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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut
Autoren: Merle Robert
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Jacotte lachend und glucksend, resch wie sie war, an Busenumfang reicher gesegnet als jede andere in Marcuays, so daß man sich, auch angesichts ihres glatten Gesichts und ihres strammen Leibes, fragen durfte, ob sie das für den Dienst in einem Pfarrhaus erforderliche kanonische Alter habe und erst recht die dazu notwendige Keuschheit. Seit der Farce, die unserem papistischen Hirten den Spitznamen »Zange« eingebracht hatte (ich erzählte sie bereits), hieß sie bei den Leuten im Dorf nur die »Curotte«, aber hinterm Rücken, aus Furcht vor ihrer scharfen Zunge. So streitbar sie indessen war, wechselte sie bei Ansicht meiner Eskorte doch ein wenig die Farbe.
    |20| »Wer ist das?« fragte sie ziemlich verdattert, indem sie auf Giacomi wies, der lang und dünn war wie ein Degen.
    »Das ist der Maestro Giacomi«, sagte ich, »Assistent des großen Silvie, Fechtmeister Seiner Hoheit des Herzogs von Anjou.«
    »Und der Berg von einem Kerl da?« fragte sie und zeigte mit dem Finger auf Fröhlich, der gerade den Kopf einzog und seine breiten Schultern schrägte, um sich durch die Haustür zu zwängen.
    »Ein Bogenschütze vom Louvre, der in meinen Dienst getreten ist«, sagte ich, ohne allerdings den König von Navarra zu erwähnen so wie vorher den Bruder des Königs.
    Stumm starrte die Curotte auf uns vier (Miroul kannte sie ja) und sah tief erschrocken, daß wir unter den Capes Dolch und Degen trugen.
    »Mein edler Moussu, was wollt Ihr von meinem Herrn?« fragte sie.
    »Gevatterin«, sagte ich, leutselig im Ton, doch kalten Blicks, »das geht nur ihn und mich an.«
    »Ha, Moussu!« rief Jacotte, »Ihr wollt Euch doch nicht an ihm rächen, weil er über Euer Duell mit Fontenac zuerst gegen Euch ausgesagt hat? Wißt Ihr denn nicht, daß man ihm die Daumenschrauben angesetzt hatte?«
    »Oder aber die Pranke geschmiert?« versetzte ich, um mich unerweicht zu zeigen. »Aber darüber werde ich mit dir nicht rechten, Jacotte. Geh, hole mir ungesäumt deinen Herrn. Miroul, folge ihr, laß sie nicht aus den Klauen. Das Weib darf das Haus nicht verlassen, bis unsere Sache beendigt ist.«
    Worauf Jacotte anfing wie Espenlaub zu zittern und sich auf dem Weg zur Pfarrstube von meinem Diener ohne Widerrede gängeln ließ.
    »Ha, Moussu!« sagte nachher mein dreister Miroul, »mit Zeit und Gelegenheit hätt ich die Curotte schon weidlich hugenottisiert, so barmte sie nach Huld und Gnaden. Hat sie doch wahrlich gefürchtet, samt ihrem Schuft erschlagen zu werden.«
    Dem Schuft stand der Kamm nicht eben steif, als er den Raum betrat, wo wir drei, die Rechte am Degenknauf, den Rücken am warmen Feuer, auf ihn warteten. Offen gestanden, hatte aber Fröhlich, anstatt die Haustür im Auge zu behalten, sich in eine Schüssel Gänseleberpastete und eine Flasche Roten |21| verguckt, die auf dem gedeckten Tisch als kleines Abendmahl unseres Wirtes harrten, denn unser Mann war genau solch Freßsack wie mein Schweizer und, wenn ich der Maligou glaube, die es erfahren hat, dazu ein unersättlicher Rammler: Man sah es seiner karminroten Rübe und seiner großen Nase an, die sich bis auf die dicken, lüsternen Lippen niederbog. Um so kleiner waren seine Augen, aber verschlagen, und die niedrige Stirn ließ vermuten, daß Zanges Brägen gerade nur ausreichte, seinen Begierden zu dienen, jedoch schwerlich auch nur ein Atom Wissen oder Menschenfreundlichkeit beherbergte, denn ein gütiger Mensch war er sicherlich nicht, auch wenn er so tat.
    Kaum war er eingetreten, da schloß Giacomi hinter ihm die Tür und lehnte sich derweise dagegen, daß Zange erbleicht wäre, hätte seine rote Haut es zugelassen. Seine Augen rollten wie ängstliche Tierchen in den Höhlen, und seine dicken Lippen bibberten wie Sülze.
    »Ha, ehrwürdiger Doktor der Medizin!« brachte er endlich stotternd und stammelnd hervor, indem er sich quasi bis zur Erde verneigte. »Ich fühle mich höchlich geehrt …«
    »Ich nicht, Pfarrer«, sagte ich, die Miene ruppig und die Stimme schroff. »Hätte es von deiner Aussage abgehangen, wäre ich jetzt einen Kopf kürzer!«
    »Ha, mein edler Moussu«, sagte Zange auf okzitanisch, »diese Aussage hat der Herr von Malvézie mir abgepreßt, mit der Degenspitze an meinem Adamsapfel.«
    »Aber als die Degenspitze weg war, hast du, Schuft, die Aussage im Bischofssitz wiederholt.«
    »Heilige Jungfrau!« sagte Zange, »durfte ich mich auflehnen gegen Monseigneur, der es so von mir verlangte?«
    »Kameraden!« rief ich auf französisch, »habt
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