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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin
Autoren: Agatha Christie
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dann ist da die Tatsache, dass in der Nervenheilanstalt von Haverton eine Frau lebt, Gladys Mary Mugg, die Frau von Charles Mugg.«
    Egg Lytton Gore hatte wie erstarrt dagesessen. Aber jetzt fuhr sie hoch. Ein kleiner Schrei, ein Stöhnen fast, kam aus ihrem Munde.
    Sir Charles wandte sich ihr mit vornehmer Ruhe zu.
    »Egg, du glaubst doch nicht ein Wort von diesem ung e reimten Märchen, nicht wahr?«
    Beide Hände streckte er ihr entgegen, und wie hypnot i siert schritt sie auf ihn zu. Ihre Augen, flehend, gequält, hingen an dem Gesicht des geliebten Mannes. Und dann, kurz bevor sie ihn erreichte, schwankte sie; ihr Blick glitt von ihm ab, schweifte verstört hierhin und dorthin, als suche sie Unterstützung.
    Nun fiel sie mit einem Schrei vor Poirot auf die Knie.
    »Ist es wahr? Ist es wahr?«
    Fest und gütig legte er beide Hände auf ihre Schultern.
    »Es ist wahr, Mademoiselle.«
    Kein Laut war hörbar außer Eggs Schluchzen. Sir Charles schien plötzlich gealtert zu sein. Sein Gesicht war das eines Greises, ein grinsendes Satyrgesicht.
    »Gott strafe Sie!«, sagte er.
    Und niemals in seiner ganzen Bühnenlaufbahn hatte er mit einer so beschwörenden Feindseligkeit gesprochen.
    Dann machte er kehrt und verließ das Zimmer.
    Mr Satterthwaite sprang von seinem Sessel empor, aber Poirot schüttelte den Kopf, und seine Hand streichelte sanft das fassungslos schluchzende Mädchen.
    »Er wird entkommen«, sagte Mr Satterthwaite.
    Abermals schüttelte Poirot den Kopf.
    »Nein. Er wird nur sein Abtreten wählen. Das langsame vor den Augen der Welt oder das schnelle, fort von der Bühne.«
    Geräuschlos öffnete sich die Tür, und jemand trat he r ein. Oliver Manders. Blass und unglücklich sah er aus.
    Hercule Poirot beugte sich zu Egg hinunter.
    »Sehen Sie, Mademoiselle«, sagte er weich, »da ist ein Freund gekommen, der Sie heimbringen will.«
    Egg erhob sich. Sie blickte den jungen Manders uns i cher an.
    »Oliver…« Ein paar taumelnde Schritte. »Oliver, bri n gen Sie mich zu Mutter. Oh, bringen Sie mich zu Mutter.«
    Er legte einen Arm um ihre Schultern. »Ja, mein Li e bes.«
    Eggs Beine zitterten, sodass auch Mr Satterthwaite hi n zusprang und sie von der anderen Seite stützte. An der Tür jedoch befreite sie sich von beiden und warf den Kopf in den Nacken.
    »Danke. Es geht mir wieder besser.«
    Poirot winkte den jungen Manders ins Zimmer zurück. »Seien Sie gut zu ihr«, sagte er.
    »Bei Gott, das will ich, Sir. Was habe ich auf der Welt als sie? Die Liebe zu ihr machte mich bitter und zynisch – Sie wissen das, Sir. Doch das ist nun vorbei. Ich werde ihr beistehen, so gut ich kann. Und eines Tages vielleicht…«
    »Ja, ja. Ich glaube sogar, dass sie anfing, Sie gern zu h a ben, als er dazwischentrat und sie betörte. Heldenanb e tung ist eine wirkliche und ernst zu nehmende Gefahr für die Jugend. Eines Tages wird Egg einen Freund lieben und ihr Glück auf einen Felsen aufbauen.« Und mit freundlichen Blicken sah er dem jungen Mann nach, als dieser das Zimmer verließ.
    Gleich darauf kehrte Mr Satterthwaite zurück.
    »Monsieur Poirot, Sie waren wundervoll – ganz, ganz wundervoll!«
    »Pah, une bagatelle! Eine Tragödie in drei Akten, und nun ist der Vorhang gefallen.«
    »Sie werden verzeihen…«
    »Ha?«, unterbrach der kleine Belgier. »Gibt es noch e i nen Punkt, den Sie geklärt haben möchten? Dann fragen Sie.«
    »Warum sprechen Sie zuweilen ein vollendetes Englisch und zuweilen nicht?«
    Poirot lachte.
    »Oh, Sie Neugieriger! Gewiss, ich beherrsche das Engl i sche fließend. Aber es gebrochen zu sprechen ist ein e normes Hilfsmittel. Es führt die Leute dazu, mich gering einzuschätzen. ›Ein Ausländer, der noch nicht mal richtig Englisch spricht!), denken sie. Außerdem prahle ich ein bisschen. Oft hört man Ihre Landsleute sagen: Ein Bu r sche, der eine solche Meinung von sich hat, kann nicht viel wert sein. Das ist der englische Standpunkt, der ke i neswegs richtig ist. Und so lulle ich die Menschen ein und mache sie sorglos. Überdies ist es allmählich eine Ang e wohnheit geworden.«
    »Gerechter Himmel – also die List und Falschheit einer Schlange!« Satterthwaite schwieg ein Weilchen, und seine Gedanken kehrten zu dem Mordfall zurück. »Ich glaube, dass ich ziemlich versagt habe«, bemerkte er kleinlaut.
    »Im Gegenteil«, widersprach der Detektiv. »Sie werteten jenen wichtigen Punkt – Sir Bartholomews Bemerkung zu dem Butler – sofort richtig; Sie bemerkten die scharfe
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