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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir
Autoren: Berte Bratt
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du.“
    „Ja, das verstehe ich.“ Jetzt kamen Nina und Katja zurück, und dann wanderte das ungleiche vierblättrige Kleeblatt in den Speisewagen.
    Und Nina mußte den Atem anhalten, als der höfliche Kellner ihr eine umfangreiche Speisekarte vorlegte. Du liebe Zeit, wieviel gab es hier zu wählen! Und als sie in einem stotternden und grammatikalisch falschen Deutsch gesagt hatte, was sie wünschte und der Kellner sich verbeugte und sagte: „Ja, gern, gnädiges Fräulein!“, da blieb ihr der Atem ganz weg.
    Nina konnte nicht einschlafen. Sie lag in einem wunderbaren Bett in einem großen und schönen Hotelzimmer in München. Daß man so wohnen konnte! Nicht zu glauben! Zum Zimmer gehörte ein eigenes Bad, ein Bad mit allem nur denkbaren Komfort. Und Nina fühlte sich wie eine Millionärin.
    „Es ist viel bequemer für die kleine Katja, wenn ihr ein eigenes Bad habt“, hatte Onkel Johann gesagt, als Nina dastand und über all den Luxus Mund und Nase aufsperrte. Die kleine Katja! Nina hatte sie in diesen wenigen Tagen richtig liebgewonnen.
    Ach, wenn nur dieser Professor wirklich ein Wunder tun konnte!
    Nina dachte an ihre Eltern, dachte an die Heimkehr aus Sirili, wie man die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hatte, weil sie so glänzend aussah, sie war nicht wiederzuerkennen! Und dann dachte sie an den Abend, als sie alle drei bei Espetuns gewesen waren und Onkel Johann gebeten hatte, Nina mit nach München nehmen zu dürfen, und erklärt hatte, weshalb.
    Und ihre Gedanken wanderten einige Monate zurück, zu der Krankheit, zu der Autofahrt nach Lynghei und schließlich zum Ball.
    Es war seit der Zeit so viel geschehen, daß sie es beinahe nicht fassen konnte. Wenn ihr damals jemand erzählt hätte, daß sie in fünf Monaten in einem Hotelbett in München liegen würde mit Gunnars kleiner blinder Schwester neben sich, daß Gunnar und Onkel Espetun das Zimmer nebenan hätten, daß Gunnar, der kalte, schweigsame, unzugängliche Gunnar eine solche Wärme und Freude ausstrahlen und eine solche Liebe geben könnte, eine Liebe für sie, die kleine, alltägliche, uninteressante Nina Löge aus Lillevik!
    Katja bewegte sich. Nina horchte auf ihr Atmen. Es war nicht regelmäßig wie bei einem schlafenden Menschen.
    „Kannst du nicht schlafen, Katja?“ flüsterte Nina. Da kam eine kleine Hand aus dem Nachbarbett und tastete nach Ninas Hand.
    „Nein. Du, Nina! Ihr glaubt anscheinend, ich sei fürchterlich dumm.“
    „Wie in aller Welt kommst du darauf, Katja?“
    „Denkst du wirklich, ich wüßte nicht ganz genau, warum wir hier in München sind?“
    „Wieso denn, mein liebes Kind? Du weißt doch, daß Onkel Johann geschäftlich hier zu tun hat.“
    Jetzt war ein ganz kleines Lachen aus dem anderen Bett zu hören.
    „Ich bin allerdings erst zwölf, Nina. Aber ich bin doch nicht ganz auf den Kopf gefallen. Warum könnt ihr denn nicht sagen, wie es zusammenhängt? Wir sind hier, weil der Professor versuchen will, mich zu operieren. Und ihr wollt es mir nicht sagen, weil ihr Angst habt, ich könnte hinterher enttäuscht sein.“
    Ninas Herz klopfte. Was sollte sie nur sagen?
    „Wenn – warum meinst du das, Katja?“
    „Das habe ich Gunnars Stimme angehört, als er sagte, die wollten was an meinen Narben in Ordnung bringen. Du ahnst gar nicht, wie genau man hören lernt, wenn man nicht sehen kann. Aber, Nina – ihr braucht mir nichts vorzuschwindeln. Mir nicht! Nur sage mir, weiß Mama etwas davon?“
    „Nein, Katja, nichts!“ Ein Seufzer der Erleichterung entschlüpfte dem Kind.
    „Es wäre furchtbar, wenn es für Mama wieder eine Enttäuschung gäbe!“
    „Möchtest du nicht zu schlafen versuchen, Katja?“
    „Das sagst du so! Könntest du schlafen, wenn du operiert werden solltest und wenn du wüßtest, daß du vielleicht…“ Nina hätte vor Verzweiflung heulen können. Aber sie bezwang sich und sprach ganz ruhig.
    „Katja, jetzt hör mal her! Es ist hart, es sagen zu müssen. Aber ich bin dazu gezwungen. Es ist ganz richtig, wenn du sagst, wir sind deinetwegen hierhergefahren. Aber dann mußt du auch erfahren, daß die Aussichten furchtbar gering sind. Wir hoffen, du wirst soviel sehen, daß du allein gehen kannst, daß du auf alle Fälle mehr Lichtempfindlichkeit bekommst. Aber, liebe, süße, kleine Katja, du darfst nicht glauben, daß du… daß du so wie…“
    „… so wie andere wirst“, sagte Katja. Dann seufzte sie wieder. „Nein, nein, es muß wohl so sein. Aber es ist trotzdem
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