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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut
Autoren: Merle Robert
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meiner Mutter in ihrem kurzen Erdenleben gutzusein, war es ihm doch besser geglückt, die Tote zu beweinen, als die Lebende zu lieben. Für Sauveterre, der biblische Fruchtbarkeit über alles pries, war eine Frau nichts wie der fruchtbare Leib, durch welchen das Volk Gottes wuchs und sich mehrte. Daß solcher Leib dazu aber erst einmal befruchtet werden mußte, erregte bei ihm weder Lust noch Liebe.
    »Wenn diese Dame Samson heiratet«, fuhr er düster fort, »dann saugen Eure Enkelkinder den Aberglauben und die Götzendienerei der Papisten mit der Ammenmilch ein. Habt Ihr das bedacht?«
    »Ach, ich frage mich, ob diese Milch soviel bewirkt«, sagte Jean de Siorac. »Karl IX. hatte eine hugenottische Amme, und was es damit auf sich hat, habt Ihr zu Sankt Bartholomäus ja gesehen. Außerdem, mein Herr Bruder, gebietet die neuerdings wütende Verfolgung, sich wieder zu verkappen. Bei meinem Samson steht mehr Eifer denn Laschheit zu fürchten. Dame Gertrude wird seinem unschuldigen Antlitz eine Maske vorhalten. Und übrigens, wie steht sich ein hugenottischer Apotheker in papistischem Land? Beim ersten Patienten, der ihm stirbt, schreit alles: Gift!«
    »Ich sehe schon, Ihr seid entschlossen, Euch darein zu schicken«, sagte Sauveterre voll Gram.
    »Soll Samson länger in Sünde leben? Oder soll er entmannt wie ein Mönch in seiner Zelle vegetieren?« sagte mein Vater, doch mag er den letzten Satz bereut haben, als er sah, wie Sauveterre die Stirn darüber runzelte, daß er Keuschheit und Entmannung in einen Topf warf.
    »Baron von Mespech«, sagte Sauveterre frostig, »sorgt wenigstens dafür, daß diese Damen schnellstens von hier verschwinden. Ich bin ihres Gekakels, ihrer Zierereien und der Vergeudungen leid, die sie uns aufnötigen. Seit sie im Hause sind, nehmen die Kosten für Fleisch, Wein und Kerzen kein Ende! Für Kerzen vor allem! Wozu brauchen Dame du Luc und |8| ihre Gesellschafterin zehn Kerzen im Gemach, wenn mir in der Bibliothek eine reicht?«
    »Ihr schminkt Euch auch nicht«, sagte mein Vater lächelnd.
    »Das ist es ja!« brauste Sauveterre auf. »Der Herr hat ihnen ein Gesicht gegeben, müssen sie sich noch eins machen?«
    »Herr Junker«, sagte mein Vater, »hättet Ihr einen Soldaten unserer Normannischen Legion getadelt, der vor der Schlacht seine Waffen putzt?«
    »Was für eine Schlacht?« fragte Sauveterre griesgrämig.
    »Die sie tagtäglich unseren schwachen Herzen liefern.«
    »Schwach, jaja!« sagte Sauveterre mit einem vorwurfsvollen Blick auf meinen Vater. »Einen Monat, mein Herr Bruder, einen geschlagenen Monat hausen diese Heuschrecken nun schon in unserm Korn!«
    »So großen Schaden können die zwei kaum anrichten«, sagte Jean de Siorac mit einem Lächeln. »Soll ich sie etwa aus dem Hause jagen? Können sie in ihrer Kutsche denn unbeschützt reisen? Wißt Ihr nicht, daß sie auf die Gesellschaft und Begleitung von Quéribus angewiesen sind? Daß aber der Baron bei Puymartin feiert?«
    »Ja, und?« sagte Sauveterre.
    »Und Puymartin ist derart in ihn vernarrt, daß er ihn am Schlafittchen packt, sowie er ein Wort von Rückkehr nach Paris fallenläßt.«
    »Dann redet mit Puymartin.«
    »Bewahre! Ich werde mich hüten, wegen einer so unwichtigen Sache einen treuen Freund anzugehen, mit dem wir Großes vorhaben.«
    Hier sah ich, wie mein Bruder François die Ohren spitzte, ging doch all sein Streben dahin, Diane zu heiraten und, wenn ihre Mutter sich mit Puymartin vermählte, halbpart mit diesem die Herrschaft Fontenac zu übernehmen – sowie bei seinem ersten männlichen Kind den damit verbundenen Titel. Derweise würde sein junges Haupt noch vor dem Tod meines Vaters das Baronskollier zieren. Glücklicher François, dem die gebratenen Tauben ins Maul flogen, die er doch nur mir verdankte, schließlich hatte ich den Räuberbaron in einem rechtmäßigen Duell getötet, so daß es ihm nun freistand, dessen sanftmütige Tochter heimzuführen, auch wenn sie Papistin war. Ha, Sauveterre hatte noch nicht ausgekrächzt! Aber weil es sich diesmal |9| um die guten Äcker von Fontenac handelte, die so bequem an unsere grenzten, und um eine starke Burg, die auch Mespech bedeutend sicherer machte, würde es seinem hugenottischen Gewissen schwerfallen, sein heimliches Einverständnis zu verhehlen.
    Mein Vater war sich dessen wohl bewußt und fand, Papistin hie, Papistin da: Dame Gertrude du Luc konnte es mit Diane aufnehmen.
    »Dame Gertrude«, fuhr er fort, »ist von gutem Amtsadel, dazu sehr
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