Brauch war, und einander ihr Hab und Gut verschrieben. So kam es, daß die Baronie Mespech, obwohl es nur einen Baron von Mespech gab, den beiden zu gleichen Teilen gehörte und daß Sauveterre, obwohl nur Junker, mit demselben Recht wie der Baron über die Wirtschaft des Gutes gebieten konnte – Gott sei Dank, aber nicht über das Schicksal seiner »Neffen«.
    Kaum waren wir an jenem Abend zurück von Breuil, wo die Herren Brüder einen Hammel untersucht hatten, von dem |10| Cabusse befürchtet hatte, daß er an der Klauenseuche leide (in welchem Fall das Tier hätte abgesondert werden müssen, damit die Krankheit nicht die ganze Herde ansteckte), da klopfte die schöne Zara an meine Zimmertür und sagte, ihre Herrin wolle mich sprechen. Sagte dies mit einem Schwall von Worten, wo eins genügt hätte, und begleitete ihre Reden mit wer weiß wie aufreizenden Mienen, äugelte, lächelte, lispelte kindlich, wand ihren Hals, wiegte ihre Taille, was alles, sosehr ich es für erzkokette Mittelchen erkannte, einen gewissen Eindruck auf mich nicht verfehlte, zumal ich wußte, daß es sich bei Zara nicht um bloße Nachäffereien handelte, sondern der Schönen vielmehr zur zweiten Natur geworden war. Sie war wie eine Standesperson gekleidet, Schnürmieder und Reifrock von Seide, Diamanten an den niedlichen Ohren, Perlenschnur um den schlanken Hals, Rubine an den feinen Händen, Dame Gertrude konnte ihr eben nichts abschlagen und verwöhnte sie derart, daß mein schöner Quéribus lachend behauptete, Herrin und Zofe spielten manch zärtliche Spiele. Worauf ich die Stirn runzelte, der Baron aber noch heller lachte.
    »Was ist dabei!« rief er. »Sind solch folgenlose Zärtlichkeiten unter Frauenzimmern nicht besser als ein Galan im Ehestand?«
    »Baron«, sagte ich, »vergeßt bitte nicht: Ich habe Euer Wort, daß Ihr dieser Galan nicht seid noch nach dem Kirchgang sein werdet.«
    »Das Wort gilt!« sagte Quéribus, indem er mir einen Arm um die Schulter warf und mich herzlich drückte. »Außerdem, droht mir nicht Euer schrecklicher Degen, seit Giacomi Euch die Jarnac-Finte lehrte?«
    »Ihr spottet wohl!« sagte ich. »Höchstens daß ich ein paar Fortschritte gemacht habe, das gewiß …«
    »Das
sicherlich
«, verbesserte mich Quéribus, indem er mich in den Arm kniff, um mir das »gewiß« abzugewöhnen, das, wie mir schon die Baronin des Tourelles gesagt hatte, den Hugenotten verriet.
    »Trotzdem«, schloß ich, »bin ich nur ein Fechterlein im Vergleich mit Euch.«
    Was, auch wenn es nicht ganz zutraf, meinem Quéribus die Freudenröte in die Wangen trieb, so wohl tat ihm das Lob.
    Die schöne Zara hingegen, die mich durch den Flur von |11| Mespech zur Kemenate ihrer Herrin führte, erheischte nicht so sehr lobende Worte als vielmehr stumme Ehrerweisung für ihren reizenden Rücken, während sie so aufrecht vor mir ging und bei jedem Schritt mit den Hüften wogte wie ein Schiff auf hoher See. Und weil sie ob meiner Ehrerweisung plötzlich den hübschen Kopf wandte, erspähte sie diese aus dem Augenwinkel, wobei sie mich durch eine lange Haarfranse beäugte wie ein Fohlen unter seiner
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