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0205 - Gangster zahlen auch mit Blei

0205 - Gangster zahlen auch mit Blei

Titel: 0205 - Gangster zahlen auch mit Blei
Autoren: Gangster zahlen auch mit Blei
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Das Zuchthaus von Addington liegt weit außerhalb der kleinen Stadt. Seine hohen grauen Mauern ziehen sich fast eine Meile entlang der Landstraße, auf der nur selten ein Wagen zu sehen ist. Der riesige Mauerkomplex, die staubige Straße und die öde Landschaft wirken beklemmend, trostlos und entmutigend.
    Punkt zwölf Uhr mittags öffnete sich das schwere Eisentor in der Zuchthausmauer für einen Spalt, der gerade breit genug war, um den Mann passieren zu lassen. Dieser war mit einem schwarzen, fadenscheinigen Anzug bekleidet. In der rechten Hand trug der Mann ein verschnürtes Paket. Kaum war er auf die staubige Straße getreten, als sich das Tor lautlos wieder schloss.
    Der Mann blieb eine Minute lang stehen und ließ den Blick auf der Mauer ruhen. Dann, mit einer wilden Geste, schleuderte er das Paket auf die Straße, spuckte in den Staub und setzte sich in Bewegung, immer an der Mauer entlang in Richtung auf Addington.
    Phil und ich sahen ihn kommen.
    »Das ist er«, sagte Phil.
    Wir stiegen aus dem Jaguar und gingen quer über die Straße auf den Mann zu. Er hielt den Kopf gesenkt und bemerkte uns erst, als wir vor ihm standen. Er verhielt seinen Schritt, hob den Kopf und sah uns an.
    »Hallo, Jim«, sagte ich.
    Der Mann war noch etwas größer als ich. Hinter seinem breiten Rücken konnte sich ein mittlerer Kleinwagen verstecken, dennoch wirkte der Mann nicht wie ein Kleiderschrank, sondern eher wie ein starkes, sehniges Pferd. Die Hände an seinen zu langen Armen waren grob und knochig. Auf eine nicht erklärbare Weise erweckten diese Hände das Gefühl von Furcht, aber erschreckender als die Hände war das Gesicht des Mannes.
    Das Gesicht war nicht eigentlich verunstaltet, obwohl sich die Pockennarben darauf um die besten Plätze zu streiten schienen. Eine größere Schnittnarbe zog den linken Mundwinkel nach unten. Der Mann war hässlich. Die Backenknochen standen vor, die Stirn war breit, aber niedrig und von Falten zerrissen. Die Kiefer, deren Form sich unter der Haut abzeichneten, gaben dem Gesicht etwas Tierisches und Reißendes. Die Nase ragte scharf wie ein Raubtierschnabel über dem großen, aber dünnlippigen Mund. Die Augen des Mannes glühten aus tiefen Höhlen unter dem Gestrüpp wildzerfranster Augenbrauen hervor.
    Der Mann hieß Jim Brack. Er hatte sieben Jahre wegen Totschlags verbüßt, und war heute entlassen worden. Seine Genossen in der Freiheit und im Zuchthaus nannten ihn den »hässlichen Jim« oder kürzer: den »Hässlichen.«
    Brack musterte Phil und mich wortlos.
    »Wir können dir einen Wagen anbieten«, sagte ich. »Bis Addington sind es drei Meilen, und der nächste Bus fährt erst in drei Stunden.«
    »Ich laufe gern«, antwortete er. Seine Stimme klang wie eingerostet. »Von dem ewigen Rundlaufen auf dem Zuchthaushof habe ich den Drehwurm bekommen. Bin ganz scharf darauf, wieder mal ein Stück geradeaus zu gehen.«
    »Schade, wir hätten uns im Wagen bequemer unterhalten können.«
    »Macht’s hier ab, aber macht schnell. Ich habe mir in den sieben Jahren nicht gewünscht, nach der Entlassung gleich einem G-man in die Hände zu laufen.«
    Ich lächelte.
    »Besser, du siehst mir jetzt ins Gesicht, Jim, als später, wenn du vielleicht etwas auf dem Kerbholz hast. Auf den zweihundert Yards vom Zuchthaustor bis zu dieser Stelle hast du dir noch keinen Fleck auf die Weste zaubern können, abgesehen von dem Paket, das da hinten im Staub liegt.«
    Er verzog den Mund zu einem Grinsen. Dabei zeigte er ein starkes Raubtiergebiss mit gelben, fleckigen Zähnen.
    »Ich brauche keine milden Gaben. Erste Hilfe für Entlassene nennen sie den Kram. Ein Hemd ist drin, nur wenig gestopft, zwei Paar alte aber gut gewaschene Socken, vier Taschentücher, an den Rändern zerfranst, ein paar Sandwiches, aber nicht einmal einen Fingerhut voll Whisky. Ich pfeife auf diese Liebesgaben.«
    »Ist deine Brieftasche so mit Dollars vollgestopft, dass du milde Gaben nicht nötig hast?«
    Er stieß ein heiseres Lachen aus. »Genau zweihundertundvierundvierzig Dollar, G-man, für sieben Jahre Arbeit. Rechne dir den Stundenlohn selbst aus.«
    »John Lund hat deinen Entlassungstag anscheinend vergessen«, sagte Phil. »Nicht einmal einen Wagen hat er dir geschickt.«
    Brack senkte die Lider. »In einen Lund-Wagen würde ich nicht einsteigen.«
    Ich bot dem Exsträfling die Zigarettenschachtel an. Er lehnte mit einem Kopfschütteln ab. Ich bediente mich selbst.
    »Jim«, sagte ich und stieß den Rauch aus, »du
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