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Ninotschka, die Herrin der Taiga

Ninotschka, die Herrin der Taiga

Titel: Ninotschka, die Herrin der Taiga
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Heer von blutgierigen Bestien länger betrachtete. »Die Wölfe springen Sie in Gruppen an, und dagegen gibt es keinen Widerstand. Sie müssen warten, bis aus Jenjuka genügend Männer kommen, um sie zu vertreiben. Vorher kämen vielleicht zwei oder drei Ihrer Leute durch, mehr aber nicht.«
    »Sie reiten nicht, Ninotschka!« rief Schejin.
    »Ich habe das schnellste Pferd!« Ninotschka zögerte, sah dann doch zu den Wölfen hinüber und schauderte zusammen. Miron war schon dabei, Äste von den Bäumen zu brechen und zu bündeln. Es würde Mühe kosten, das feuchte Holz zum Brennen zu bringen.
    »General Schejin«, sagte Ninotschka langsam. »Ist Ihr Leben noch etwas wert?«
    »Im Augenblick nichts, Ninotschka Pawlowna. Keine Kopeke …«
    »Was wäre es Ihnen wert, wenn Sie es erhalten könnten?«
    »Meinen ganzen Besitz gäbe ich dafür her. Aber Wölfe lassen nicht mit sich handeln.«
    »Aber ich, General!« Ninotschka lehnte sich an ihr Pferd. »Verhandeln wir. Ich rette Ihr Leben … was bieten Sie dafür?«
    Schejin atmete schwer. »Was Sie wollen.«
    »Gut.« Ninotschka hielt ihm die Hand hin. »Ihr Leben gegen das meines Mannes! Wenn ich Sie rette, General, begnadigen Sie Borja Stepanowitsch!«
    Ein nervöses Zucken flog über Schejins Gesicht. »Ich kann niemanden begnadigen. Das kann nur der Zar. Hätte ich die Macht dazu, wären alle Dekabristen wieder freie Männer.«
    »Dann flehen Sie den Zaren an, Borja zu begnadigen!« sagte Ninotschka ungerührt. »Geben Sie mir die Hand darauf, General. Ihr Leben gegen das von Borja. Schwören Sie mir, beim Zaren auf die Knie zu fallen, um meinen Mann zu retten!«
    »Ich schwöre es.« Schejin legte seine Hand in ihre kleinen kalten Finger. »Mein Gott, was für eine Frau sind Sie, Ninotschka Pawlowna!«
    Miron kam gelaufen. Er schwenkte zwei brennende Reisigbündel über dem Kopf. »Hochwohlgeboren«, stammelte er, »geben Sie mir Ihr Pferd …«
    »Halt den Mund!« Ninotschka schwang sich in den Sattel, zog die Mütze wieder über den Kopf und streckte die Arme aus. »Gib mir die Bündel … Los, rasch!«
    »Ich lasse Sie nicht allein!«
    »Die Bündel!« befahl Ninotschka. »Du mußt hierbleiben. Ein Mann, der schießen kann, ist wichtiger als einer, der hinter mir herreitet und jammert!«
    Miron reichte ihr das brennende Reisig. Noch bevor er etwas sagen konnte, hieb Ninotschka ihrem Pferd die Hacken in die Seite und galoppierte davon. Dabei schwang sie die Feuerbündel mit beiden Händen hin und her, daß es so aussah, als seien Pferd und Reiter von einem Flammenmantel umgeben.
    Die Wölfe wichen zurück und bildeten eine Gasse, durch die Ninotschka hindurchjagte. Sofort hinter ihr schloß sich die Mauer aus Tierleibern wieder.
    »Sie schafft es«, sagte Schejin mit bebender Stimme. »Gott im Himmel, sie schafft es tatsächlich! Wie ist das möglich?«
    »Das ist leicht zu erklären, Exzellenz!« Miron Fedorowitsch lud sein Gewehr. »Sie ist ein Engel, aber sie hat gleichzeitig den Teufel im Leib.«
    Ninotschka ritt, als trüge nicht ein Pferd sie vorwärts, sondern eine vom Sturm gepeitschte Wolke. Schon nach zwei Stunden erreichte sie Jenjuka und schrie bereits während sie über die Straße galoppierte: »Wölfe! Zu Hilfe, Wölfe!«
    Als sie vor Globonows Haus aus dem Sattel fiel und vor Erschöpfung einen Moment im Schnee liegenblieb, rannten schon die ersten Burjäten und Ewenken zu ihren kleinen struppigen Pferdchen, und im Sträflingslager wurde Alarm geblasen.
    Globonow ließ es sich trotz seines miserablen Gesundheitszustandes nicht nehmen, diese Expedition mitzumachen. Ächzend stieg er in den Sattel und rief Ninotschka, die wieder aufgestanden war, zu: »Sie bleiben hier!«
    Statt einer Antwort schwang sie sich wieder auf den Rücken ihres Pferdes, und Globonow begriff, daß es absolut sinnlos war, sie zurückhalten zu wollen.
    Vom Lager sprengte eine Abteilung Kosaken heran, und Ninotschka gab ihrem Pferd einen festen Schenkeldruck und preschte an Globonows Seite.
    »Wenn wir wieder hier sind, werde ich mir erlauben, Sie wie ein unartiges Kind übers Knie zu legen!« schimpfte der Oberst. »Wonach riechen Sie eigentlich, Ninotschka?«
    »Nach verbrannten Haaren! Das Reisigfeuer schlug über mir zusammen.« Ninotschka lächelte ein bißchen verzerrt und rückte ihre Mütze zurecht. »Sie werden staunen, Nikolai Borisowitsch, so viele Wölfe auf einmal haben Sie noch nie gesehen.«
    Globonow und sie hatten jetzt die Spitze des Trupps von fast hundert
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