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Ninragon - Homunkulus

Ninragon - Homunkulus

Titel: Ninragon - Homunkulus
Autoren: Horus W. Odenthal
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Milizionäre stoben umher, versuchten den sausenden Klingen zu entgehen und – wenn möglich – Schüsse auf das Vieh abzugeben.
    Wieder sah sie den massiven Rücken der Kreatur vor sich, ihre ruckenden, umherschießenden Arme. Gab sich diesmal gar nicht die Mühe, nach besonderen Gelegenheiten auszuspähen. Nur nah genug herankommen, nur Glück haben. Das hatte sie: Sie war im Schatten der Kreatur, stemmte sich mit den Beinen ab, sprang.
    Für einen Moment, sah sie pechartige, zerfetzte Panzerplatten, deren unbeschädigte, erhöhte Flächen von einer Staubschicht bedeckt, so dass die darin eingefrästen Ornamente dagegen klar hervortraten, dann den rohen Kopf, der daraus vorsprang. Den Nacken mit der blutigen Furche ihres ersten Hiebes.
    Dorthin traf sie auch jetzt, spürte den Widerstand, Knirschen, einen Ruck.
    Der Homunkulus schoss herum, sie wurde durch die Luft geworfen. In einem Orkan aus röhrendem Gefauche kam sie auf, besser diesmal, schaffte es abzurollen. Ein Schmerz durchzuckte sie wie ein Schwertstich, als sie mit der wunden Stelle den Boden berührte. Wie ein rasender Bulle kam der Homunkulus auf sie zu, zwei Klingen blitzten vor ihm her.
    Keine Waffe.
    Ihr Schwert war fort. Das war‘s.
    Klann, die Kinder! , schoss es durch ihren Kopf. O mein Gott. Er brauchte sie nicht einmal mit den Klingen zu durchbohren, er musste sie einfach nur in den Boden trampeln.
    »Wir kriegen es. Das Vieh ist dran.«
    Sie hörte die Worte direkt neben ihrem Ohr, wie von einer Geisterstimme geflüstert. Histans Stimme.
    Die Worte befreiten sie aus ihrer Lähmung. Ihr Kopf schwenkte zur Seite, sie sah dort Histans bärtiges Gesicht. Er kauerte neben ihr. Kaltblütig, die Armbrust im Anschlag, visierte er mit versteinertem Gesicht den anstürmenden Kampfkoloss an.
    Das Schnappen der Sehne.
    Der Pfeil flog und erschien wieder unter dem dunklen Brauenwulst der Kreatur, direkt im mittleren der drei Augen.
    Der Homunkulus war heran, verdeckte alles andere. Danak warf sich zur Seite. Hinter ihr rammte der schwere Körper wie ein Ballistengeschoss in Mauerwerk und Trümmer. Eine Wolke aus Staub stieg auf, in der sich der massige Leib der Kreatur mühsam aufrichtete. Ein Laut, den Danak vorher nicht von ihr gehört hatte, entrang sich ihr. Er war hoch, zwischen Keuchen und Wimmern, hart wie von einem Wasserkessel unter Druck; ein untergründiges Rasseln vermischt mit schrillem Pumpen. Histan war in all dem aufgewirbelten Staub schon bei ihm, an dessen jetzt blinder Seite, hieb sein Schwert in den im Kraftakt des Hochrappelns noch leicht gebeugten Nacken.
    Ihr eigenes Schwert, dort war es. Es hatte sich ins Genick der Kreatur gebohrt und war da steckengeblieben. Keine andere Waffe erreichbar. Keine Wahl als nutzlos danebenzustehen – oder es sich zurückzuholen.
    Bevor sie sich versah, war sie ebenfalls neben dem dunklen, sich wild herumwerfenden Leib des Homunkulus, massiv wie ein Stier, nur größer und eher noch rasender in seiner Wut. Sie sprang heran, schnellte zurück, versuchte, ohne zerquetscht zu werden, an ihr Schwert zu kommen. Beim dritten Versuch hatte sie es. Sie hechtete, die Waffe gepackt, zurück, preschte wieder vor, hieb mit der Klinge auf den Hals der Kreatur ein.
    Der Homunkulus kam nicht mehr hoch.
    Sein Toben war schwächer geworden. Er war zu zwei Dritteln blind, konnte nicht mehr richtig wahrnehmen, was vor sich ging. Der Schmerz schien ihn wahnsinnig zu machen, und ihrer aller Hiebe ließen ihm keine Chance. Andere Milizionäre waren herangekommen, schlugen ebenfalls auf ihn ein. Es war nur noch eine Frage der Zeit.
    Danak landete einen weiteren Treffer am Nacken. Der klaffte weit, an mehreren Stellen. Wie roher Thunfisch. Der Homunkuluskörper sackte auf dem linken, dem beschädigten Arm weg. Ein heftiges pumpendes, stoßartiges Rasseln kam aus der Kehle, brach ab. Nur noch letztes Zucken ging durch die Kreatur. Endlich hackten sie den Hals vollständig durch, und der kantige Kopf rollte vom Leib weg.
    Dann standen sie keuchend da und sahen sich über den toten, starren Körper hinweg an.
    »Was war das denn?« Chik war der erste, der die Sprache wiederfand.
    »Ein Brannaik-Homunkulus«, meinte Histan Vohlt trocken. Er war der einzige, der seine Atmung einigermaßen unter Kontrolle hatte. »Wahrscheinlich von den Schlachtfeldern geborgen, und von irgendjemandem, der sich darauf versteht, notdürftig hergerichtet und wieder in Gang gesetzt.«
    »Jetzt ist er totes Fleisch. Zur Hölle mit ihm!« Chik
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