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Ninotschka, die Herrin der Taiga

Ninotschka, die Herrin der Taiga

Titel: Ninotschka, die Herrin der Taiga
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fell in der Sonne wie Gold leuchtete.
    »Zurück!« brüllte Miron voller Verzweiflung. »Ninotschka Pawlowna, ich erschieße Ihr Pferd! Zurück!«
    »Wag es!« schrie Ninotschka und beugte sich tiefer über den Hals ihres Pferdes. Es sah aus, als flüsterte sie ihm etwas ins Ohr, und das Tier streckte sich und schien förmlich über den Boden zu fliegen.
    Miron fiel zurück und brüllte auf vor Angst und Not wie ein verwundeter Bär.
    Und dann sahen sie die Wölfe. Zuerst einzelne, die ihnen hechelnd entgegenstarrten, dann die Rudel, eine graubraune Mauer im Schnee mit aufgerissenen, dampfenden, heulenden Schnauzen.
    »Ninotschka Pawlowna!« schrie Miron wie ein Wahnsinniger. »Gott sei uns allen gnädig!«
    Sie rasten an den Überresten eines Pferdes und eines Menschen vorbei, hörten wieder Schüsse, ganz nah jetzt, und dann waren sie mitten unter den Bestien, die einen Augenblick lang über das Auftauchen der neuen Feinde verwirrt schienen und nicht angriffen.
    Miron begann zu schießen. Er hielt wahllos in die Wolfsrudel hinein, erkannte dann die Lichtung hinter dem Vorhang aus wirbelndem Schnee, sah Ninotschka wie einen Geisterreiter die Wölfe überrennen.
    Die Schüsse verstummten, Miron erlegte noch zwei angreifende Bestien und folgte dann Ninotschka.
    Die Soldaten auf der Lichtung starrten die beiden an, als seien sie Fabelwesen.
    Ninotschka sprang vom Pferd und schoß, kaum daß sie stand, nach einem Wolf, der sich zu weit vorgewagt hatte. Erst dann drehte sie sich um und ging auf Schejin zu.
    »Ist es möglich?« rief sie. »Sie, General? Starren Sie mich nicht so entgeistert an. Erkennen Sie mich denn nicht?«
    Sie nahm die Mütze vom Kopf. Ihr schwarzes Haar fiel in dichter Fülle über ihre Schultern.
    »Ninotschka Pawlowna«, stammelte Schejin. »Wo, um alles in der Welt, kommen Sie her? Wer hat Sie in diese Hölle geführt? Mein Gott, was wollen Sie hier?«
    »Ich hörte Ihr Schießen. Ich will Ihnen helfen.«
    »Helfen? Sehen sie sich um, Ninotschka Pawlowna. Heilige Mutter von Kasan, was haben Sie nur getan!« Erst jetzt sah der entsetzte Schejin Miron, der gerade vom Pferd sprang.
    »Warum hast du sie nicht zurückgehalten, du Lump?« schrie der General.
    »Wenn es Ihnen gelingt, Ninotschka Pawlowna von irgend etwas, das sie sich in den Köpf gesetzt hat, zurückzuhalten, schenke ich Ihnen den Mond!« rief Miron zurück. »Was sollte ich denn tun?«
    »Gewalt anwenden, wenn nichts anderes hilft, du Idiot!«
    »Würden Sie das tun, wenn sie mit dem Gewehr auf Sie zielt?«
    General Schejin faßte sich wieder an den Kopf und starrte Ninotschka an. »Sie sind in Ihren Tod geritten«, sagte er dumpf. »Wir haben noch neununddreißig Schuß Munition. Und dort drüben warten über hundert Wölfe. Ist Ihnen Fetkin begegnet?«
    »Etwa dreihundert Meter von hier liegen ein Mann und ein Pferd zerrissen im Wald.«
    »Das ist das Ende.« Schejin griff nach seiner Reiterpistole. »Ninotschka Pawlowna, ich lasse Sie nicht von den Wölfen zerreißen. Ich erschieße Sie vorher. Fetkin war meine einzige Hoffnung. Wenn er Jenjuka erreicht hätte …«
    Ein Schuß unterbrach ihn. Miron hatte ihn abgegeben. Auch die Soldaten schossen jetzt wieder. Einige Wölfe hatten sich näher geschlichen.
    »Ich kann Jenjuka noch erreichen, General«, sagte Ninotschka ohne das geringste Zittern in der Stimme. »Ich reite sofort los.«
    »Das ist Wahnsinn!« rief Schejin. »Denken Sie an Fetkin.«
    »Ich habe das beste Pferd von Jenjuka.«
    »Aber dort drüben lauern hundert Wölfe auf Sie!«
    »Ich werde mit zwei Bündeln brennenden Reisigs durchbrechen.« Ninotschka winkte Miron. »Los, mach Feuer!« rief sie. Ihre helle Stimme übertönte die vereinzelten Schüsse. »Zwei Bündel Reisig! Starr mich nicht so an, Miron! Weißt du denn nicht mehr … damals die Wölfe auf unserem Gut Pernaskoje …«
    »Das waren vier Stück, Ninotschka Pawlowna. Vier junge Tiere und noch voller Angst.«
    »Auch die da haben Angst vor dem Feuer!« Ninotschka lief zu ihrem Pferd, lud die Beutel mit Munition ab und warf sie Schejin zu. »Das sind hundert Schuß, General. Und zwei Gewehre und drei Pistolen. Ich brauche keine Waffen mehr für diesen Ritt!«
    »Mit hundert Schuß schaffen wir es allein!« Schejin gab den Munitionsbeutel an den Leutnant weiter. »Verteilen. Fertig machen zur Attacke!«
    »Das wäre falsch«, sagte Ninotschka ruhig. Sie sah nicht mehr zu den Wölfen hin. Sie wußte, daß aller Mut sie verlassen würde, wenn sie dieses
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