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Noch immer schwelt die Glut

Noch immer schwelt die Glut

Titel: Noch immer schwelt die Glut
Autoren: Merle Robert
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weit, ein Grundstück, das wir zu Sarlat besaßen, einem Kapuzinerkloster, das sich vergrößern wollte,
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zu überlassen.
    Gleichzeitig streute mein Quéribus, von dem man wußte, |26| daß er beim Herzog von Anjou in sehr hoher Gunst stand, im Sarladischen das Gerücht aus, daß ich bei seinem Herrn Huld und Gnade genösse, was ja nicht gänzlich falsch war – immerhin hatte der Herzog mir zweihundert Ecus aus seiner Schatulle geschenkt –, aber daß er mich auch vor den Schlächtereien des vierundzwanzigsten August errettet hätte: eine faustdicke Lüge, die ich selbst jedoch überall beglaubigte, weil nichts so gut schützt wie eine fürstliche Protektion, mag sie auch pure Erfindung sein.
    Doch obwohl dieses kluge Betragen – meines und das der Herren Brüder – die Dinge im Sarladischen derweise eingerenkt hatte, daß wir uns in unserer Sicherheit nicht bedroht fühlen mußten, war es gegen jede Wahrscheinlichkeit, daß unser Bischof erlauben würde, Diane einem Ketzer anzutrauen, bevor dieser nicht abgeschworen hatte: Das hätte François sicherlich getan und auch mein Vater vielleicht erlaubt, hätte Sauveterre über unseren Häuptern nicht die Geißel seiner unerschütterlichen Glaubensstrenge geschwungen.
    Nicht daß alle Bischöfe im Königreich, auch nach der Bartholomäusnacht, so unbeugsam waren wie unserer. Einige, für die mehr die Familien und ihre Verbindungen zählten, vertraten sogar die Ansicht, daß es der Kirche nütze, wenn ein Hugenott eine Papistin ehelichte, unter der Bedingung allerdings, daß die Kinder von der Mutter im katholischen Glauben erzogen würden, weil der Glaube des hugenottischen Gemahls dann mit ihm aussterben werde. Auf diese Weise, meinten sie, mache man der Ketzerei ohne Hieb und Leid den Garaus, und zwar dauerhaft, allein nur vermittels sanfter Beihilfe der Frauen.
    Denn nicht alle Priester in Frankreich gebärdeten sich fanatisch wie unser Bischof zu Sarlat, bei weitem nicht: Sonst hätte Gertrude kaum so fest auf die Bereitwilligkeit ihres normannischen Pfarrers gebaut, sie mit Samson zu vermählen, ohne mehr als das von Zange ausgeschwitzte lateinische Scheinchen zu fordern. Selbiges trug ich nun im Laufschritt zur warmen, hellen Kemenate der Schönen hinauf und überreichte es ihr, und sie schob es in ihren Busen, wo es gewiß besser geborgen war als in meinem winddurcheisten Wams, über und über voll Schneeflocken, die nun in der Wärme schmolzen.
    »Ach, mein guter Bruder! Wie tüchtig und liebreich Ihr seid!« rief Gertrude, die vor Freude nicht wußte, was sie sagen |27| sollte, mir ihre schönen Arme um den Hals warf und mich abküßte wie wild.
    »Miroul«, sagte ich über ihre Schulter hinweg zu meinem lieben Diener, der uns mit seinem sprühenden Braunauge belustigt zusah (das blaue blieb kalt), »geh, melde meinem Vater, daß es schneit, und bitte ihn um Erlaubnis, in den beiden Kaminen des großen Saals Feuer machen zu dürfen. Es friert zum Steinespalten.«
    »Ich eile, Moussu!« sagte Miroul, erfreut über den Auftrag, denn der große Saal lag neben der Küche, wo Florine – die blonde Hugenottin, die er dem Sankt-Bartholomäus-Massaker entrissen hatte – der Maligou half, unser Abendessen zu bereiten. Diese war die Mutter meiner kleinen Schlange Gavachette, was man kaum glauben mochte, wenn man die dickbäuchige, vollbusige und großärschige Maligou sah, die derzeit auch noch winselte wie eine Kuh beim Kalben, weil sie schon drei Tage an unaufhörlichem Durchfall litt.
    Es klopfte an der Zimmertür, und als Zara mit ihren gesalbten Händen zu öffnen geruhte, trat der Baron von Quéribus herein, noch stärker beschneit als vorher ich, denn er war von Puymartin bis Mespech galoppiert, um mit uns zu essen, ein wenig steifbeinig noch, aber zum Entzücken in seiner Eleganz und Schönheit, mit goldenen Haaren, blauen Augen, schwarzen Brauen, die Züge wie gemeißelt und strahlende Jugend im Frühling seines Lächelns, das ihn trotz seines Geckentums liebenswert machte. Denn als echter Hofmann stolzierte mein Quéribus wie ein Pfau, die Taille schlank, die Füße ausgestellt, eine Hand in der Hüfte.
    »Bei meinem Gewissen!« rief er laut, »es schneit, daß man nicht Weg noch Steg erkennt! Und sterbenskalt ist es! Madame, ich liege Euch zu Füßen«, setzte er hinzu, doch küßte er Gertrude nur die Hand und nahm sie nicht in die Arme, wohl um mir zu zeigen, daß er meiner Ermahnungen inne war, dafür umarmte er mich stürmisch und
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