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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen
Autoren: Lucy Christopher
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Du hast mich gesehen, bevor ich dich gesehen habe. An diesem Tag damals im August, auf dem Flughafen, hat dieser Blick in deinen Augen gelegen – als wolltest du etwas von mir, als würdest du dich schon lange danach sehnen. Niemand hatte mich bis dahin derart intensiv angeschaut. Das hat mich unruhig gemacht und wohl auch überrascht. Diese blauen, blauen Augen, dieses eisige Blau in deinem Blick, der mich traf, als könnte ich ihn wärmen. Sie sind ziemlich heftig, deine Augen, und zugleich, na ja, sind sie auch ziemlich schön.
    Du hast kurz geblinzelt, als ich dich ansah, und dich weggedreht, als wärst du nervös … als wäre es dir peinlich, dass du irgendein Mädchen am Flughafen anstarrst. Dabei war ich nicht einfach irgendein Mädchen, oder? Das hast du gut hingekriegt. Ich bin drauf reingefallen. Es ist komisch, ich habe immer geglaubt, blauen Augen könnte man trauen. Ich dachte, sie signalisieren Sicherheit. Die Guten haben immer babyblaue Augen. Dunkle Augen kennzeichnen die Schurken … den Sensenmann, den Joker aus Batman , Zombies. Alle sind sie dunkel.
    Ich hatte mich mit meinen Eltern gestritten. Mum hatte an meinem knappen Top rumgenörgelt und Dad war einfach schlecht gelaunt, weil er zu wenig geschlafen hatte. Dich zu sehen war also eine wunderbare Ablenkung. Hast du das von vornherein so geplant – hast du gewartet, bis meine Eltern mich zur Schnecke machen, und bist erst dann auf mich zugekommen? Mir war damals schon klar, dass du mich beobachtet hattest. Und du kamst mir auf seltsame Weise bekannt vor. Ich hatte dich schon mal gesehen … irgendwo … Aber wer warst du bloß? Meine Blicke wanderten immer wieder zurück zu deinem Gesicht.
    Du warst schon seit London in meiner Nähe. Ich hatte dich in der Schlange am Check-in-Schalter gesehen, mit deiner kleinen Tasche als Handgepäck. Auch im Flugzeug hatte ich dich bemerkt. Und jetzt warst du hier, im Flughafen von Bangkok, genau in dem Coffeeshop, in dem ich mir gerade einen Kaffee holen wollte.
    Ich bestellte und wartete darauf, dass der Kaffee fertig wurde. Ich fummelte mit meinem Geld herum. Ich drehte mich nicht um, aber mir war klar, dass du mich immer noch im Blick hattest. Wahrscheinlich klingt das ziemlich schräg, aber ich habe es einfach gespürt. Die Härchen in meinem Nacken richteten sich bei jedem Blinzeln von dir auf.
    Die Typ an der Kasse hielt den Becher fest, bis ich mein Geld parat hatte. Kenny stand auf seinem Namensschild – verrückt, dass ich mich daran noch erinnere.
    »Wir nehmen keine englischen Münzen«, sagte Kenny, nachdem er mir beim Zählen zugesehen hatte. »Hast du keinen Schein?«
    »Hab ich in London ausgegeben.«
    Kenny schüttelte den Kopf und zog den Kaffeebecher zurück. »Neben dem Duty-free-Shop gibt’s einen Geldautomaten.«
    Ich merkte, wie jemand hinter mich trat, und drehte mich um.
    »Lass mich das bezahlen«, sagtest du. Deine Stimme war tief und leise, als wolltest du nur von mir gehört werden, und mir fiel der eigenartige Akzent auf. Dein kurzärmliges Hemd roch nach Eukalyptus und du hattest eine kleine Narbe seitlich an der Wange. Dein Blick war so intensiv, dass ich dir nicht länger in die Augen schauen konnte.
    Du hattest schon einen Geldschein in der Hand, in einer mir fremden Währung. Ich glaube, ich hab vergessen, mich zu bedanken. Tut mir leid. Du nahmst Kenny den Kaffee ab. Der Pappbecher verformte sich ein wenig in deinem festen Griff.
    »Zucker? Einer?«
    Ich nickte nur. Deine plötzliche Gegenwart und die Tatsache, dass du mit mir sprachst, verwirrten mich, darum konnte ich nichts anderes tun.
    »Mach dir keine Gedanken, ich hol ihn schon. Setz dich einfach hin.« Du zeigtest auf den Platz, wo du eben gesessen hattest, an einen Tisch zwischen künstlichen Palmen drüben beim Fenster.
    Ich zögerte. Aber du hattest wohl vorhergesehen, dass das der Fall sein würde. Sanft berührtest du mich an der Schulter und ich spürte die Wärme deiner Hand durch mein Top. »Hey, das geht schon okay, ich beiß nicht«, hast du leise gesagt. »Ist sowieso nichts anderes frei, außer du willst dich zur Addams Family da drüben setzen.«
    Ich folgte deinem Blick bis zu den freien Stühlen bei einer großen Familie. Zwei von den kleineren Kindern robbten gerade quer über den Tisch und ihre Eltern stritten sich über ihre Köpfe hinweg. Heute frage ich mich, was wohl passiert wäre, wenn ich mich neben sie gesetzt hätte. Wir hätten uns über das Reisen mit kleinen Kindern und über
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