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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir
Autoren: Berte Bratt
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anhört.“
    Onkel Espetun zwinkerte Nina verschmitzt zu, trank einen Schluck Tee und fuhr fort: „Dann wollte Gunnar nicht mehr, und ich war ärgerlich und dachte: So ein verwünschter Bengel! Da wirft er eine glänzende Zukunft und ein großes Vermögen fort, um sich mit verstaubten Büchern abzugeben! Und da saßen wir nun, Tante Fanny und ich, und fühlten uns sonderbar verlassen und hilflos. Und da begann ich nachzudenken. Ich dachte, wenn ein junger Mann alles, was ich ihm zu bieten hatte, in dieser Weise verschmähte, dann mußte er außerordentlich gute Gründe dafür haben. Ich verglich das – nun ja, mit einem Mann, der ein schwerreiches Mädchen zur Frau bekommen kann und sie zurückweist zugunsten eines armen Mädchens, das er liebt.“
    „Der Vergleich ist gar nicht so dumm, Onkel Johann“, sagte Gunnar.
    Nina lächelte vor sich hin.
    „Ich dachte, kann denn da soviel dran sein, komische Sprachen zu studieren, für die man sowieso niemals Verwendung hat? Aber dann sagte ich zu mir selber: Johann’, sagte ich, ,das verstehst du nicht. Du hast es zu einem guten Geschäftsmann gebracht. Aber von der Wissenschaft und dergleichen verstehst du nichts.’ Fanny geht es gut, dachte ich. Sie hat ein großes Haus und viel Geld in Händen und ist alljährlich zur Kur im Ausland. Ob aber ihre Schwester mit ihr tauschen würde, fragte ich mich. Sie, die durch die Heirat zwarnicht zu Geld gekommen ist, aber – ja, wie soll ich es nennen? – die eine hohe Kultur und Intelligenz durch ihre Ehe kennengelernt hat. Ja, so allmählich begann mir zu dämmern, wie das zusammenhing. So fuhr ich denn auf meine Geschäftsreise und machte auch einen Abstecher nach Trondheim und glaubte, daß ich Gunnar dort fände und mich mit ihm aussprechen könnte. – Wenn mir nämlich irgend etwas in der Welt auf die Nerven geht, dann ist es etwas Unklares und Unerledigtes zwischen mir und einem anderen Menschen. Da erfuhr ich nun, daß der Schlaks hier wäre. Und als ich mit den Gummistiefelleuten fertig geredet hatte, die ich in Trondheim und Steinkjer und Levanger treffen wollte, da fuhr ich her. Und nun habe ich Gunnar gesagt, daß ich so langsam anfange, ihn zu verstehen, und daß wir versuchen wollen, wieder gut Freund zu sein.“ Und er legte mit einer väterlichen Geste seine Hand auf Gunnars Schulter.
    Nina lauschte und lauschte. Und keiner von den dreien sah etwas Komisches darin, daß ein älterer, lebenserfahrener Mann dasaß und vor einem siebzehnjährigen Mädchen und einem zwanzigjährigen Jungen gewissermaßen eine Beichte ablegte. „Und du, Gunnar?“ fragte Nina. „Was hast du gesagt?“
    „Zunächst nicht allzu viel“, sagte Gunnar. „Als ich anfangen wollte, etwas zu sagen, bist du mit dem Tee gekommen. Aber nun werde ich antworten. Denn während Onkel Johann dir dies erzählt hat, ist mir plötzlich alles sonnenklar geworden. Ich weiß mit einemmal, wie meine Zukunft aussehen soll. Und ihr seid es, Onkel Johann und du, Nina, die mir geholfen haben, zur Klarheit zu gelangen.“
    Der Onkel stellte die Teetasse aus der Hand. Der Blick, den er auf Gunnar richtete, verriet Spannung.
    „Onkel Johann“, sagte Gunnar, „du hast dich selbst zu der Stellung hindurchgerungen, die du jetzt innehast. Du schuldest keinem Menschen etwas, stimmt das?“
    „Ja, das kann man wohl sagen.“
    „Dann wirst du mich auch verstehen, wenn ich sage, daß ich gern versuchen möchte, mich ohne Hilfe durch meine Studienzeit hindurchzuschleusen. Ich sage versuchen! Sollte alles schiefgehen, dann werde ich dich trotzdem um eine kleine Studienanleihe bitten. Aber ich hoffe, ich schaffe es allein. Du hast mir schon phantastisch geholfen, da du so großzügig zu Katja gewesen bist. An ihre Ausbildung brauche ich nun nicht mehr zu denken. Ich kann mich auf meine eigene konzentrieren, und da möchte ich dich also fragen, Onkel Johann, meinst du, daß du in drei oder vier Jahren in der Fabrik einen Mann mit dem juristischen Staatsexamen brauchen kannst?“
    In Espetuns Augen glänzte es auf. „Und ob ich das kann, ob ich das kann! Ein Mann mit juristischem Staatsexamen ist für eine große Fabrik Gold wert, mein Junge!“
    „Siehst du! Das ist mir plötzlich klargeworden. Ich habe nämlich die Absicht, Jura zu studieren. Und weshalb sollte ich dann nicht meine Kenntnisse bei dir an den Mann bringen? Da ist nur eins, Onkel Johann. Du darfst mich nicht verwöhnen. Ich muß ein selbständiger Mensch bleiben. Und ich werde nie meine
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