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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir
Autoren: Berte Bratt
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weil ich die Erlaubnis bekommen habe, dieses Wunder mitzuerleben.“
    Dann kam der Reisetag. Es war die höchste Zeit. In drei Tagen begannen Gunnars Vorlesungen; in drei Tagen mußte Nina in der Kunstgewerbeschule anfangen. Sie hatte nur eben Zeit, eine kleine Spritztour nach Lillevik zu machen, dann mußte sie nach Oslo.
    „Aber können wir eigentlich…“, hatte Frau Wigdahl gesagt und Onkel Johann so fragend angesehen.
    „… diese beiden Kinder allein durch halb Europa schicken, meinst du“, sagte der Onkel mit einem leisen, kollerigen Lachen. „Nein, wir tun das, was wir immer tun, wenn kleine Kinder allein reisen. Sie kriegen jeder einen Merkzettel um den Hals, und dann setzen wir sie in ein Flugzeug und bitten die Stewardessen, immer mal einen Blick auf sie zu werfen und aufzupassen, daß…“
    „… daß sie unterwegs nicht abspringen“, beendete Gunnar.
    Aber Ninas Herz machte einen Satz. Sie sollten fliegen, von München nach Oslo fliegen! Wo sie sich immer so glühend gewünscht hatte, einmal fliegen zu dürfen!
    „Ich bin auch noch nie geflogen“, gestand ihr Gunnar. „Und im übrigen war die Herfahrt auch die erste Reise erster Klasse für mich. Aber es hat den Anschein, als ob die Märchen für uns in diesem Sommer kein Ende nehmen sollten.“
    Dann saßen sie an einem sonnigen Morgen in der riesigen Maschine und sahen Münchens Türme und Bauwerke unter sich verschwinden. Und das Flugzeug trug sie höher und höher in den blauen Himmel hinauf, und brachte sie der Heimat immer näher.
    Unter ihnen lagen blinkende Seen; dort floß ein breiter, ruhiger Strom; Weinberge und Wälder tauchten auf. Nina drückte die Nase an de r Scheibe platt. Da war es, als ob der Wald dort unten eine neue Gedankenverbindung in ihrem Hirn herstellte. Sie drehte sich zu Gunnar um, und ihre Hand schmiegte sich in die seine.
    „Weißt du noch, unser Sonnenaufgangsausflug und die Elche im Moor, Gunnar?“
    Gunnar nickte. „Ja, und weißt du noch den Tag, als du am Aufwaschbecken standest und dachtest, du redetest mit Grete, und dann stand ich hinter dir?“
    „Ja, Gunnar. Und erinnerst du dich noch an unsere Fahrt nach Lynghei?“
    „Ich erinnere mich noch an alles, Nina, eins wie das andere, sogar an den Ball.“
    Ihre Hände lagen fest ineinandergepreßt, und ihre Augen fanden sich. Die Erde und das alltägliche Leben lagen weit unter ihnen. Sie schwebten hoch oben unter einem leuchtenden Himmelsdom.
    „Weißt du, Nina, es ist, als schwindelte es mir vor den Augen, wenn ich an all das denke, was in dieser Zeit geschehen ist. Wie doch alles, was schief und verkehrt und verrückt war, wieder ins rechte Gleis gekommen ist! Wie wir beide uns gefunden haben! Wie Onkel Johann die gute Fee aus dem Märchen gespielt hat… Und dann dies letzte, was so herrlich ist, daß ich es noch nicht ganz fasse.“
    „Gunnar, du weißt nicht, wie dankbar ich bin, weil es mir vergönnt war, dies alles mitzumachen. Dabei gehöre ich doch gar nicht zur Familie.“
    Gunnar lächelte. „Du gehörst nicht zur Familie – ja, das weiß ich nun doch nicht.“ Er machte eine Pause, und sein Blick wanderte zum blauen Himmel hinauf mit den weißen, kleinen Wolken.
    „Nina, wir sind noch so jung, so furchtbar jung! Wären wir ein wenig älter, dann hätte ich jetzt etwas gesagt… daß ich… daß wir… Aber du weißt, daß ich dich liebhabe, Nina, und wir wollen zusammenhalten, nicht wahr? Was noch weiterhin gesagt werden muß, das… das muß später kommen. Denn – nicht wahr? – wir sind noch so jung!“
    Nina legte ihre andere Hand auf die Gunnars.
    „Es kommt alles in die Reihe, Gunnar“, sagte sie leise. „Wir werden ja ununterbrochen älter.“
    Dann erschien auf ihrem Gesicht ein glückliches Lächeln.
    „Denk mal, Gunnar, wie viele Menschen es gibt, die uns beneiden! Ist es etwa nicht wunderbar, so jung zu sein, daß man sich darauf freut, älter zu werden?“
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