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Königskind

Königskind

Titel: Königskind
Autoren: R Merle
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    |5| VORWORT
    Ich erinnere mich, daß ein arabischer Herrscher einmal im Fernsehen sagte, königliche Gemahlinnen hätten in seinem Land nie
     eine politische Rolle gespielt, und so gehe es auch viel besser, denn das Beispiel Frankreichs habe ja gezeigt, daß weibliche
     Herrschaften katastrophal zu enden pflegten.
    Wieso aber? Blanche von Kastilien regierte mit großer Tatkraft und Klarsicht und hinterließ dem heiligen Ludwig ein befriedetes
     Reich. Katharina von Medici meisterte nach dem Tod Heinrichs II. mit großem Geschick eine dramatische Situation. Und so schwach
     Anna von Österreich auch bei Kopfe sein mochte, war sie doch einsichtig genug, das Regieren Mazarin zu überlassen. Allerdings
     war die Regentschaft ihrer Vorgängerin Maria von Medici unheilvoll in mehrfacher Hinsicht. Aber wenn von vier Frauen eine
     zur Herrschaft untauglich ist, läßt sich mit diesem Verhältnis noch keine frauenfeindliche These stützen. Käme man, wenn man
     die politischen Fähigkeiten der französischen Könige gegeneinander aufwöge, zu einem besseren Ergebnis?
    Um bei Maria von Medici zu bleiben: ihre Finanzführung, die unerhörte Macht, die sie Abenteurern einräumte, ihre fatale Schwäche
     gegenüber den Großen des Reiches wird niemand verteidigen können. Was aber soll man erst über ihr Verhältnis zu ihrem Sohn
     sagen – außer daß ich meine Erzählung darüber aus den glaubwürdigsten Quellen geschöpft habe? Manchmal ist sie so grausam
     und bedrückend, daß der Leser sich fragen wird, ob ich nicht hie und da übertrieben habe. Ich habe es nicht. Da ich dem weiblichen
     Geschlecht sehr wohlgesonnen bin, wäre auch ich froh gewesen, hätte ich auch nur einen oder zwei Züge an Maria entdecken können,
     die sie liebenswerter erscheinen ließen.
    Weil ich gerade von meinen Quellen spreche, möchte ich Madeleine Foisil und der großartigen Arbeit, die sie und ihre Forschungsgruppe
     mit der Entzifferung und Herausgabe des |6| gesamten Tagebuchs des Doktors Héroard (1989) geleistet haben, hier noch einmal Ehre erweisen. Auf dreitausend Seiten dokumentiert
     es die ersten siebenundzwanzig Lebensjahre des Dauphins Ludwig in täglichen Eintragungen, die durch ihre Einförmigkeit und
     Trockenheit ermüden mögen, die aber plötzlich auf einer Seite eine Begebenheit oder einen Dialog enthalten, die auf die Psychologie
     des jungen Königs und die jeweilige politische Lage ein neues Licht werfen.
    Oft schreiben mir Leser von
Fortune de France
und fragen an, welche Bücher ich ihnen empfehlen würde, um ihre Kenntnis der von mir beschriebenen Epoche zu vertiefen. Darin
     erkenne ich ganz die gleiche »Unersättlichkeit« historischer Neugierde, von der ich selbst besessen bin. Gleichwohl bereitet
     es mir einige Verlegenheit, diesen Lesern zu antworten, denn man wird sich vorstellen können, daß meine Bibliographie beträchtlich
     ist und daß die meisten Bücher, die ich gelesen habe – vornehmlich Memoiren jener Zeit –, nur in der Bibliothèque Nationale
     zu finden sind. Historische Werke jüngeren Datums, die mir ebenfalls kostbare Dienste geleistet haben, sind oft vergriffen,
     so höchstwahrscheinlich die drei hervorragenden Studien von Louis Battifol:
La Vie intime d’une reine de France, Autour de Richelieu
und
Le Coup d’Etat du 24 avril 1617
, ein bewundernswertes Buch, das seine hohe Glaubwürdigkeit dem Rückgriff auf die Depeschen der ausländischen Gesandten verdankt.
     Vergriffen ist auch der dreibändige
Richelieu
von Philippe Erlanger, von dem Monsieur de Vivie, Direktor des Hauses Perrin, mir liebenswürdigerweise Fotokopien zur Verfügung
     stellte. Zum Glück liegt das vor wenigen Monaten erschienene schöne Buch von Roland Mousnier,
L’Homme Rouge
, noch in allen Buchhandlungen, ebenso hoffentlich der
Louis XIII
von Pierre Chevallier, den Fayard 1979 herausgebracht hat. Schwieriger aufzutreiben ist dagegen vermutlich das Buch von Emile
     Magne von 1942:
La Vie quotidienne au temps de Louis XIII
, für einen Romanautor eine geradezu fesselnde Lektüre. Schließlich nenne ich das zweibändige Dictionnaire du Grand Siècle,
     1990 bei Fayard unter der Ägide von François Bluche erschienen, auf das ich oft zurückgreife.
    Bevor ich meinen Leser an der Schwelle zu diesem Roman verlasse, möchte ich ein letztes Wort hinzufügen. Zur Stunde, |7| da ich diese Zeilen schreibe, sind überall pessimistische Jeremiaden über das Schicksal dieses Landes zu hören. Ich glaube
     ihnen
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